Finanzamt-Software X-PIDER taugt nichts
Die Schnüffelsoftware X-PIDER, mit der vor allem bei eBay Steuersünder aufgespürt werden sollen, taugt nach Ansicht des Bundesrechnungshofs nichts.
X-PIDER soll in Deutschland steuerpflichtige Personen identifizieren, die gewerbsmäßig elektronischen Handel betreiben, ohne die daraus erzielten Einnahmen dem Finanzamt anzugeben. Die Daten werden automatisiert an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde
übermittelt.
In den "Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2006 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes" wird bemängelt, dass X-PIDER zu viele falsche Daten liefert und dass bei den zuständigen Ländern die Schnittstellen zu Auswertung der gewonnenen Daten fehlen. Daher habe X-PIDER zwar große Kosten verursacht, aber nichts gebracht. Wörtlich heißt es in dem Bericht:
"Trotz mehrjähriger Datenrecherche ist bislang nicht gelungen, Steuerhinterziehung im Internet wirksam zu entlarven."
Hier der Originaltext des Berichts:
53 Steuerliche Kontrolle des Internets
ohne durchschlagenden Erfolg
(Kapitel 6001 Titel 015 01)
53.0
Das Bundeszentralamt für Steuern durchsucht seit dem
1. Oktober 2003 das Internet nach steuerlich nicht erfassten
unternehmerischen Aktivitäten. Die Ergebnisse der
Datenrecherche sind bislang hinter den Erwartungen zurück
geblieben. Sie haben nicht wesentlich dazu beigetragen,
wirksam Personen zu identifizieren, die den Finanzbehörden
Umsätze und Gewinne aus im Internet
angebotenen Waren und Dienstleistungen verschwiegen
haben.
53.1
Das Internet wird mangels effektiver steuerlicher Kontrolle
zur Steuerhinterziehung genutzt. Vereinzelte von
den Steuerfahndungsstellen aufgegriffene Fälle haben
dies bestätigt. Um die Steuerhinterziehung im Internet
wirksamer als bisher zu bekämpfen, erhielt das Bundeszentralamt
für Steuern (Bundeszentralamt) durch das
Steuerverkürzungsbekämpfungsgesetz vom 19. Dezember
2001 neue Kompetenzen. Es soll elektronisch angebotene
Dienstleistungen beobachten und die Landesfinanzverwaltungen
bei der Besteuerung des elektronischen Handels
unterstützen. Hierzu wurde eine zentrale Internetstelle
beim Bundeszentralamt eingerichtet. Sie setzt
seit Oktober 2003 eine Suchsoftware namens X-PIDER
ein, mit der das Internet nach steuerlich verdächtigen Personen
durchsucht wird. X-PIDER soll in Deutschland
steuerpflichtige Personen identifizieren, die gewerbsmäßig
elektronischen Handel betreiben, ohne die daraus erzielten
Einnahmen dem Finanzamt anzugeben. Die Daten
werden automatisiert an die jeweils zuständige Landesfinanzbehörde
übermittelt.
53.2
Seit Beginn der Datenrecherche im Oktober 2003 erhielten
die Länder Tausende von Datensätzen. Zu Jahresbeginn
2006 hatten die Länder die überwiegende Zahl der
Daten ausgewertet. Der Erfolg war gering. Nur in wenigen
Einzelfällen ergaben sich Hinweise auf nicht versteuerte
unternehmerische Aktivitäten.
Die Gründe für den geringen Erfolg waren:
Mangelnde Qualität der X-PIDER-Daten
Die Qualität der X-PIDER-Daten entsprach nicht den
Vorstellungen der Länder. Aus den Daten konnten nur
wenige Erfolg versprechende Fälle herausgefiltert
werden. Nicht selten kam es vor, dass Datensätze doppelt
vorhanden waren, nicht zweifelsfrei zugeordnet
werden konnten, andere Zuständigkeiten betrafen oder
einfach nur unbrauchbar waren. Die X-PIDER-Software
war nur bedingt geeignet, den Namen des anbietenden
Unternehmers herauszufiltern.
Unzureichende Maßnahmen der Länder
Nur ein Land hat von Anfang an die notwendigen organisatorischen
und personellen Voraussetzungen geschaffen,
die zur Auswertung der X-PIDER-Daten erforderlich
waren. Dieser Umstand führte dazu, dass
dieses Land weitaus mehr X-PIDER-Datensätze als
die übrigen Länder erhielt und auswertete. Einige Länder
haben bis heute nicht die erforderlichen Voraussetzungen
zur Verarbeitung der X-PIDER-Daten geschaffen.
Da es an einer breiten Unterstützung des Projekts
durch die Länder mangelte, erhielt das Bundeszentralamt
nur vereinzelt Rückmeldungen aus den übermittelten
Daten.
Geringes Engagement des Bundesministeriums der Finanzen
(Bundesministerium)
Um den Datentransfer zwischen dem Bundeszentralamt
und den Steuerverwaltungen der Länder abzustimmen,
wurde im November 2003 eine Bund-Länder-
Arbeitsgruppe "Steuerlicher Internetabgleich" eingerichtet.
Seitdem tagte diese Arbeitsgruppe mehrmals.
Ein Vertreter des Bundesministeriums nahm an den
Arbeitsgruppensitzungen nicht teil. Eine Erörterung
der Probleme mit den Ländern fand erstmalig im November
2005 statt.
53.3
Bund und Länder hatten sich durch die zentrale Internetrecherche
beim Bundeszentralamt erhebliche Fortschritte
bei der Identifizierung von Personen erhofft, die den Finanzbehörden
Umsätze und Gewinne aus im Internet angebotenen
Waren und Dienstleistungen verschwiegen haben.
Mittels X-PIDER sollten steuerlich unbekannte
unternehmerische Aktivitäten im Internet wirksamer als
bisher aufgedeckt werden. Trotz mehrjähriger Datenrecherche
ist bislang nicht gelungen, Steuerhinterziehung
im Internet wirksam zu entlarven. Der Erfolg des Projekts
bleibt damit deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die
Präventivwirkung des Projekts ist in Gefahr. Angesichts
der Bedeutung des Projekts hätte das Bundesministerium
die bekannten Probleme frühzeitig aufgreifen und zum
Gegenstand von Besprechungen mit den Ländern machen
müssen. Da dies erst zu spät geschah, konnte das Bundesministerium
nicht frühzeitig darauf hinwirken, dass alle
Länder den für die Auswertung der Daten zwingend notwendigen
personellen Einsatz sicherstellen.
Der Bundesrechnungshof hat das Bundesministerium aufgefordert,
darauf hinzuwirken, dass die notwendigen organisatorischen
und personellen Maßnahmen zur Übernahme
und Weiterverarbeitung der X-PIDER-Daten in
den Ländern umgesetzt werden. Er hat darüber hinaus die
Verbesserung der Datenqualität angemahnt. Der Bundesrechnungshof
hat gefordert, dass sich das Bundesministerium
stärker als bisher in das Projekt einbringt und auf
eine regelmäßige Erfolgskontrolle durch die Referatsleiter
der obersten Finanzbehörden des Bundes und der
Länder hinwirkt.
53.4
Das Bundesministerium hat erwidert, es stimme den Feststellungen
des Bundesrechnungshofes grundsätzlich zu.
Die Angelegenheit sei mit den Ländern mit dem Ziel erörtert
worden, dass diese die organisatorischen und personellen
Voraussetzungen zur Datenverarbeitung schaffen.
Hinsichtlich der mangelnden Qualität der X-PIDER-Daten
hat es darauf hingewiesen, dass nach den bisherigen
Erfahrungen die Mehrzahl der Suchergebnisse auf elektronische
Geschäftsaktivitäten steuerlich bereits registrierter
Unternehmen entfalle und damit Kontrollmaterial
darstelle. Zudem seien die künftigen Rückmeldungen
über die Ermittlungsergebnisse der Länder an das Bundeszentralamt
eine wesentliche Qualitätsverbesserung.
Die Kritik des Bundesrechnungshofes, das Bundesministerium
habe sich nicht ausreichend in das Projekt eingebracht,
werde nicht geteilt. Als absehbar gewesen sei,
dass innerhalb der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Steuerlicher
Internetabgleich" eine Übereinkunft über eine gemeinsame
Vorgehensweise nicht zu erzielen war, habe
das Bundesministerium die Angelegenheit alsbald auf die
nächste Sitzung der zuständigen Referatsleiter gebracht.
Die bisherige Verfahrensweise sei daher weder inhaltlich
noch zeitlich zu beanstanden.
53.5
Der Bundesrechnungshof sieht es als richtigen Schritt an,
dass die Angelegenheit auf Ebene der Referatsleiter mit
den Ländern besprochen wurde. Das Bundesministerium
sollte stärker auf die Länder einwirken, um eine effektive
Datenbearbeitung zu gewährleisten. Dazu sind die notwendigen
organisatorischen und personellen Voraussetzungen
in allen Ländern zu schaffen. Die Verbesserung
der Qualität der Daten ist dabei ein wesentlicher Schlüssel
zum Erfolg des Projekts.
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