Abmahnfalle: Keine Hinsendekosten in Widerrufsbelehrung
Als letztes Jahr das Kammergericht Berlin entschied, bei eBay gelte eine Widerrufsfrist von einem Monat statt der sonst üblichen zwei Wochen, gab es in den Monaten darauf tausende Abmahnungen für eBay-Verkäufer. Nach dem Urteil des OLG Karlsruhe zu den Hinsendekosten befürchte ich nun eine ähnliche Abmahnwelle.
Für gewerbliche Verkäufer ist das Urteil des OLG Karlsruhe zu den Hinsendekosten ein erneuter Schlag, der für viele Versandhändler existenzbedrohend ist: Gerade bei kleinpreisigen Artikeln sind die Versandkosten fester Bestandteil der Umsatzkalkulation und sie dienen meistens dazu, mehr als die reinen Portokosten zu erwirtschaften. Müssen diese Kosten nun bei einem Widerruf erstattet werden, kann das bei bestimmten Artikelgruppen zum Ruin des Verkäufers führen.
Zum Glück für die Versandhändler kennen die meisten Käufer aber ihre Rechte gar nicht. Daher habe ich in der Vergangenheit gewerblichen Verkäufern immer dazu geraten, die Hinsendekosten bei einem Widerruf nur dann zu erstatten, wenn der Käufer darauf besteht und erkennen lässt, dass er es auf einen Prozess ankommen lassen könnte.
Das Karlsruher Urteil zwingt aber möglicherweise nun dazu, eine Kunden-Info zu den Hinsendekosten in die Widerrufsbelehrung aufzunehmen.
Klar ist: In der Widerrufsbelehrung müssen die Käufer über die Folgen eines Widerrufs informiert werden. Die meisten Verkäufer belehren dort darüber, wer die Rücksendekosten trägt - und dann muss natürlich auch etwas zu den Hinsendekosten geschrieben werden.
Klar ist auch, dass Verkäufer, die Ihre Kunden über die Erstattung der Hinsendekosten informieren, damit gegenüber den anderen Verkäufern einen starken Wettbewerbsnachteil haben. In meinen Augen ist der Wettbewerbsnachteil in diesen Fällen sogar ungleich größer, als beim Unterschied zwischen einem Monat und zwei Wochen Widerrufsfrist: Der hat nämlich nach den Erfahrungen großer Versandhändler kaum praktische Auswirkungen gehabt. Die Widerrufsquote steigt bei längerer Frist kaum an: Wer widerrufen will, schafft das auch in zwei Wochen und braucht dafür keinen Monat.
Bei den Hinsendkosten dagegen besteht die große Gefahr, dass die sich tatsächlich wie oben beschrieben zu einem stark wettbewerbsverzerrenden Faktor entwickeln. Und solche Wettbewerbsnachteile werden üblicherweise durch Abmahnungen ausgeglichen.
Daher hat Rechtsanwalt Max Keller von it-recht-kanzlei.de bereits letzten Monat unsere Muster-Widerrufsbelehrung für eBay-Händler an das aktuelle OLG-Urteil angepasst und dort einen Hinweis auf die Hinsendekosten eingefügt.
Ich gehe davon aus, dass es nicht lange dauern wird, bis die große Abmahnwelle anrollt: Dann werden alle Widerrufsbelehrungen ohne Hinweis auf die Hinsendekosten abgemahnt.
Wie Rechtsanwalt Max Keller von it-recht-kanzlei.de auch rate ich daher, die Widerrufsbelehrungen entsprechend zu überarbeiten. Naturgemäß gibt es bisher zwar noch keine Rechtsprechung zur Frage, ob die fehlende Belehrung zu den Hinsendekosten abgemahnt werden kann. Trotzdem rät beispielsweise auch Rechtsanwalt Rolf Becker aus Köln vorsichtigen Mandanten zu einem Hinweis auf die Hinsendekosten.
Rechtsanwalt Johannes Richard schreibt bei www.internetrecht-rostock.de dazu:
Inwieweit diese Rechtsprechung zur Folge hat, dass die Widerrufs- oder Rückgabebelehrung abgeändert werden muss, ist zur Zeit noch unklar. § 1 Nr. 10 BGB-InfoV schreibt eigentlich vor, dass über die Rechtsfolgen des Widerrufes zu informieren ist. Ob auch über die Tatsache, dass die Hinsendekosten zu erstatten sind im Rahmen der Widerrufsbelehrung informiert werden muss, kann zum jetzigen Zeitpunkt als ungeklärt angesehen werden. Wir befürchten schon die nächste Abmahnwelle.
Fazit: Wenn Sie eine von Ihrem Anwalt gestaltete Widerrufsbelehrung haben, lassen Sie die von Ihrem Anwalt an die aktuelle Rechtsprechung anpassen. Andernfalls sollten Sie auf unsere Muster-Widerrufsbelehrung für eBay-Händler zurückgreifen: Die kostet 19,90 Euro und wird ggf. bis zum Jahresende kostenlos an die aktuelle Rechtsprechung angepasst.
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