Kritik an künftig nur positiven Käuferbewertungen

Zu meinem Artikel "Wichtige Änderungen bei eBay" habe ich erwartungsgemäß viele Leserbriefe von Verkäufern bekommen, die es gar nicht toll finden, künftig Käufer nicht mehr neutral oder negativ bewerten zu können.

Die Reaktionen auf die geplante Änderung sind teilweise sehr heftig und manche Verkäufer beschimpfen mich wegen meiner positiven Einstellung als ahnungslosen Spinner. Das Ganze erinnert mich sehr an die Einführung der detaillierten Verkäuferbewertungen (DSR) im letzten Jahr: Auch die hatte ich als Verbesserung gelobt und wurde dafür heftig kritisiert. Schon damals hatte ich übrigens geschrieben, dass ich die Bewertung von Käufern für überflüssig halte.

Offenbar verstehen viele Verkäufer den Sinn des Bewertungssystems nicht. Das Bewertungssystem dient in allererster Linie dem Zweck, dass ein potentieller Käufer damit die Zuverlässigkeit eines Verkäufers einschätzen kann: Immerhin ist ja bei eBay Vorkasse üblich und der Käufer muss also dem Verkäufer einen Vertrauensvorschuss geben können.

Umgekehrt kann ein Verkäufer sich seine Käufer nicht aussuchen: Mit dem Gebot des Käufers kommt ein Vertrag zustande, aus dem der Verkäufer sich nicht einfach lösen kann, nur weil ihm der Käufer nicht gefällt. Das Bewertungsprofil des Käufers spielt also (fast) keine Rolle.

Der Käufer hat nur eine Pflicht: Er soll zahlen. Hat er gezahlt, verdient er eine positive Bewertung. Zahlt er nicht, dann meldet man das eBay, bekommt seine Verkaufsprovision erstattet und der Käufer wird von eBay rausgeworfen - spätestens dann, wenn das mehrmals passiert.

Nur für den Verkäufer spielen Bewertungen überhaupt eine Rolle: Als Verkäufer muss man das Vertrauen potentieller Käufer mit möglichst vielen positiven Bewertungen gewinnen.

Ein mit eBay vertrauter Käufer wird über negative Bewertungen nur lachen: Dann eröffnet er eben einfach einen neuen Account. Ein Verkäufer kann das nicht, er würde ja dann wieder bei 0 anfangen.

In diesem Punkt liegt die grundlegende Schwäche des eBay-Bewertungssystems: Man kann sich bei eBay so oft unter eigenem oder fremden Namen anmelden, wie man will. Fliegt ein Nichtzahler (oft falsch Spaßbieter genannt) raus, dann macht er einfach mit einem anderen Account weiter. Damit hebelt man übrigens problemlos auch die von Verkäufern geführten Listen gesperrter Bieter aus: Die sind nämlich leider nicht personenbezogen, sondern richten sich nur auf einzelne Accounts. Diese grundlegende Schwäche stört zu Recht viele Verkäufer, aber die besteht nunmal schon heute und daran ändert auch das neue System nichts.

Ich rate schon lange Verkäufern dazu, einen Käufer nur in einem bestimmten Fall negativ zu bewerten: Wenn man als Verkäufer von dem bereits eine negative Bewertung bekommen hat. Mit dieser Rachebewertung hat man dann als Verkäufer ein Druckmittel, um den Käufer zur Rücknahme seiner Bewertung zu bewegen. Und genau diese Rachebewertungen sind zwar im Verkäuferinteresse, schwächen aber die Aussagekraft des eBay-Bewertungssystems und sind daher von eBay unerwünscht.

Ich rate Verkäufern, nie zuerst negativ zu bewerten: Die fast unvermeidliche Rachebewertung des Käufers trifft den Verkäufer nämlich dann hart - wogegen der Käufer einfach einen neuen Account aufmacht.

Manche Verkäufer schrieben mir, sie wollten mit negativen Bewertungen eines Käufers andere Verkäufer vor dem warnen. Das halte ich für ein vorgeschobenes Argument: Welcher Verkäufer hat schon ein Interesse daran, seinen Mitbewerber zu helfen? Außerdem hilft diese angebliche Warnung aus den oben geschilderten Gründen ohnehin nicht.

So wie manche Käufer gerne bei eBay einkaufen, weil sie damit positive Bewertungen einheimsen können, so geht es auch manchen Verkäufern: Die laufen in eine Psychofalle und möchten einem unbequemen Kunden irgendwie einen "reinwürgen" - unvernünftigerweise mit einer negativen Bewertung. Ein rationaler Verkäufer braucht solche Spielchen nicht, der schaut auf seine Umsätze und verschwendet keine Energie für Rache.

Tatsache ist und bleibt: Wer Probleme mit Nichtzahlern hat, löst die am besten mit der Meldung eines unbezahlten Artikels an eBay. Alles andere ist Verschwendung von Zeit und Energie und eher schädlich.

Ich bleibe dabei: Diese eBay-Änderung ist sinnvoll.

Mich wundert nur ein bischen, dass kein einziger Verkäufer sich über die amerikanischen Preiserhöhungen von bis zu 48 Prozent aufregt - es ist ja wohl sehr wahrscheinlich, dass auch die Preise in Deutschland mal wieder steigen werden.


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aXel Gronen
Köln, 01.02.2008
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Axel Gronen August 2006

Mr. Research Marktanalyse Konkurrenzanalyse für eBay

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© 2008 bei Axel Gronen. Letzte Aktualisierung: 01.02.2008.
Etwaige Rechtschreib- und Grammatikfehler in diesem Text sind gewollt und wurden hier mit Absicht versteckt. Wer sie findet, darf sie behalten oder auf eBay versteigern. Best viewed with open eyes and a human brain ver. 1.0 or above.

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