Rechtssicheres Verkaufen über Amazon?
Die schlechte Nachricht zuerst: Es ist faktisch ausgeschlossen, über Amazon rechtssicher zu verkaufen. Die gute Nachricht: Das ist zumindest bisher kein Problem.
Amazon ist heute da, wo eBay vor einigen Jahren mal war: Der Marktplatz stellt sich als weitgehend rechtsfreier Raum dar, auf dem auch Existenzgründer eine Chance haben und wo Abmahnungen noch so selten sind, dass sie den Handel nicht hemmen. Für viele Verkäufer ist der Verkauf über Amazon ein wichtiges Standbein geworden, einige verkaufen dort sogar ausschließlich oder zumindest mehr, als bei eBay.
Nach wie vor gehört einiges KnowHow dazu, einen eigenen Onlineshop zu betreiben und zu bewerben, diese gerade für Anfänger große Hürde besteht bei Marktplätzen wie eBay und Amazon nicht.
Für Verkäufer gibt es aber einen wesentlichen Unterschied zwischen Amazon und eBay: Im Gegensatz zu eBay ist Amazon ja auch direkter Konkurrent. Amazon kennt die Bestseller der Verkäufer und nimmt die natürlich ziemlich bald ins eigene Portfolio auf - und zwar oft so, dass der vorherige Verkäufer nun keine Erfolge mehr damit hat.
Amazon bietet aber auch Vorteile: Der Verkauf funktioniert dort deutlich einfacher und reibungsloser, als bei eBay. Viele Verkäufer empfinden die dauernden Regeländerungen, Handelsbeschränkungen und Abmahnungen bei eBay als zunehmend unzumutbar. Ich schätze, dass in diesem Jahr rund ein Drittel aller gewerblichen Händler eBay verlassen (müssen) oder dort zumindest deutlich geringere Umsätze machen. Viele dieser Verkäufer finden bei Amazon eine neue oder wenigstens zusätzliche Heimat. Grundsätzlich sieht eBay die großen Erfolge von Amazon und versucht, einige der Erfolgsfaktoren für sich zu kopieren - beispielsweise durch ein Senken der Angebotsgebühren bei einer gleichzeitigen Erhöhung der Verkaufsprovisionen. Ich denke, das wird nicht reichen: Amazon wird weiter wachsen, eBay bestenfalls stagnieren.
In der rechtlichen Ausgestaltung ist Amazon aber Jahre hinter anderen Plattformen zurück und der reinste "Wilde Westen". Leider interessieren sich die Betreiber nicht im Geringsten dafür, ob ihre Händler abgemahnt werden können - so wie früher eBay. Ich will nicht im Einzelnen auf alle Mängel eingehen, um Abmahnabzockern nicht unnötig Munition zu liefern. Tatsache ist jedenfalls, dass kein Amazon-Händler seine Angebote wirklich abmahnsicher gestalten kann.
Die IT-Recht-Kanzlei hat einen Artikel geschrieben, mit dessen Hilfe Sie zumindest einigen wichtigen Abmahnfallen entgehen - aber im Grunde müsste man aus rechtlicher Sicht von Angeboten bei Amazon vorsichtshalber Abstand nehmen.
Weitere rechtliche Probleme bei Amazon:
- Wenn Sie selbst Artikelbeschreibungen verfassen, müssen Sie Amazon dafür die Rechte abtreten: Ihre Artikelbeschreibungen werden dann unter Umständen auch für die Artikel Ihrer Mitbewerber verwendet.
- Es kann Ihnen passieren, dass unzureichende Artikelbeschreibungen Ihrer Mitbewerber für Ihre Angebote verwendet werden - und Sie dann für falsche Angaben darin haften.
- Natürlich haften Sie auch für in den Artikelbeschreibungen (ihrer Mitbewerber oder von Amazon selbst) fehlende Angaben: Sehr häufig verstößt man so gegen Kennzeichnungspflichten aus den Bereichen Textilien oder Elektroartikel.
- Es ist umstritten, wie lange die Widerrufsfrist bei Amazon ist. Zwar hält das Landgericht Berlin (AZ: 16 O 149/07 vom 24.05.2007) zwei Wochen für ausreichend, aber diese Entscheidung ist sehr umstritten.
Pflichtlektüre für Amazon-Händler: Wie verkauft man rechtssicher bei Amazon.de?
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