Nutzlos und gefährlich: Anti-Abmahnungsklauseln
In letzter Zeit wurde ich vermehrt von Lesern auf Anti-Abmahnungsklauseln hingewiesen, mit denen man sich angeblich vor Abmahnungen oder zumindest den damit verbundenen Anwaltskosten schützen könne.
Sucht man nach dem Satz "Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt", dann findet man derzeit 6.827 Angebote mit einer Anti-Abmahnungsklausel. Ich halte solche Klauseln nicht nur für nutzlos, sondern sogar für gefährlich: Der Nutzer signalisiert ja damit, dass er sich unsicher fühlt und Angriffsflächen für Abmahnungen bietet.
Ich rate dringend von der Verwendung von Anti-Abmahnungsklauseln ab. Die Kölner Rechtsanwältin Heidi Kneller hat sich eine solche Klausel, wie sie in diesem Angebot verwendet wird, angesehen und schreibt dazu:
Ein Auschluss einer kostenpflichtigen Abmahnung eines Mitbewerbers durch eine Klausel wie z.B. "Keine Abmahnung ohne vorherigen Kontakt" ist nicht möglich. Das Gesetz sieht vor, dass der Verletzer gesetzlicher Bestimmungen abgemahnt werden kann. Zur Abfassung einer solchen Abmahnung und deren Durchsetzung kann sich der verletzte Mitbewerber auch eines Anwalts bedienen, da nur dieser aufgrund der komplexen Materie eine korrekte rechtliche Bewertung des beanstandeten Verhaltens vornehmen kann. Die Kosten für einen Anwalt sind bei einer berechtigten Abmahnung erforderlich und vom Verletzer gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu tragen. Der Verletzer kann einen Mitbewerber nicht wirksam einseitig verpflichten, keinen Anwalt in Anspruch zu nehmen. Nur in vereinzelten Ausnahmefällen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht unbedingt erforderlich.
Auch die näheren Erläuterungen: "Wir garantieren, dass die zu Recht beanstandeten Passagen oder Teile dieser Webseiten in angemessener Frist entfernt [...] werden", sind an den gesetzlichen Bestimmungen vorbei. Wenn wettbewerbswidrige Verstöße vorliegen, hat der Verletzer diese sofort zu unterlassen. Eine unbestimmte "angemessene Frist" gibt es hier schon nicht. Er kann bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nur mit dem Mitbewerber eine Umsetzungsfrist in beidseitigem Einvernehmen vereinbaren.
Soweit die Klausel "Die Einschaltung eines Anwaltes, zur für den Diensteanbieter kostenpflichtigen Abmahnung, entspricht nicht dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen und würde damit einen Verstoss gegen § 13 Abs. 5 UWG, wegen der Verfolgung sachfremder Ziele als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung, insbesondere einer Kostenerzielungsabsicht als eigentliche Triebfeder, sowie einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht darstellen." verwendet wird, ist dies juristisch gleichfalls unbeachtlich. Der Hinweis auf den "wirklichen oder mutmaßlichen Willen" spielt auf die ursprüngliche Rechtsfigur der "Geschäftsührung ohne Auftrag" an, bei der unterstellt wurde, dass der Verletzer grundsätzlich ein Interesse hat, gerichtliche Kosten zu vermeiden. Da die Abmahnung somit letztlich in seinem Interesse liegt, hatte er die Kosten zu tragen. Diese Rechtsfigur ist allerdings seit der Neufassung des § 12 UWG überflüssig geworden. Unabhängig vom Willen des Verletzers hat dieser nun die Abmahnkosten zu tragen, wenn er sich wettbewerbswidrig verhält.
Ein § 13 Abs. 5 UWG existiert im Übrigen auch gar nicht. Gemeint war wahrscheinlich § 8 Abs. 4 UWG. Der Abgemahnte kann durch die Verwendung einer solchen Klausel auch nicht dem Abmahner Rechtsmissbräuchlichkeit unterstellen, wenn dieser seine gesetzlichen zugestandenen Rechte ausübt.
Fazit: Die Klausel ist in jeglicher Hinsicht juristisch falsch und überflüssig.
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