Sind wir eBay hilflos ausgeliefert?
Das Handelsblatt begründet "Warum wir eBay hilflos ausgeliefert sind": Bei Online-Auktionen gebe es einen natürlichen Hang zum Monopol.
Das sehe ich im Grundsatz genau so. Im Gegensatz zu vielen Richtern: Es gab bereits mehrere Gerichtsurteile, in denen eine Monopoleigenschaft eBays verneint wurde.
Die Gerichte haben nämlich nicht nur Online-Auktionen betrachtet, sondern eBays Rolle im Onlinehandel insgesamt. Und da ist es tatsächlich so, dass eBay zwar eine Rolle spielt, aber natürlich nicht den gesamten Markt dominiert. Schätzungen zufolge wurden im letzten Jahr in Deutschland Waren für rund 20 Milliarden Euro online verkauft - über gewerbliche eBay-Händler wurden nach eBay-Angaben aber "nur" 3,1 Milliarden Euro umgesetzt.
Aber selbst im überschaubaren Markt der Onlineauktionen ist eBay nicht immer monopolähnlicher Marktführer: In Japan beispielsweise ist eBay gar nicht mehr vor Ort, in China und der Schweiz von den örtlichen Marktführern Taobao und ricardo.ch geschlagen.
Trotzdem muss man natürlich feststellen, dass eBay global gesehen bei Online-Auktionen uneinholbar vorne liegt. Auf dieser komfortablen Position hat eBay sich sehr wohl gefühlt und sich kaum mehr bewegt. Bis vor zwei Jahren dann eBays Umsätze nicht mehr weiter stiegen, sondern sogar schrumpften. Statt sich aber nun auf die eigenen Stärken und das Alleinstellungsmerkmal zu besinnen, will eBay den erfolgreichen ehemaligen Buchhändler Amazon kopieren.
Eines der Ziele ist dabei offenbar, den Anteil der Festpreis-Angebote zu Lasten der Onlineauktionen zu erhöhen - das ist gelungen, heute wird bei eBay weniger als die Hälfte des Umsatzes im Auktionsformat gemacht. Ich hätte es klüger gefunden, beides zu versuchen: Mehr Online-Auktionen und mehr Festpreisverkäufe zu bekommen. Durch den Zwang, in den Medien-Kategorien kostenlos zu versenden, wird eBay massenhaft private Online-Auktionäre von der Plattform vertreiben. Die gehen dann wahrscheinlich auch als Käufer verloren und so werden eBays Umsätze weiter schrumpfen. Gerade da hätte es eine einfache und leicht umsetzbare Lösung gegeben: eBay hätte einfach Auktionen mit einem Startpreis von einem Euro von diesem Zwang ausnehmen sollen.
Ein weiteres Ziel eBays ist es, die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Früher stand die Verkäuferzufriedenheit im Vordergrund (PowerSeller-Programm), heute werden nur noch Verkäufer gefördert, die zufriedene Kunden haben (Verkäufer mit Top-Bewertung). Viele Verkäufer wurden im Handel limitiert oder sogar ganz ausgeschlossen, wenn eBay vermutet, dass deren Kunden nicht alle zufrieden sind. Insgesamt ist die Käuferzufriedenheit bei eBay tatsächlich deutlich und messbar angestiegen. Aber das kommt zu spät: eBay steht in dem Ruf, die Plattform für Betrüger, Markenfälscher, billigen China-Ramsch und Pleitekandidaten zu sein. Amazon dagegen steht in dem Ruf, alle Kunden zufriedenzustellen und insbesondere im Kundendienst und bei Rückgaben unschlagbar zu sein.
Zurück zur Ausgangsfrage: Sind wir eBay hilflos ausgeliefert? Klare Antwort: Nein!
Die Käufer haben schon lange die Wahl und nutzen die vielen Alternativen: Amazon und Plattformen wie Yatego sind ein Beispiel, die über Google und Preisvergleichsseiten auffindbaren zahllosen Onlineshops ein weiteres.
Gewerbliche eBay-Verkäufer haben sich darauf größtenteils eingestellt und sehen eBay schon lange nicht mehr als den einzigen Vertriebskanal.
Nur eine kleiner werdende Gruppe ist eBay tatsächlich hilflos ausgeliefert und wird sich auf Dauer nicht behaupten können: Die privaten Verkäufer. Bei denen kommt der Druck von vielen Seiten:
- Der Gesetzgeber und die Gerichte wollen ihnen an den Kragen und stufen häufig schon Verkäufer mit drei Dutzend Angeboten gebrauchter Kleidung als gewerblich ein.
- eBay geht hart gegen Verkäufer vor, die nicht ununterbrochen Höchstleistung liefern. Wenn ein privater Verkäufer krank wird und nicht mehr schnellstens liefert, fliegt er.
- eBay zwingt immer mehr Verkäufer zu kostenlosem Versand und zu PayPal. Das rechnet sich bei kleinpreisigen Artikeln einfach nicht.
- Markeninhaber und deren Anwälte haben private eBay-Verkäufer als reiche Einnahmequelle entdeckt. Wer Schmuck als "Cartier Art" anbietet, aus dem Urlaub mitgebrachte "Ed Hardy"-T-Shirts oder einfach nur alte CDs verkauft, ist ganz schnell einige tausend Euro los.
Ich werde oft gefragt, was ich privaten Verkäufern denn rate. Ein Rat fällt mir leicht: Auf jeden Fall Finger weg von eBay! Bei den Alternativen wird es aber eng: www.hood.de und die anderen Marktplätze (auch) für Privatverkäufer sind längst nicht so erfolgreich, wie eBay. Derzeit bieten sich vor allem Kleinanzeigen gedruckt und online an, weil die von den Abmahnabzockern bisher weitgehend verschont bleiben. Und dann ist da noch der gute alte Flohmarkt...
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