Private Verkäufer sollten eBay meiden
Privatleuten rate ich aus zwei Gründen vom Verkauf über eBay ab: Wegen des Abmahnrisikos und wegen des im Verhältnis zum Ertrag zu hohen Aufwands. Außerdem glaube ich, dass eBay die privaten Verkäufer ohnehin loswerden will.
Das Abmahnrisiko
Einige Gerichte sind der Meinung, dass bei mehr als 25 eBay-Angeboten in zwei Monaten oder bei mehr als 100 Bewertungspunkten bereits die Schwelle zum gewerblichen Handel überschritten ist. Dazu einige Beispiele:
Das Amtsgericht Bad Kissingen urteilte am 04.04.2005: Unternehmer sei, wer 154 Bewertungen bei eBay erhalten hat und alles versteigert, was im Haushalt nicht mehr benötigt wird. (Aktenzeichen 21 C 185/04)
68 Verkäufe innerhalb von acht Monaten bewegen sich in einem Grenzbereich, in dem sowohl ein privater, wie auch ein geschäftlicher
Verkehr denkbar ist.
OLG Frankfurt am 07.04.2005, Aktenzeichen 6 U 149/04
39 Verkäufe in fünf Monaten bei eBay sind „Handeln im geschäftlichen Verkehr“.
LG Berlin am 09.11.2001, Aktenzeichen 103 U 149/01
Für gewerbliches Handeln auf der eBay-Plattform reiche es aus, dass der Verkäufer innerhalb von zwei Monaten 25 Bewertungen erhalten habe, so das Urteil des Landgericht Hanau vom 28.09.2006 (Az. 5 O 51/06).
Ich persönlich halte diese Urteile für falsch, denn damit wird faktisch jedem, der seinen Dachboden entrümpelt, gewerbliches Handeln unterstellt. Leider interessieren sich aber weder die Gerichte, noch die Abmahner für meine Meinung.
Es gibt bei eBay über 100.000 gewerbliche Verkäufer. Wenn einem von denen die Nase eines privaten Anbieters nicht passt, kann er den einfach als angeblich gewerblichen Wettbewerber abmahnen lassen und unter anderem fordern, dass er zukünftig seinen Käufern ein Widerrufsrecht einräumt - und natürlich die Anwaltskosten von bis zu 1.005,40 Euro bezahlt. Wenn der Abgemahnte nicht zahlt, wird er verklagt - wobei der Abmahner sich sogar noch das Gericht aussuchen darf. Wahrscheinlich wird der Abmahner dabei nicht zum Landgericht Coburg gehen, denn dort gilt selbst ein Verkäufer mit 1.700 Bewertungspunkten noch als privat (Urteil vom 19.10.2006, Az. 1 HK O 32/06).
Aber selbst wer bei eBay ziemlich eindeutig privat verkauft (also z.B. 0 Bewertungspunkte hat und nur ein einen gebrauchten Artikel anbietet), kann abgemahnt werden:
Das Anbieten einer Uhr mit der Bzeichnung "im Cartier-Stil" kann 12.000 Euro kosten.
1.700 Euro musste jemand zahlen, der eine CD der Gruppe "The Sweet" angeboten hatte.
Nur 100 Euro kostet es, eine Iron Maiden-CD zu verkaufen.
Für Nicht-Juristen ist wohl kaum nachvollziehbar, warum man eine legal gekaufte (!) CD nicht über eBay verkaufen darf.
Es sollte aber jedem einleuchten, dass man für den Verkauf seiner Artikel keine Bilder oder Texte kopieren darf - und trotzdem machen viele das und wundern sich dann, wie teuer so eine Abmahnung ist.
Ein weiterer häufiger Abmahngrund ist das Verkaufen gefälschter Markenprodukte: Es kann sehr teuer werden, das beim Straßenhändler im Türkei-Urlaub gekaufte "Ed Hardy"-T-Shirt über eBay zu verkaufen.
Die Umsatzsteuer
Update vom 06.01.2011:
Wer jährlich mehr als hundert Artikel auch z.B. aus einer Sammlung verkauft, riskiert damit, dass er dafür Umsatzsteuer abführen muss:
Urteil: Umsatzsteuer bei 1.200 "Privatverkäufen"
Der Aufwand
Viele unterschätzen die Arbeit, die man beim Verkaufen über eBay hat:
- Der Artikel muss fotografiert werden.
- Die Fotos müssen auf den Computer und später zu eBay übertragen werden.
- Der Artikel muss möglichst genau beschrieben werden.
- Fragen von Interessenten müssen beantwortet werden.
- Dem Käufer müssen die Bankdaten mitgeteilt werden: Es nutzen noch längst nicht alle Käufer die Kaufabwicklung eBays.
- Das Bankkonto muss täglich auf Zahlungseingänge kontrolliert werden.
- Die Ware muss verpackt und adressiert werden.
- Wer Pech hat, muss am Postschalter Schlange stehen.
Der Ertrag
Die durchschnittlichen Artikelpreise bei Privatverkäufen gehen bei eBay stetig zurück. Das ist gut für Schnäppchenjäger, aber schlecht für die Verkäufer: Die bleiben oft auf ihren Artikeln sitzen oder bekommen nur einen Euro dafür. Und wenn dann der Artikel noch in einer Kategorie steht, bei der man keine Versandkosten mehr verlangen darf, zahlt man womöglich sogar noch drauf: Die eBay-Gebühren und die Versandkosten übersteigen sehr schnell mal den Erlös.
Der Spaß
Früher machte es wenigstens noch Spaß, über eBay zu verkaufen - manchmal lernte man sogar nette Leute kennen. Dieser Spaß ist den meisten vergangen, denn die Käufer sind viel anspruchsvoller geworden. Als Käufer kann man nicht mehr negativ bewertet werden, und das nutzen viele aus: Um Preisnachlässe zu erpressen oder auch nur seine schlechte Laune mit negativen Bewertungen an den Verkäufern abzureagieren. Und das sind noch die harmlosen Varianten, wehe der Artikel war nicht zu 100 Prozent richtig beschrieben oder trifft nicht spätestens am zweiten Tag nach der Zahlung ein: Dann setzt es auch mal eine Strafanzeige wegen Betrugs oder es wird mit dem Anwalt und Klage gedroht.
eBay vergrault die Privatverkäufer
eBay hat offenbar vergessen, wer die Plattform einmal groß und sympathisch gemacht hatte: Die vielen privaten Verkäufer. Rabatte, PayPal-Gutscheine und eigene Portale mit persönlichen Ansprechpartnern bekommen nur die (gewerblichen) PowerSeller und die Topkunden. Private Verkäufer dagegen müssen oft PayPal und kostenlosen Versand akzeptieren. Zum Dank werden den privaten Verkäufern dann auch noch Angebote gelöscht, der Verkauf limitiert oder sie werden gleich ganz von der Plattform geworfen.
Die Betreuung privater Verkäufer ist eBay zu teuer: Daher schmeißt eBay den größten Teil des Personals in Dreilinden raus und behält in Dreilinden nur noch 600 von ehemals 1.300 Mitarbeitern.
Und damit die Privaten nicht trotzdem weiter über eBay verkaufen können, listet man ihre Angebote möglichst weit hinten: Nur die Angebote der gewerblichen (!) Verkäufer mit Top-Bewertung werden auf den ersten Seiten angezeigt. Als privater Verkäufer kann man zwar Top-Bewertungen haben, der Status "Verkäufer mit Top-Bewertung" bleibt aber den gewerblichen Verkäufern vorbehalten.
Daher mein Fazit für private Verkäufer: Der Verkauf über eBay ist gefährlich, lohnt kaum und macht keinen Spaß mehr. Lassen Sie es besser sein.
Bei meinem letzten Umzug habe ich meinen eigenen Rat befolgt. Den ganzen Kram, den ich im Keller stehen hatte und jahrelang weder gebraucht, noch vermisst habe, habe ich größtenteils weggeworfen. Einige wenige Teile habe ich einer Verkaufsagentin aus der Nachbarschaft zum Verkauf über eBay gegeben, mir war das zu viel (und zu schlecht bezahlte) Arbeit. Und für meine rund 2.000 Taschenbücher habe ich mir einen Transporter geliehen und die als Altpapier entsorgt: Meine Verkaufsagentin wollte die noch nicht einmal geschenkt bekommen.
Als Käufer bleibe ich eBay aber treu. Wenn ich eines der entsorgten Taschenbücher doch nochmal lesen möchte, werde ich es bei eBay für einen Euro inklusive Versandkosten kaufen ;-)
Gewerblichen Verkäufern rate ich durchaus weiter, eBay als ein Standbein zu behalten. Auch hier gibt es aber zwei Vorbehalte: Kein Verkäufer sollte eBay für einen verlässlichen Partner halten und so verrückt sein, seine wirtschaftliche Existenz ausschließlich von der Gnade eBays abhängig zu machen. Und niemand sollte den falschen Versprechen glauben, bei eBay würde man schnell und mühelos reich. Reich macht eBay nur die eigenen Leute, nicht die Verkäufer.
eBay hat meinen Rat übrigens so kommentiert:
„Die überwältigende Mehrheit der Transaktionen verläuft zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten. Generell von einem Verkauf bei eBay abzuraten, ist aus unserer Sicht so sinnvoll, wie von einer Teilnahme am Straßenverkehr abzuraten.“
Da hat eBay recht. Deshalb rate ich ja auch nur privaten Verkäufern von eBay ab, nicht den gewerblichen. Anders gesagt: Ich rate nicht generell von einer Teilnahme am Straßenverkehr ab. Aber ich rate Fußgängern dringend, keine Autobahnen zu benutzen.
Mit meiner Meinung stehe ich nicht alleine da:
Katharina Böhme: Lohnt sich Ebay noch für private Verkäufer?
DER WESTEN: eBay in der Krise
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