Meine Frau befasst sich als Rechtsanwältin viel mit Markenrechts-Fällen. Sie hat sich die Abmahnungen von Herrn Kindling angesehen und sieht da einige Ungereimtheiten:
1.
Die Ungenauigkeit des DPMA: Die Wortmarke "Texas Hold´em" wurde eingetragen - u.a. für Spiele. "Texas Hold´em" ist eine Spielart des Poker. Das weiß seit Stefan Raab´s Pokernächten jeder. Leider wohl offensichtlich bei Eintragung der Marke 2007 der zuständige Sachbearbeiter (noch) nicht. Anders ist es nicht zu erklären, wie diese Marke eingetragen werden konnte. Denn ein Antrag auf Anmeldung wird immer dann abgelehnt, wenn es sich um einen beschreibenden Begriff handelt, der von der Allgemeinheit natürlich weiter verwendet werden darf.
Zwei Mal sollte schon "Texas Hold´em" eintragen werden:
- Einmal hat das DPMA (2007, Az: 307182797) die Eintragung direkt abgelehnt.
- Ein anderes Mal (2007, Az. 307131483) wurde die Marke eingetragen, aber aufgrund eines Widerspruchs gelöscht.
2.
Eine Vollmacht mit Tücken:
Einer der ersten Sätze der Vollmacht lautet: "Heute erschien in meinen Büroräumen [...] Herr Martin Joachim Wolff". Unterschrieben hat aber ebenfalls "Joachim Wolff". Eine Vollmacht an sich selbst also? Sind die Büroräume in der "Granitzer Str. 19" die des Herrn Wolff?
Als Absenderadresse für die Abmahnungen gibt Herr Kindling die "Granitzer Str. 19" an. Sind das also (auch) seine Büroräume?
Ein Stempel prangt auf der Vollmacht: "Begl. Rechtsanwalt". Erstaunlich nur: Weder Herr Wolff noch Herr Kindling (der Bevollmächtigte) sind Anwälte. Jedenfalls nicht unter einer der angegebenen Adressen. Wessen Stempel soll das also sein? Soll da der Abgemahnte womöglich getäuscht werden?
3.
Hierzu passt auch: Gezahlt werden soll an eine W&K GbR. Und Herr Kindling und Herr Wolff haben nach eigenen Angaben der Vollmacht augenscheinlich eine gemeinsame Adresse. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...
4.
Steuernummer: Auf dem Briefbogen des Bevollmächtigten Kindling prangt eine "Identifikationsnummer" des Finanzamtes Bergen. Wieso denn Bergen, wenn Herr Kindling doch auf Rügen wohnt und arbeitet? Zudem: Was für eine seltsame Steuernummer soll das sein? Wäre es die "Identifikationsnummer", dann gäbe es gerade keinen Hinweis mehr auf ein zuständiges Finanzamt. Wenn es aber keine Identifikationsnummer ist, was ist es dann?
5.
Des Weiteren: Der Markeninhaber schreibt sich laut Register "Wolf" (mit einem f) und wohnt in Jena. Jetzt mahnt Herr "Wolff" (doppeltes f) ab und wohnt auf Rügen.
6.
Schadensersatz: Bei "echten" Markenabmahnungen gibt es tatsächlich auch einen Schadensersatzanspruch. Um die Höhe des Schadens aber berechnen zu können, muss vorab Auskunft begehrt werden. Hier rechnet der Abmahner einen fiktiven Wert aus und macht ihn geltend und verlangt dann noch Auskunft. Macht juristisch keinen Sinn.
7.
Wieso möchte Herr Kindling, dass das Geld auf das Konto einer GbR einer Sparkasse in Schaumburg-Lippe überwiesen wird - geschätzte 800 km weit entfernt?
Dies ist ein kleiner Auszug aus dem Potpourri der Seltsamkeiten der Abmahnungen.
Zumindest einer der Betroffenen sollte die Marke löschen lassen. Egal, ob Wolff oder Wolf Markeninhaber ist: Die Marke muss weg. Die Chancen auf Löschung sind bekanntlich gut. Wenigstens Herr Raab selbst sollte ein Interesse daran haben, dass die Marke gelöscht wird, denn sonst darf er wohl kaum noch seine Pokernächte veranstalten.
Wenn die Marke dann gelöscht wird, ist auch der Spuk mit den Abmahnungen vorbei.
Mein Rat: Zahlen Sie auf keinen Fall. Weisen Sie die Abmahnung zurück: Markeninhaber ist Joachim Wolf aus Jena und nicht Martin Joachim Wolff aus Binz oder eine W&K GbR aus Schaumburg-Lippe. Sollten Sie tatsächlich verklagt werden, so sollten Sie Ihr Verfahren ruhend stellen lassen, bis die Frage der Löschung entschieden ist.
Rechtsanwältin Heidi Kneller-Gronen