Offenbar wissen die meisten eBay-Händler nicht, dass sie eine Widerrufsfrist von einem Monat einräumen müssen, wenn sie (auch) im Auktionsformat anbieten. Wer da die Standardfrist von 14 Tagen verwendet, ist akut abmahngefährdet!
Über den zugrundeliegenden Gerichtsbeschluss aus Dortmund hatte ich Anfang Juni berichtet. Und auch eBay hat das Ganze im Rechtsportal thematisiert:
LG Dortmund zur Widerrufsfrist bei Angeboten im Auktionsformat
Aktuell sorgt ein Beschluss des Landgerichts Dortmund im Einstweiligen Verfügungsverfahren vom 07.04.2011 (Az.: 20 O 19/11) für Aufregung. Nach der Auffassung des Gerichts soll bei Angeboten im Auktionsformat bei eBay die Widerrufsfrist immer einen Monat betragen, sofern der Verkäufer dem Bieter nicht nach jedem Gebot die Widerrufsbelehrung in Textform übermittelt. Angebote im Festpreisformat sind von der Entscheidung nicht betroffen.
Wir halten diesen im Eilverfahren erlassenen und nicht näher begründeten Beschluss des Gerichts für fehlerhaft. Nach dem erst am 11.06.2010 geänderten § 355 Abs. 2 BGB beträgt die Widerrufsfrist auch dann 14 Tage, wenn der Unternehmer die Widerrufsbelehrung unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform an den Verbraucher übermittelt. Bei eBay wird dem Käufer die in Mein eBay hinterlegte Widerrufsbelehrung des Verkäufers unmittelbar nach Ende der Auktion per E-Mail zugesendet. Nach § 10 Abs. 1 S. 5 der eBay-AGB kommt der Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer bei Angeboten im Auktionsformat erst mit Ablauf der Auktion mit dem Höchstbieter zustande. Jedes Gebot steht also eindeutig unter der aufschiebenden Bedingung, dass es sich dabei mit Ablauf der Auktion um das Höchstgebot handelt. Da der Vertrag erst mit Ablauf der Auktion zustande kommt, muss richtigerweise auch erst zu diesem Zeitpunkt die Widerrufsbelehrung an den Höchstbieter in Textform übermittelt werden. Dies entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, der mit der Neuregelung des § 355 BGB gerade die unterschiedliche Behandlung von Fernabsatzgeschäften über eine Internetauktionsplattform und einem "normalen" Internetshop beseitigen wollte.
Wir sind überzeugt, dass es sich bei der Entscheidung des Landgerichts Dortmund um eine Einzelfallentscheidung handelt, die auf Dauer keinen Bestand haben wird. Richtigerweise kann auch bei Angeboten im Auktionsformat eine Widerrufsfrist von 14 Tagen eingeräumt werden. Bis hier eine endgültige Klärung herbeigeführt wurde, empfehlen wir gewerblichen Verkäufern, sich im Zweifel hierzu von einem Anwalt oder einer anderen Rechtsberatungsstelle rechtlich beraten zu lassen, ob und inwiefern für Angebote im Auktionsformat eine Anpassung der Widerrufsbelehrung erfolgen sollte.
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Offenbar sind nur wenige eBays Rat gefolgt und haben einen Anwalt konsultiert: Sonst würden wohl kaum noch tausende von eBay-Händlern falsch über die Widerrufsfrist belehren.
Fakt ist: Der Beschluss ist ein krasses Fehlurteil. Die Dortmunder Richter haben weder verstanden, was der Gesetzgeber mit den Änderungen zum Widerrufsrecht am 11. Juni 2010 erreichen wollte, noch haben sie verstanden, wie eBay-Auktionen funktionieren.
Trotzdem ist dieser Beschluss in der Welt und es kann nun jeder Händler abgemahnt werden, der bei eBay (auch) im Auktionsformat anbietet und dabei über eine Widerrufsfrist von 14 Tagen belehrt. Dank des so genannten "fliegenden Gerichtsstands" bei Internetangeboten kann ein Abmahner einfach zum LG Dortmund gehen, dessen seltsame Rechtsauffassung mindestens so lange Bestand haben wird, bis das OLG Hamm sich mal damit befassen darf.
Leider ist es bei eBay nicht möglich, verschiedene Widerrufsbelehrungen zu hinterlegen: Sonst könnte man den Dortmundern folgen und bei Auktionen eine andere Widerrufsbelehrung hinterlegen, als bei Festpreis- und Shopangeboten.
Meine persönliche Meinung:
Wäre ich betroffener eBay-Händler, dann würde ich den in Dortmund verzapften Quatsch ignorieren. Aber dazu muss man wenigstens wissen, was auf einen zukommen kann: Es droht eine Abmahnung und später eine einstweilige Verfügung des LG Dortmunds. Gegen diese einstweilige Verfügung muss man gegebenenfalls Widerspruch einlegen, der vermutlich vom LG Dortmund noch abgelehnt werden wird. Dann müsste man zum OLG Hamm. Für den Prozess in Dortmund müsste man eine mittlere vierstellige Summe an Gerichts- und Anwaltskosten kalkulieren, die man zunächst vorschießen muss. Und nur wenn man dann beim OLG Hamm Recht bekommt, kriegt man dieses Geld zurück - vielleicht. Für den unnützen Zeitaufwand wird man dabei ohnehin nicht entschädigt.
Update 25.06.2012: Das OLG Hamm hat am 10.01.2012 unter dem Aktenzeichen I -4 U 145/11 entschieden, dass auch bei eBay-Auktionen eine Widerrufsfrist von 14 Tagen ausreichend sein kann. Zwar ist auch das OLG Hamm der Auffassung, dass bei eBay-Auktionen der Vertragsschluss schon zum Zeitpunkt der Gebotsabgabe liegt. Allerdings hält man es für ausreichend, wenn unmittelbar nach Zeitablauf der Auktion die Belehrung des Höchstbieters erfolgt, vorher sei der Vertragspartner ja nicht bekannt und daher die Belehrung unzumutbar und faktisch nicht möglich.