Es gibt nun einen Gesetzentwurf, der den Missbrauch wettbewerbsrechtlicher Abmahnungen ein wenig schwerer machen soll: Durch eine Änderung des Gerichtskostengesetzes sollen Abmahnungen für die Anwälte künftig finanziell weniger reizvoll sein. Bisher ist es so, dass Anwälte für das bloße Verschicken von Textbausteinen Honorare zwischen 650 und über 1.000 Euro kassieren dürfen.
Außerdem sollen zu Unrecht Abgemahnte in Zukunft einen Anspruch auf Ersatz ihrer Anwaltskosten bekommen.
Und schließlich soll der Abmahner sich nicht mehr das teuerste und abmahnerfreundlichste Gericht aussuchen dürfen, sondern es soll in der Regel am Firmensitz des Abgemahnten verhandelt werden.
§ 51 des Gerichtskostengesetzes soll in Zukunft so lauten:
§ 51 Gewerblicher Rechtsschutz
(1) In Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes (§ 1 Absatz 1
Satz 1 Nummer 14) und in Verfahren über Ansprüche nach dem Patentgesetz, dem
Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Geschmacksmustergesetz, dem
Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz ist der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen.
(2) In Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem
Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu
bestimmen.
(3) Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten erheblich geringer zu bewerten als der nach Absatz 2 ermittelte Streitwert, ist dieser angemessen zu mindern.
Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des
Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit ein Streitwert von 1.000 Euro anzunehmen, auch wenn diese Ansprüche nebeneinander geltend gemacht werden.
(4) Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der sich aus Absatz 2
und 3 ergebende Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung
gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen.
(5) Die Vorschriften über die Anordnung der Streitwertbegünstigung (§ 12 Absatz 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, § 144 des Patentgesetzes,
§ 26 des Gebrauchsmustergesetzes, § 142 des Markengesetzes, § 54 des Geschmacksmustergesetzes) sind anzuwenden.
Hier die Gesetzesbegründung dazu:
4. Beseitigung von Missständen bei wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen
Seit der Einführung und Ausweitung des Online-Handels haben Berichte über Missstände
bei Abmahnungen durch Mitbewerber erheblich zugenommen. Davon sind in erster Linie
Existenzgründer und kleine Händler betroffen, die sich mit dem Internethandel eine Existenz aufbauen oder ein weiteres Geschäftsfeld erschließen wollen. Gegenstand der gegen sie gerichteten Abmahnungen sind häufig Wettbewerbsverstöße im Bagatellbereich,
durch die es für Mitbewerber nicht zu einer spürbaren Wettbewerbsverzerrung kommt.
Gegenstand der Abmahnung können aber auch geringfügige Verstöße gegen Verbraucherschutzgesetze nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) sein. Dazu gehören
insbesondere Verstöße gegen Marktverhaltensregeln im Sinne der §§ 3, 4 Nummer 11
des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) wie zum Beispiel Impressumspflichten nach dem Telemediengesetz, Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen oder Vorschriften der Preisangabenverordnung. Wegen der Komplexität der im Onli-- 16 - Bearbeitungsstand: 12.03.2012 13:48 Uhr
ne-Handel zu beachtenden Vorschriften und deren häufiger Änderung, die oft auf EURichtlinien zurückzuführen sind, besteht die Gefahr, dass Unternehmer immer wieder abgemahnt werden. Mit Hilfe moderner Software lassen sich auch die geringsten Wettbewerbsverstöße im Internet mit geringem Aufwand aufspüren.
Neben der Abgabe einer Unterlassungserklärung wird regelmäßig die Erstattung der Aufwendungen für die Einschaltung eines Rechtsanwalts nach § 12 Absatz 1 Satz 2 UWG
gefordert, der nach § 5 UKlaG auch für Abmahnungen nach dem Unterlassungsklagengesetz gilt. Diese betragen häufig mehrere Hundert Euro und stellen für die insbesondere
betroffenen Kleinunternehmer und Existenzgründer eine große Belastung dar, die häufig
existenzbedrohende Ausmaße annimmt. Dies wird angesichts der Geringfügigkeit des
Wettbewerbsverstoßes auch als besonders ungerecht empfunden.
Gibt der Abgemahnte keine Unterlassungserklärung ab, wird meist der Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen ihn beantragt. Diese Anträge werden oft bei Gerichten gestellt,
von denen der Antragsteller weiß, dass sie seiner Rechtsauffassung zuneigen, einstweilige Verfügungen bereitwillig und ohne Anhörung des Gegners erlassen oder regelmäßig
hohe Streitwerte festsetzen. Häufig wählen Antragsteller auch Gerichte, die weit entfernt
vom Wohn- oder Geschäftssitz des Antragsgegners liegen, da sie hoffen, dass der Antragsgegner aufgrund der Entfernung keinen Widerspruch einlegt. Dadurch kann sich der
Kläger gegenüber dem Beklagten etliche Vorteile sichern.
Zwar enthält das Gesetz bereits Vorschriften, die den geschilderten Missständen entgegenwirken sollen. Diese finden nach verschiedenen Berichten aus der Praxis jedoch zu
wenig Anwendung. § 8 Absatz 4 UWG sieht vor, dass die Geltendmachung von Beseitigungs- und Unterlassungsansprüchen ausgeschlossen ist, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen
oder Kosten entstehen zu lassen. Im Einzelfall ist der Nachweis, dass eine Abmahnung
vorwiegend dazu dient, einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Abgemahnten entstehen zu lassen, meist nur schwer möglich, da objektiv ein (geringer) Wettbewerbsverstoß vorliegt. § 12 Absatz 4 UWG sieht vor, dass es bei der Bemessung des Streitwerts
wertmindernd zu berücksichtigen ist, wenn die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert ist oder wenn die Belastung einer der Parteien mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert angesichts ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht tragbar erscheint. Beide Vorschriften enthalten unbestimmte Rechtsbegriffe, die einer Auslegung
durch die Gerichte bedürfen. Wegen des damit verbundenen Prozessrisikos sehen die
meisten Abgemahnten davon ab, sich auf einen Prozess einzulassen und zahlen lieber
die geforderten Rechtsanwaltskosten.
Der vorliegende Gesetzentwurf enthält eindeutigere Regelungen. Damit soll sich der
Rechtsanwender seltener auf kostenträchtige Prozesse einlassen müssen. Die Rechtssicherheit wird für ihn deutlich erhöht. Durch die in dem Entwurf enthaltenen Regelungen
werden finanzielle Anreize für Abmahnungen deutlich verringert und die Position des Abgemahnten gegenüber einem missbräuchlich Abmahnenden gestärkt. Dadurch soll die
Zahl der Abmahnungen abnehmen, die weniger im Interesse eines lauteren Wettbewerbs
als zur Gebührenerzielung ausgesprochen werden.