Heute vor genau zehn Jahren ging www.wortfilter.de online.
Damals wollte ich mir einfach nur eine eigene Homepage einrichten. Vermutlich hätte sich aber niemand für meine Hobbys (Lesen und Reisen) interessiert, daher beschloss ich, über eBays Wortfilter zu berichten: Der filterte damals Angebote aus, die bestimmte Schlüsselwörter enthielten. Im Frühjahr 2002 war ich selbst Opfer dieses Wortfilters geworden, weil eines meiner eBay-Angebote nicht über die eBay-Suche gefunden werden konnte und dementsprechend wenig Gebote bekam.
Am 17. Juni 2002 habe ich dann eine Pressemitteilung an rund 50 Redaktionen geschickt und die darauf folgende Berichterstattung sorgte von Anfang an für sehr beachtliche Besucherzahlen auf meiner frisch gegründeten Website. Das Original:
Guten Tag!
Beim Onlineauktionshaus eBay werden täglich Hunderte von Usern Opfer eines
Wortfilters, dessen Existenz den meisten nicht bewusst ist.
Alleine die Einrichtung eines solchen Filters halte ich schon für
fragwürdig, bei eBay ist das Ganze dann aber auch noch schlampig
programmiert worden.
Den meisten Benutzern von eBay ist die Suche über die Kategorien zu mühsam.
Wenn man das Buch "Hand aufs Herz" von Sandra Maischberger sucht, dann gibt
man "Maischberger" in die Stichwortsuche ein und bekommt dann die
entsprechenden Auktionen gelistet.
Einige Wörter werden aber ohne Wissen der Benutzer gefiltert: Sucht man nach
"Hitler", so bekommt man als Ergebnis "0 Artikel gefunden für hitler",
obwohl es tatsächlich 707 Auktionen gibt, in deren Beschreibung oder Titel
das Wort "Hitler" vorkommt. Das ist natürlich ziemlich nutzerunfreundlich:
Der potenzielle Käufer erfährt nicht, dass er nicht nach Hitler suchen darf
und bekommt ein falsches Suchergebnis. Der Verkäufer ist sogar noch
schlechter dran: Auch er erfährt nicht, dass er keine Hitler-Artikel
verkaufen soll. Stattdessen darf er brav seine Einstellgebühren bezahlen,
obwohl seine Auktion über die Stichwortsuche nicht zu finden ist. Und diese
Täuschung der Benutzer ist noch nicht mal sinnvoll: Warum sollte man keine
Bücher über den Widerstand gegen Hitler verkaufen dürfen?
Völlig schwachsinnig wird das Ganze durch die Tatsache, dass teilweise auch
Wortbestandteile gefiltert werden: *arien* wird gefiltert, daher kann man
nicht nach "Marienhof", "Bulgarien" oder "Marienkäfer" suchen. Warum *arien*
gefiltert wird, weiss keiner - eBay bezieht dazu auch nicht Stellung.
"arsch" wird auch gefiltert - man kann also keinen "Haarschneider" und auch
keinen "Barschrank" suchen, ebensowenig einen "Marsch" oder Artikel aus
"Warschau".
Wenn man nun eines dieser "Unworte" im Titel seiner Auktion hat, so wird
diese Auktion auch bei der Suche mit anderen Suchbegriffen ausgefiltert.
Heisst das Buch z.B. "Widerstand gegen Hitler", dann findet man es auch
nicht, wenn man nach "Widerstand" sucht!
Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen: eBay hat bei seinen Experimenten mit
diesem Wortfilter wohl einen besonders heftigen Bug in seine Suchfunktion
bekommen. Man kann keine Begriffe suchen, bei denen an zweiter Stelle ein
"ü" steht und kann deshalb z.B. nicht nach Türkei oder Gürtel suchen. Keine
Regel ohne Ausnahme: Bei Wörtern mit "w" an erster Stelle (z.B. Würzburg)
funktioniert die Suche doch. Zwar kann man diesen Bug der Suchfunktion
umgehen, in dem man den Suchbegriff in Klammern setzt. Das wissen aber nur
wenige Benutzer, weil eBay natürlich nirgends darauf hinweist. Die Verkäufer
von Gürteln oder Artikeln zur Türkei sind wieder mal die Gekniffenen - und
wissen es noch nicht einmal.
Ich halte diese Pfuscherei beim marktführenden Onlineauktionshaus für einen
Skandal. Wenn eBay wenigstens über diese Probleme informieren würde...
Meine Bitte an Sie: Informieren Sie doch darüber!
Unter http://wortfilter.de finden Sie weitergehende Informationen. Es gibt
einen Workaround, mit dem man z.B. auch Artikel mit "Hitler" in der
Artikelbeschreibung suchen und finden kann. Wenn Sie den für Recherchen zu
einem Artikel benötigen, kann ich Ihnen die Anleitung zugänglich machen.
Axel Gronen
http://wortfilter.de
|
Noch im Juni 2002 erschienen unter anderem Artikel in der FAZ, in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, bei Telepolis und in der Computerbild. Und schon damals musste ich lernen, dass manche Redakteure meine Arbeit gerne als eigene Recherche ausgeben: Die Artikel in der Computerbild und in Telepolis beispielsweise beruhten auf der Pressemitteilung und anschließendem Mailwechsel mit mir, ohne wortfilter.de auch nur zu erwähnen.
Bis heute sind einige hundert Artikel rund um www.wortfilter.de in den verschiedensten Zeitungen und Zeitschriften erschienen, sehr oft werden Meldungen zitiert und ich wurde über 60 Mal für Fernsehberichte interviewt. 2003 bot mir eBay einen Job als Pressesprecher an, stattdessen veröffentlichte ich das Buch eBay Dirty Tricks.
Anfangs berichtete ich hauptsächlich über eBay, später dann auch über die anderen Onlinemarktplätze wie Amazon, Yatego, Rakuten und Hood. Und schon sehr früh spielten die Themenkomplexe Abmahnung und Betrug eine große Rolle in meiner Berichterstattung.
www.wortfilter.de ist bis heute eine One-Man-Show. Nicht ganz: Schon von Beginn an hat sich BayWotch-Entwickler Elmar Denkmann mit der Programmierung von Tools für wortfilter.de unentbehrlich gemacht. Einige Tools laufen noch immer über wortfilter.de, für andere wurden eigene Websites gegründet:
wortfilter Premium-Tools
Tools für eBay-Verkäufer
Tools für eBay-Käufer
Von Anfang an sollte Wortfilter aber nicht nur Infos und Tools bieten, sondern auch unterhalten. Meine Sammlung Kurioser Auktionen hat Elmar Denkmann in eine eigene Datenbank eingepflegt, inzwischen sind unter www.auktions-panoptikum.de über 4.100 davon archiviert.
Fazit
Vor zehn Jahren hätte ich nicht im Traum gedacht, dass sich meine Liste gefilterter eBay-Begriffe mal zu so einer Riesengeschichte entwickeln würde. Und vor allem hätte ich nicht gedacht, dass mir das Ganze auch nach zehn Jahren noch so viel Spaß machen würde.
Ich freue mich auf die nächsten zehn Jahre!