RA Rolf Becker zur Abmahnwelle

Rechtsanwalt Rolf Becker von WIENKE & BECKER - KÖLN gibt Ratschläge zum Umgang mit der Abmahnwelle des Vereins "Ehrlich währt am längsten":

Ehrlich währt am längsten Zweite Runde!

Wie wir bereits unter www.versandhandelsrecht.de berichtet haben, wurden massenweise Abmahnungen von einem Schweizer Verein an bundesdeutsche Internethändler vor allem bei eBay Angeboten ausgesprochen. Für tausende Empfänger gab es öffentliche Hilfe. Hier können Sie lesen, wie es weitergehen kann.

Strafanzeigen wurden gestellt, eine fehlende Inkassoerlaubnis gerügt und öffentliche Stellen informiert. Die Internetgemeinde reagierte schnell. Dank www.versandhandesrecht.de und der Faktensammlungen auf www.wortfilter.de gab es schnell interessante Informationen. Die Recherchelust der Betroffenen machte auch nicht vor intimsten Details aus dem Leben der Vereinsführung halt. Auch in einschlägigen eBay-Foren werden erstaunliche Funde präsentiert: Ein Lehrstück für diejenigen, die vor zu vielen Daten im Internet warnen. Doch wie geht es weiter?

Viele Betroffene haben zur Kenntnis genommen, dass spezialisierte Rechtsanwälte Ihre Meinung zur Aktivlegitimation, also der Berechtigung des Vereins solche Abmahnungen auszusprechen, recht deutlich formuliert haben. Abgemahnte, die sich wehren, müssen hoffen, dass nur wenige der Abmahnung folgten und Geld überwiesen haben oder Unterlassungserklärungen abgegeben haben. Der sicherste Rat ist immer noch der, sich an einen Anwalt zu wenden. Natürlich will man ungern etwas bezahlen, wenn überall zu lesen ist, dass die Abmahnungsbefugnis wahrscheinlich nicht besteht. Man darf aber nicht vergessen, dass viele Abmahnungen zu Recht in der Sache erfolgten und morgen schon Wettbewerber ebenfalls abmahnen können. Nur ein versierter Anwalt kann in jedem Fall die richtige Reaktion einschätzen. Dafür übernimmt der Rechtsanwalt eine Haftung und dafür erhält er sein Honorar.

Anfechtung

Generell gilt, dass derjenige, der eine Unterlassungserklärung abgegeben hat, diese anfechten kann, falls er sich getäuscht fühlt.

§ 123 BGB: "Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung":

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

Ob dies auch hier der Fall sein kann, muss sich zeigen.

Zweite Abmahnwelle

Wie www.wortfilter.de berichtet, gibt es eine "kleinere" zweite Welle von Abmahnungen. Der Verein Ehrlich währt am längsten zeigt also noch - wie zu erwarten - Lebenszeichen.

Wie kann es weitergehen?

Zur Zeit fragen sich viele Empfänger von Abmahnungen, wie es weitergeht. Generell ist es so, dass niemand den Verein davon abhalten kann, weiter Briefe zu versenden oder gegen einen Abgemahnten, der keine Unterlassungserklärung abgegeben hat, eine Einstweilige Verfügung zu beantragen. Ob das wirklich der Fall sein wird, bleibt abzuwarten. Es ist auch denkbar - wäre aber ungewöhnlich - wenn "normale" Klageverfahren eingereicht werden. Aber auch hier werden versierte Anwälte ihre Reaktionsmöglichkeiten kennen. Im Fall einer Verfügung wird man kaum umhinkommen, einen Rechtsanwalt einzuschalten, wenn er es noch nicht getan hat. Dabei sind Kosten unvermeidlich und ob man die ersetzt bekommt, hängt letztlich von der finanziellen Leistungsfähigkeit des Klagenden ab.

Wo muss ein Verein eigentlich klagen?

Nun, er muss im Gegensatz zum Wettbewerber, der abmahnt, die Klage am Sitz des Beklagten erheben. Dazu benötigt er einen Anwalt, da das Landgericht zuständig ist.

Das Verfügungsverfahren ist die Regel

Im Verfügungsverfahren wird ein vorläufiger Beschluss im Eilverfahren binnen weniger Tage gefällt. Der entscheidende Richter wird in der Regel nichts von den Zweifeln an der Aktivlegitimation wissen, es sei denn, der Abgemahnte hat diese in einem Antwortschreiben bestritten und der Verein legt dieses Schreiben den prozessualen Wahrheitspflichten gemäß bei Gericht auch vor. Ansonsten ergeht erst einmal dieser gerichtliche Beschluss, der es dem Abgemahnten unter Androhung von Ordnungsgeldern und Haft für den Wiederholungsfall vorläufig untersagt, Angebote ohne bestimmte Angaben zu machen etc.

Zustellung des Beschlusses

Dieser Beschluss muss dann vom Verein durch einen Gerichtsvollzieher zugestellt werden. Erst nach formeller Zustellung ist der Beschluss in Vollzug und muss erst mal beachtet werden. Der Abgemahnte kann dann Widerspruch einlegen und Vollstreckungsschutz beantragen.

Ein Abgemahnter, der einigermaßen sicherstellen will, dass seine Meinung gehört wird, kann eine sogenannte Schutzschrift durch einen Anwalt verfassen und bei Gericht hinterlegen lassen. Der Richter fragt in der Regel vor einer Entscheidung in der Verwaltung nach, ob eine Schutzschrift vorliegt. Findet er eine, so wird er in den meisten Fällen erst einmal vor einer gerichtlichen Entscheidung zeitnah eine mündliche Verhandlung anordnen. Hier wird der Abgemahnte gehört, wenn er mit seinem Anwalt reagiert und erscheint.

Fazit:

Wer sich nicht anwaltlich beraten lies, hatte die Möglichkeit qualifiziert auf die Abmahnung zu antworten. Die meisten dürften die Aktivlegitimation bestritten haben, wie zu hören war. Dort ist jetzt Abwarten angesagt. Untätig bleiben muss man nicht. Man kann negative Feststellungsklagen mit dem Ziel erheben, feststellen zu lassen, ob die Abmahnung berechtigt erfolgte oder zumindest mit anwaltlicher Hilfe Schutzschriften hinterlegen.

© Rolf Becker WIENKE & BECKER - KÖLN Stand 29.10.2006

aXel Gronen
Köln, 29.10.2006
Mail: webmaster@wortfilter.de
Axel Gronen August 2006

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