Massenschreiben von Servicebüro Siegel

Ein "Servicebüro Siegel" verschickt derzeit massenhaft Schreiben, in denen auf auf angebliche "Zuwiderhandlungen" aufmerksam gemacht wird. Um was für "Zuwiderhandlungen" es sich handeln soll, wird nicht ausgeführt. In den Schreiben heißt es lediglich:

"Es handelt sich hierbei um einen Verstoß auf Ihrer Homepage bzw. einer Verkaufsplattform."

Es folgt dann die Empfehlung, einen Fachanwalt aufzusuchen oder sich von einem angeblichen Hausjuristen dieses Dienstleisters Infos erteilen zu lassen - zu Kosten "zwischen 89,- und 127,- EUR zzgl. MwSt., je nach Aufwand".

Abschließend heißt es dann noch:

"Wir hoffen darauf, dass Sie unser Schreiben nicht als Werbeinfo oder simple "Masche" verstehen und würden uns darüber freuen, wenn Sie den durch uns erkannten Mangel schnellstmöglich beheben könnten, bevor andere Recherchedienste auf Ihre Internetpräsenz stoßen."

Ich habe die Firma um eine Stellungnahme gebeten, wie man die Schreiben denn stattdessen verstehen soll. Eine echte Hilfe sind sie jedenfalls nicht - dazu müsste die angebliche "Zuwiderhandlung" bzw. ein Mangel ja konkretisiert werden.

Update: Ich hatte heute ein längeres Telefongespräch mit Herrn Siegel und hatte ihn gebeten, mir die Inhalte daraus auch noch einmal per Mail zukommen zu lassen. Dadurch will ich die Gefahr von Missverständnissen vermindern. Nach dem Gespräch und der unten aufgeführten Stellungnahme bin ich nunmehr überzeugt, dass die Geschichte harmlos ist. Geld wurde keines verlangt. Und der Rat, sich anwaltlich beraten zu lassen, ist nicht grundsätzlich falsch - dazu raten Anwälte auch immer ;-)

Hier nun die Stellungnahme:

Sehr geehrter Herr Gronen,

vielen Dank für Ihre email und Ihre Anfrage in Sachen "Massenschreiben".

In der Hoffnung, dass es sich bei Ihrer Anfrage um eine objektive Berichterstattung handelt, nehmen wir gerne Stellung.

Wir arbeiten als Dienstleister im Bereich der Telefon- und Internetrecherche, mit mittlerweile 23 Mitarbeitern.

Unser Kerngeschäft sind Recherchen für Logistikdienstleister und Juristen.

Bei den von uns verschickten Anschreiben, 143 St. Versandvolumen, handelt es sich lediglich um den Versuch, ob die Empfänger der Schreiben reagieren, bzw. den recherchierten Mangel selbständig korrigieren. Dieser Versuch sollte ursprünglich für weitere Recherchedienstleistungen von Wichtigkeit sein.

Fakt ist, dass wir uns die letzten zwei Tage diverses Feedback am Telefon anhören durften. Von einem Dankeschön (eher selten), bis zu massiven Drohungen war alles dabei.

Wir vertreten bis zum heutigen Tag die Meinung, dass die Datenrecherche von Verstößen bei ebay oder Onlineshops, die im Auftrag von Abmahnvereinen und Rechtsanwälten durchgeführt werden könnte (Anfragen für solche Rechercheaufträge liegen uns vor), moralisch nicht vertretbar ist.

Aus diesem Grund haben wir versucht einen anderen Weg zu beschreiten, der aus heutiger Sicht als gescheitert zu betrachten ist.

Letztendlich haben wir in 143 Fällen Gewerbetreibende auf einen Mangel in Ihren AGB oder ihrer Internetpräsenz hingewiesen, ohne hierfür einen materiellen Vorteil erzielt zu haben. Auf den Mangel durften wir nicht unmittelbar hinweisen, da wir mit einer solchen Rechtsberatung gegen Gesetze verstoßen hätten. In allein 45 der angeschriebenen Fälle war z.B. in den AGB die MwSt. noch mit 16 % geführt.

Schade, dass scheinbar übersensibilisierte Gewerbetreibende, die durch ihre Internetauftritte gegen die aktuelle Rechtssprechung bis dato verstoßen, unsere Schreiben derart falsch verstanden haben und die Brisanz ihres Fehlverhaltens bis heute ausblenden.

Dank den wenigen Betroffenen, die sich für unsere Hinweise zumindest bedankt haben.

Der Wahnsinn der Abmahnwellen geht also seinen bewährten Gang weiter und wird auch zukünftig für Unruhe und Kostenlawinen im virtuellen Raum des Internet sorgen. Schade nur, dass die hiermit verbundenen Kosten sehr real und schmerzhaft sind.

Wir jedenfalls, werden unsere Recherchedienste nicht Vereinen und Juristen zur Verfügung stellen, die ausschl. von dieser Thematik der deutschen Rechtsprechung scheinbar gut leben. Wir beschränken uns weiter auf die Kerngeschäfte, die weniger nervenaufreibende Reaktionen und reale Vergütungen mit sich bringen.

Mit freundlichen Grüßen
A. Siegel
SBS-Servicebüro

Ein Satz aus der Stellungsnahme erscheint mir besonders wichtig und ich halte die Einschätzung für vermutlich zutreffend:

"Auf den Mangel durften wir nicht unmittelbar hinweisen, da wir mit einer solchen Rechtsberatung gegen Gesetze verstoßen hätten."

Und ich finde auch den Hinweise mit dem veralteten Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent interessant und wichtig: Ich habe gerade auf Anhieb über 10.000 Angebote gefunden, bei denen der noch drin steht!

aXel Gronen
Monschau, 10.03.2007
Mail: webmaster@wortfilter.de
Axel Gronen August 2006
Vorherige Meldung Vorherige Meldung

Meldungen 1. Quartal 2005     Meldungen 4. Quartal 2004     Meldungen 3. Quartal 2004
Meldungen 2. Quartal 2004     Meldungen 1. Quartal 2004     Meldungen 2002 und 2003

© 2007 bei Axel Gronen. Letzte Aktualisierung: 10.03.07.
Etwaige Rechtschreib- und Grammatikfehler in diesem Text sind gewollt und wurden hier mit Absicht versteckt. Wer sie findet, darf sie behalten oder auf eBay versteigern. Best viewed with open eyes and a human brain ver. 1.0 or above.

Wortfilter-Logo