Neue Schikanen für eBay-Verkäufer
Am Montag wurden alle eBay-Verkäufer über die neuesten Schikanen und Einschränkungen eBays beim Handel informiert. Schon die im Februar verkündeten Änderungen erfolgten fast ausschließlich auf Kosten der Verkäufer, nun werden die Daumenschrauben noch weiter angedreht. Aber während ich beim letzten Mal die Änderungen trotzdem nachvollziehen konnte, sehe ich die nun verkündeten Änderungen sehr kritisch.
Ich berichte erst heute darüber, weil ich wegen einiger unklarer Formulierungen noch Rückfragen an eBay gestellt hatte. Die blieben unbeantwortet, daher muss ich wohl davon ausgehen, dass im Zweifel immmer die für Verkäufer ungünstigsten Interpretationen richtig sind.
[Update 1. Mai: Inzwischen hat sich eBay bei mir gemeldet und mir bestätigt, dass ich alles richtig verstanden habe]
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Handelsbeschränkungen
Schon heute müssen Verkäufer mit Limitierungen ihres Handelsvolumens rechnen, wenn sie in letzter Zeit zu viele neutrale oder negative Bewertungen bekommen haben. Diese Handelsbeschränkungen werden noch ausgebaut, unter anderem werden dafür künftig auch die Detaillierten Verkäuferbewertungen (DSR) berücksichtigt.
DSR beeinflusst Suchergebnisse
Derzeit fließt nur ein Kriterium der Detaillierten Verkäuferbewertungen nachhaltig in die Sortierung der Suchergebnisse und Kategorieanzeigen ein: Wer bei den Versandkosten unter 3,6 Sterne hat, wird weit hinten dargestellt und muss daher mit massiven Umsatzverlusten rechnen.
Dieser Wert wird nun auf 4,0 erhöht und gilt künftig für alle DSR: Wer in einem der vier Kriterien der Detaillierten Verkäuferbewertungen unter 4,0 bleibt, wird faktisch aussortiert. Die Angebotsgebühren bleiben aber in solchen Fällen gleich, obwohl die Leistung eBays deutlich vermindert ist.
Eine Formulierung eBays scheint mir dabei missverständlich oder sogar falsch. In der Mail heißt es nämlich:
"Jeder Verkäufer mit einem durchschnittlichen Wert von mindestens 4,0 bei einer der vier detaillierten Verkäuferbewertungen wird dann besser in den Suchergebnissen dargestellt."
Ich glaube das nicht, es wird wohl eher so sein, dass nur diejenigen vorne gelistet sind, die in jeder der vier DSR über 4.0 liegen. Ansonsten würde das dem vorher Geschriebenen widersprechen.
[Update 1. Mai: Inzwischen hat sich eBay bei mir gemeldet und bestätigt, dass eBays Formulierung falsch ist.]
PayPal-Pflicht für "schlechte" Verkäufer
Wer als Verkäufer nicht eBays neu definierte Standards erfüllt, muss ab Ende Mai PayPal "zum Schutz" von Käufern anbieten. Das ist eine sehr durchsichtige und verlogen begründete PayPal-Pflicht durch die Hintertür!
Dazu mal ein Beispiel: Jemand verkauft seine Artikel aus Österreich nach Deutschland. Dann hat er natürlich relativ lange Versandlaufzeiten und riskiert deshalb, im entsprechenden DSR-Kriterium unter 4.0 zu landen. In Zukunft muss er nun PayPal als Zahlungsoption anbieten - und wird von den Käufern noch mehr abgestraft, denn die erwarten bei PayPal-Zahlung ja noch mal schnellere Lieferzeiten.
Grundsätzlich kann ich nachvollziehen, wenn eBay das Wohlbefinden der Käufer steigern will - notfalls eben auch zu Lasten der Verkäufer. Dazu ist diese PayPal-Pflicht durch die Hintertür aber nicht im Geringsten geeignet: Sie macht "schlechte" Verkäufer nicht zu besseren Verkäufern, sondern dient ausschließlich der Einnahmesteigerung eBays.
Keine Bewertungsrücknahmen mehr
Die oben angeführten Maßnahmen waren alle vorhersehbar, damit musste man als Verkäufer wohl rechnen. Aber eine Neuerung ist auch für mich eine echte Neuigkeit und ein ziemlicher Hammer.
In einem Nebensatz der Mail heißt es nämlich:
Berücksichtigen Sie bitte, das die einvernehmliche Bewertungsrücknahme nur noch bis Ende Mai möglich ist.
Damit hat eBay mal wieder ein wirklich dummes Eigentor geschossen!
Viele Käufer bewerten nämlich einen Verkäufer vorschnell negativ. Sinnvoll wäre, wenn eBay vor einer neutralen oder negativen Bewertung zumindest eine Kontaktaufnahme vorschreiben würde. Es kann nämlich immer mal wieder passieren, dass der Käufer aus irgendeinem Grund unzufrieden ist, der Verkäufer aber dann eine Lösung findet und sich dadurch eigentlich erst richtig als "guter" Verkäufer auszeichnet.
Wenn z.B. Ware unvollständig ankommt oder beim Versand beschädigt wurde, dann werden die meisten Verkäufer nachbessern, entschädigen oder ersetzen. Das geht aber natürlich nur, wenn ihnen der Mangel bekannt wird! Heute passiert es manchmal, dass der Verkäufer erst durch die negative Bewertung auf einen Mangel aufmerksam wird und ihn behebt. Dann ist es natürlich sinnvoll, wenn der Käufer seine nun nicht mehr berechtigte Bewertung zurückzieht. Das ist aber künftig unmöglich! Also wird natürlich auch kein Verkäufer sich künftig noch die Mühe machen, in solchen Fällen irgendwas für den Kunden zu tun: Er hat ja nichts mehr davon und wird von eBay sowieso abgestraft.
eBays Maßnahme ist also für alle schlecht und wird künftig noch mehr unzufriedene Käufer produzieren - die Verkäufer sind ja ohnehin die Gekniffenen.
Außerdem müssen natürlich künftig viel mehr Bewertungs-Streitigkeiten vor Gericht ausgetragen werden: Wenn ein Käufer seine vielleicht versehentlich ungerechtfertigt abgegebene Bewertung nicht mehr zurückziehen kann, muss der Verkäufer vor Gericht ziehen und eBay zur Löschung zwingen lassen - auf Kosten des Käufers. Ich kann auch darin keinerlei Vorteil für den Käufer erkennen - für den Verkäufer sowieso nicht. Und auch eBay wird diese Maßnahme bitter bereuen, denn sie wird einen großen unnötigen Support- und Arbeitsaufwand nach sich ziehen.
Fazit
Diesmal hat sich eBay ganz gewaltig verrannt. Insgesamt werden die neuen Maßnahmen die Plattform verschlechtern und nicht nur die Verkäufer verärgern, sondern in der Konsequenz auch nachteilig für die Käufer wirken.
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