Mark hat die Tage ein wunderbar polarisierendes Bild in der Gruppe gezeigt. 


Aus meiner Sicht stellen sich hier genau zwei Fragen: 

  • Wie kann jemand, der teuer anbietet, sein Angebot nur so billig und inkonsistent darstellen? 
  • Wie kann es sein, dass eine Preiserhöhung scheinbar dazu führt, dass mehr gekauft wird? 

Ok. Vielleicht auch noch eine dritte: 

  • Wie kann ein Kunde so drauf sein, dass er das kauft? 

Auf den ersten und nüchternen Blick sieht der Betrachter (in dem Fall Händler) folgendes: 

Eine schmuddelige und lieblos gestaltete Getränkekarte, die einen Luxusartikel deklariert. Weder die Aufmachung, noch das Wording erscheint ansatzweise glamourös, sondern wäre vergleichbar mit einer Kiosk-Pommes-Karte. 

Klar. In Zeiten von Corona macht man manchmal komische Sachen, wie abwaschbare Karten. 

Aber mal ehrlich? Auch hier könnte man doch als “Luxuskunde” erwarten, dass der Anbieter da mehr auffährt. 

Dann wird auch noch der Literpreis so deutlich dargestellt, dass der Kunde genau weiß, dass mit steigender Flaschengröße der Literpreis plötzlich steigt. 

Rational betrachtet: Alles falsch gemacht. Setzen. Sechs. 

Allerdings kaufen Menschen nicht rational. Und schon gar keine Artikel, die einen Wert im Kopf des Kunden haben. 

Sorry Mark, an der Stelle: 

Wirf mal ein Blick auf Louis Vuitton. Ein Paradebeispiel für hässliche Taschen. Dieses Muster löst nachweislich bei Menschen ein Gefühl von billig und abwertend aus. Dennoch sind Menschen bereit, unfassbar hohe Preise dafür zu zahlen. 

Warum? 

Das ist einfach: Weil die Preise so hoch sind. 

Es wurde an anderer Stelle schon mal drüber geschrieben: Es gibt genau 7 Kaufmotivationen (Prestige, Sicherheit, Bequemlichkeit, Neuerungen & Technik, Umwelt & Gesundheit, Soziales, Wirtschaftlichkeit). Bei jedem sind ca. 2 davon dominant und bestimmen den Wert im Kopf des Kunden bei jedem Produkt. 


Bei den Taschen ist es wie beim Champagner:

Das dominante Kaufmotiv der Zielgruppe ist “Prestige”. 

Je teurer, desto besser. Das Produkt wird als Prestigeobjekt gesehen und steigert die Kaufmotivation. Der Kunde fühlt sich einer bestimmten sozialen Gruppe zugehörig und kann gar nicht anders, als zu kaufen. 

Es geht sogar soweit, dass der Platz in einer solchen Gruppe sinkt, sobald man sich für das günstigere Produkt entscheidet. 

Der Anbieter hat hier einfach Glück: Für das Image des Champagners muss er sich nicht mehr kümmern. Das ist bereits in Stein gemeißelt. 

Hinzu kommt, dass die Leute gerade nur raus und endlich mal wieder “leben” wollen. Also ist es völlig egal. Er hätte sein Angebot auch auf einen Zettel per Hand schreiben können. 

Was tatsächlich (bewusst oder unbewusst) gut gemacht ist, ist also das Aufzeigen, dass Preise pro Flaschengröße trotz Paradoxon im Literpreis steigen. Das erhöht den Kaufdruck auf das teurere Produkt. 

Das nächste ist die ungewöhnliche Darstellung der Preise für deutsche Verhältnisse. Das sieht viel aus, bedingt durch die Punkte. Da stolpert man unweigerlich drüber. Das sehe ich in dem Fall als positiv für diese Zielgruppe, denn es geht ja nur um den Preis. Hier steigt die Wertigkeit im Kopf des Kunden. 

Und genau darum geht es. 

Der richtige Ausdruck dafür wäre Price-Quality-Illusion und steht im Verkaufsprozess im Bereich des Decision-Making, also an der Stelle, an der der Kunde für sich das Produkt evaluiert. 

Der Nutzen, den Menschen im Champagner sehen, hängt in dem Fall nicht von rationalen Eigenschaften, wie Geschmack, Qualität, Design usw. ab, sondern vielmehr von den Erwartungen an Qualität, die mit dem Preis verknüpft ist. 

Der Preis verändert die Wahrnehmung im Gehirn. 

Es gab mal ein Wein-Experiment, bei dem den Probanden jeweils immer derselbe Wein untergeschoben wurde. Gleichzeitig wurde jeweils ein anderer Preis genannt, so dass die Probanden gedacht haben, dass es sich immer um einen anderen Wein handelt. 

Überraschung: Je höher der Preis, desto besser wurde der Wein in Bezug auf Geschmack und Qualität bewertet. 

Bei den Probanden wurden parallel Gehirnmessungen durchgeführt, die zeigten, dass die Bereiche im Hirn, die für Geschmack, Geschmack und Musik zuständig sind, sich deutlich veränderten. 

Die Erwartung an einen besseren Wein führte also zur Aktivierung anderer Gehirnregionen, was wiederum tatsächlich erfahrenen Nutzen beeinflusste. 

Befragungen der Kunden führen übrigens dazu, dass man Antworten bekommt, wie: “Preis und Qualität” sind unabhängig voneinander. 

Spannend. 

Was heißt das für Deinen Online-Shop?

Um den Wert eines Produktes zu erhöhen, muss nicht das Produkt selbst verändert werden. Es kann schon reichen, den Preis anzupassen. 

Das funktioniert gut bei Produkten, bei denen Kunden keine präzise Vorstellung der Preiswürdigkeit haben, bzw. Die Qualität nicht eigenständig bewerten können. (z. B. Versicherungen, Wein, Software) 

Zudem muss das Produkt einen Wert im Kopf des Kunden haben. Das kannst Du durch Sprache (Bild, Text) natürlich beeinflussen. 

Und selbstverständlich dadurch, wie einfach Dein Shop in Usability aufgebaut ist. Das Gesamtbild muss stimmen. 

Steigere den Wert Deines Produktes im Kopf Deines Kunden. Dann ist der Preis alles, was sie zahlen wollen.