Nun ist es offiziell: Die eBay Classified Group – dazu gehören das Anzeigenportal eBay Kleinanzeigen und auch mobile.de – sind verkauft. 9 Milliarden, so berichtet Reuters, soll es dafür gegeben haben. Damit steht eBay nun so jungfräulich da wie es einmal, vor über 20 Jahren begonnen hat. Ist das eine Chance oder der Anfang vom Ende? Wissen wir das?

Das fehlende glückliche Händchen

Es gibt kaum ein E-Commerce-Unternehmen, welches es so großartig zu scheitern versteht. Gäbe es dafür einen Award, eBay würde ihn seit Jahrzehnten abräumen. Schauen wir einmal kurz zurück: Da war PayPal, Magento, eBay Enterprise, Expresslieferung, Zahlweise und Skype. Nichts davon ist übrig geblieben. Alles wieder abgestoßen. Dabei waren alles das Zutaten, die aus dem Unternehmen ein 10 Sterne Menü hätten machen können. Es war alles an Bord. Irgendwann einmal: Fullfillment, Payment, Schnelllieferung, Shopsystem, Messenger. Alles Dinge, die eBay zu einem echten Ökosystem gemacht hätten. Hätten. Und nun ist auch die Domäne ›Kleinanzeigen‹ futsch. Dort, wo eBay hier in Deutschland die ganz klare Nummer 1 war. Beide Plattformen zusammen vereinnahmten über 40% der Onlinezeit aller deutschen Verbraucher. Ein Pfund.

Aber!?!

eBay Kleinanzeigen war der ungeliebte kleine Bruder im großen Konzern. Viel hat eBay auch hier aus seinen Möglichkeiten nicht gemacht. Zu oft und zu laut war aus dem Kosmos in Dreilinden zu hören ›Das geht nicht, da treten wir in den Wettbewerb zu unserer Mutter‹. Ist daher ein Verkauf jetzt eine Emanzipation? Ein Start in eine neue berauschende und glorreiche Zukunft? Ja, denn wenige aus Dreilinden sind wirklich traurig. eBay Kleinanzeigen hat das Potenzial – und die Nutzer – der ehemaligen Mutter in die Suppe zu spucken. Eine API ist da und auch Modelle, wie Händler an Bord geholt werden können.

Vor allem wäre das Portal in der Lage, lokale Händler weit besser zu unterstützen, als es die Mutter jemals konnte. eBay Kleinanzeigen hat per se eine stark lokale Ausrichtung und ist auf den Austausch ›Ware gegen Geld‹ vor Ort ausgerichtet und bei den Verbrauchern bekannt. 9 Milliarden für 20% der Onlinezeit kaufwilliger Verbraucher scheint nicht zu teuer zu sein. Da hätte der Springer-Verlag mal nicht so schnell das Handtuch schmeißen sollen.

Und die runzelige Mama?

Quo vadis eBay? Das ist und bleibt die Gretchenfrage. Chance oder der Weg in den Abgrund? Na ja, es ist ja nicht ganz so schlecht, wo der Marktplatz steht. Fast 90 Milliarden US$ GMV, 175 Millionen Käufer und gute Händler. Auch das ist ein Pfund. Aber eBay ist in die Jahre gekommen. Langsam, zögerlich – fast ängstlich –, so wird eBay von Plattformen wie Amazon überholt. Nicht mehr die Händlerfreundlichkeit, der Ausgleich zwischen Verbraucher und Händlerinteressen zählt. Der Kunde, der Käufer, der Verbraucher gehört in den Fokus. Ein einheitliches und vertrauensvolles Einkaufserlebnis müssen die Verbraucher in ihr Hirn eingebrannt bekommen. Schnell. Dringend. Der Weg dahin wird beschritten: Fulfillment und neue Zahlweise sind ein Schritt, aber die Strecke zieht sich wie Kaugummi. Zu langsam. Seit Jahren gab es keine Erfolgsmeldung mehr, wenn das GMV oder das Wachstum reportet wurden.

Der Kundenservice liegt – eben nicht wie bei Amazon – noch beim Händler. Das führt oftmals zu unfassbar skurrilen Erlebnissen. Nicht alle schlecht, aber auch nicht verlässlich gut. Hier ist der Knackpunkt: eBay fehlt es an Verbrauchervertrauen. Dadurch geht viel Geschäft verloren. Leider. Es drehen zu viele ›Händler aus der Hölle‹ auf dem Marktplatz frei. Bei Amazon wagt sich das kaum einer. Warum nicht? Da wird Geld verdient, da kann man sich einiges gefallen lassen.

Aber wie wird es in Zukunft werden? Wir wissen es nicht! Die Hoffnung stirbt zuletzt. eBay ist jedoch immer noch der Platz, an dem gutes Geld verdient werden kann. Also nach Amazon.

eBay Kleinanzeigen und die goldene Zukunft?

Auch das wissen wir nicht. Der nordische Neueigentümer hat Erfahrung im Betrieb mit Anzeigenplattformen. Das ist gut. Vieles deutet darauf hin, dass die Trennung der ehemaligen ungeliebten Tochter gut tut. Denn mancher Kleinsthändler war und ist mit den professionellen Plattformen wie Amazon und eBay überfordert und sucht schon seit langem ein neues Zuhause. Kleinanzeigenportale oder auch Facebook Marketplace haben sich dafür als geeignet erwiesen.

Fazit: Die Loslösung kann für beide Plattformen eine Chance sein. Für eBay wird es höchste Eisenbahn, um aus den Puschen zu kommen. Zu nah und zu lange lanciert der alternde Riese schon am Abgrund.

Eine Frage noch

Was wird mit den 9 Milliarden in der Kasse nun passieren? Schauen wir in die Glaskugel. Wenig wird im Unternehmen ankommen. Es werden Aktien zurückgekauft und es wird eine üppige Dividende gezahlt. Und was bleibt im Unternehmen? Wenig? eBay ist auch technologisch nicht mehr ganz vorne. Dringend müsste die Plattform erneuert werden. Aber woher das Budget nehmen, wenn nicht …

Was fehlt?

Das, was jedes Unternehmen braucht: einen langfristig orientierten Ankerinvestor. Nicht mehr und nicht weniger. Genau der fehlt eBay seit über einem Jahrzehnt. Der eigentliche Depp, der uns den ganzen Mist eingebrockt hat, sitzt in den USA und heißt Pierre Omidyar!