In 48 Stunden ist der nächste Lockdown da. Mitten im Weihnachtsgeschäft trifft er den stationären Handel womöglich so hart, dass dieser um seine Zukunft fürchten muss. »Das Weihnachtsgeschäft 2020 ist für die meisten Innenstadthändler verloren«, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Die Bundesregierung hat Hilfen zugesagt und denkt dabei auch an gewerbliche Mieter. »[Es] … wird gesetzlich vermutet, dass erhebliche (Nutzungs-)Beschränkungen in Folge der Covid-19-Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Damit werden Verhandlungen zwischen Gewerbemietern bzw. Pächtern und Eigentümern vereinfacht.« (Quelle)

Nicht wenige Stimmen wurden dieses Jahr laut, die riefen, dass das Pandemie-Geschehen ein Digital-Beschleuniger sei und der Wirtschaftsdarwinismus wirken werde. Die Zombies – also die bereits kranken Unternehmen – werde der Markt schnell bereinigen. Ganz von der Hand zu weisen sind diese Thesen nicht, denn bereits zu Beginn des Jahres war klar, dass es nicht einfach werden würde. Der erste Lockdown und die nachfolgenden Entwicklungen zeigten jedem Unternehmer, dass er sein Geschäftsmodell auf den Prüfstand zu stellen hat. Seit Februar hätten also eigene Modelle – mehr oder weniger professionell – digitalisiert werden können. Aber nein, auch dieser jetzige Lockdown scheint für viele überraschend zu kommen. In diesem Kontext eine Erinnerung: Unternehmer kommt von Unternehmen und nicht von Unterlassen! Und eine weitere Binse: Handel ist Wandel. Erstmals von Martin Luther um 1550 erwähnt. Die Kritik müssen sich die Beteiligten also gefallen lassen.

Verbände und Politik hätten Crash-Kurse auf die Beine stellen sollen. So wie es die großen Plattformen – allen voran eBay – getan haben. Aber auch viele kleine Agenturen haben versucht zu helfen. Mit dem Ergebnis, dass sie teilweise Spott, Häme und einen Shitstorm ernteten. Selbst führende Experten wie Dr. Kai Hudetz, vom renommierten Kölner Wirtschaftsinstitut IFH, äußerten sich negativ zu einigen Maßnahmen, welche Unternehmen ergriffen haben. Sie seien nicht skalierbar, so Hudetz bei einer Onlineveranstaltung im Juni dieses Jahres. Viele tun nichts, viele reden Ideen schlecht.

Es macht keinen Sinn, einen sterbenden Gaul zu tränken, jedoch ist es wichtig, den Unternehmen, welche versuchen die Umstände abzumindern, Hilfe und Unterstützung anzubieten. Und dass kreative Ideen auch zu Umsatz und Ertrag führen können, zeigt das Beispiel eines Homburger Restaurants, das Dinner in Wohnmobilen anbietet. Hier könnt ihr die Geschichte nachlesen.

Hilfe ganz konkret. Und die fängt bei der Sichtbarkeit an. Holt lokale Radiosender, eure Stadt und lokale Medien mit ins Boot. Sprecht eure Gewerbevereine an. Erstellt eine einfache Verzeichnisseite, z. B. auf der Stadt-Seite oder auch unabhängig, und lasst diese bewerben. Durch Radiospots, Plakate, auf der Stadt-Seite, in lokalen Facebook-Gruppen. Fragt einen örtlichen Rechtsanwalt, ob er gegen Erwähnung eine rechtliche Prüfung eures/eurer Auftritte vornimmt.

Egal ob ihr eine eigene Internetseite oder einen eigenen Onlineshop habt, beginnt eine Plattform zu nutzen, auf der sich eure Kunden bewegen. Facebook, Instagram oder WhatsApp. Ihr könnt so direkt mit euren Kunden kommunizieren, beraten und auch per Video-Stream live Angebote vorführen. Fragt die Administratoren lokaler Facebook-Gruppen, ob ihr euch mit euren Produkten oder Dienstleistungen einbringen könnt.

Bezahlung: Ihr könnt euch über PayPal bezahlen lassen. Einfach und unkompliziert. Ein PayPal-Konto ist innerhalb weniger Minuten eingerichtet.

Zustellung & Logistik: Wie kommt nun die Ware zu euren Kunden? Dabei können euch Taxifahrer oder Apotheken helfen. Taxifahrer könnt ihr als Kurierdienste einsetzen und Apotheken haben meistens bereits eigene Zustellfahrer. Fragt an, ob ihr diese gegen Kostenbeteiligung mitnutzen könnt.

Es gibt viele Ideen, einige werden funktionieren, einige nicht. Probiert es aus und entwickelt das weiter, was gut klappt. Nichtstun, Klagen und Unterlassen ist keine Option. Seid euch bewusst, dass Sichtbarkeit alles ist. Das bedeutet, ihr braucht Unterstützung. Sucht euch diese bei allen lokal bekannten Medien oder wichtigen Seitenbetreibern.

Hier noch einmal die Tipps in Kurzform:

  • Einzelhändler sollten digitale Beratung anbieten, z. B. via Skype, Zoom oder Facebook-Livestreams.
  • Städtegemeinschaften sollten prominent ein Verzeichnis auf die Beine stellen, in das sich jeder EH eintragen kann.
  • Über Plattformen wie FB oder Insta können sofort Produkte gezeigt werden, es kann Beratung stattfinden. Transaktionen können abgewickelt werden.
  • eBay & eBay Kleinanzeigen können SOFORT genutzt werden und bieten eigene Programme an.
  • Schnellzustellung: Redet mit euren Apotheken & Taxifahrern. Taxifahrer leiden im Moment ebenfalls. Sie können als Kuriere eingesetzt werden. Apotheken haben meistens eigene Zustellfahrer, die gegebenenfalls ›mitgenutzt‹ werden können.
  • Als Händlergemeinschaft: Redet mit lokalen Radiosendern & Zeitungen, ob diese euch Sendezeit kostenlos zur Verfügung stellen, damit eure Webseiten oder Verzeichnisseiten beworben werden können.
  • Sucht euch Onliner, die helfen!
  • Rechtliches: AGB werden nicht benötigt. Impressum & Widerrufsbelehrung schon. Diese gibt es kostenlos zum Beispiel bei TrustedShops. Alles, was offline beachtet werden muss, muss auch online dargestellt werden, z. B. PangV. Durch das Anti-Abmahngesetz ist euer Abmahnrisiko gesenkt.

Der Gaul muss nicht sterben. Jetzt nicht. Tränkt ihn!