"Darf's ein bisschen mehr sein?" - "Darf" ein Online-Shop-Betreiber (kein Ebay-Shop!) statt 14 Tage auch 30 Tage Widerrufsrecht geben? - Ja, das darf er!
"Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware" - oder auch nicht! - Ist für den Beginn der Widerrufsfrist auch der Erhalt der Ware beim Verbraucher maßgeblich? - Ja natürlich!
Beide für Onlinehändler wie für Verbraucher sehr erhebliche Rechtsfragen hat das Landge-richt Hamburg entscheiden und seine Entscheidung jetzt begründet. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Aktenzeichen: 406 O 338/06.
Im Folgenden zunächst einige nichtamtliche Leitsätze:
Der Vertrag kommt im Online-Handel im Online-Shop (außer eBay-Shops) durch die Bestätigung des Verkäufers und nicht bereits durch die Bestellung des Kunden zustande.
Die Belehrung nach Eingang der Bestellung in Textform durch Übersendung einer Mail geschieht nicht nach Vertragsschluss.
Der Unterschied zwischen einem Monat und 30 Tagen in der Widerrufsbelehrung ist wettbewerbsrechtlich irrelevant. Er unterfällt der Bagatellklausel des § 3 UWG (Unerheblichkeit).
In den Fällen einer zweiwöchigen Widerrufsfrist steht es dem Gewerbetreibenden offen, den Kunden eine längere Frist einzuräumen.
Erfolgt die Belehrung nach Abgabe der Bestellung und vor Übersendung der Ware, ist der Hinweis auf einen Fristbeginn "frühestens mit Erhalt der Ware" letztlich nicht zu beanstanden.
Auszug aus den Entscheidungsgründen:
Hinsichtlich der für den Widerruf genannten Frist von 30 Tagen kann bereits in tatsächlich nicht mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass diese Belehrung falsch war. Dies würde nämlich voraussetzen, dass der Antragsgegner die Belehrung über den Widerruf und die Widerrufsfolgen in Textform erst nach Abschluss des Vertrages übermittelt hätte. Nur dann beträgt die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB einen Monat, anderenfalls zwei Wochen. In den Fällen einer zweiwöchigen Widerrufsfrist steht es dem Gewerbetreibenden offen, den Kunden eine längere Frist einzuräumen, beispielsweise durch den Hinweis darauf, dass der Kunde seine Erklärung binnen 30 Tagen widerrufen kann. … Im übrigen hält die Kammer auch unter Berücksichtigung der sehr restriktiven Rechtsprechung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes zur Erheblichkeitsklausel des § 3 UWG (vgl. etwa Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichtes Hamburg vom 17. Januar 2007 - 3 W 231/06) die Unterschreitung der Monatsfrist des § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB um maximal einen Tag für wettbewerbsrechtlich irrelevant im Sinne des § 3 UWG.
Auch der Hinweis darauf, dass die Frist frühestens mit Erhalt der Ware zu laufen beginne, ist nach dem unwiderlegten Vorbringen des Antragsgegners nicht zu beanstanden. nach § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, zu dem dem Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über dein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist, bei der Lieferung von waren im Fernabsatz nach § 312 d Abs. 2 BGB jedoch nicht vor dem Tage des Eingangs der Ware beim Kunden. Erfolgt die Belehrung bereits unmittelbar nach Abgabe der Bestellung und vor Übersendung der Ware, wie dies vom Antragsgegnerseite unwiderlegt vorgebracht wird, so ist auch der Hinweis auf einen Fristbeginn frühestens mit Erhalt der Ware letztlich nicht zu beanstanden. Das Wort "frühestens" dürfte dann zwar überflüssig sein, ein relevanter Wettbewerbsverstoß ist hierin dann jedoch nicht zu sehen, wie auch die Verwendung einer entsprechenden Formulierung in dem Muster für die Widerrufsbelehrung nach Anlage 2 zur BGB-InfoV zeigt.
Mitgeteilt von:
Wolfgang Wentzel
Rechtsanwalt
post(at)rawentzel.de
Für den Bundesverband Onlinehandel e.V.
www.bvoh.de
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