In den vergangenen Wochen häuften sich die Beschwerden der Merchants, dass ihre Remissionsware gar nicht oder sehr beschädigt bei ihnen ankommt. Ein großer Marketplace-Händler beklagt den Verlust von Ware mit einem Einkaufswert von 104.000€ seit April.
Viele Händler beschweren sich
In der Wortfilter Facebook-Gruppe klagte eine Händlerin, dass ihre Ware stark beschädigt und durch DHL nochmals verpackt ankam. Sie frage in der Community nach, ob andere Merchants ähnliche Erfahrungen gemacht haben.
Prompt stiegen etliche Händler auf die gestellte Frage ein und teilten ihre eigenen Erfahrungen mit. Unisono beklagten sich die Händler. Schilderungen gingen so weit, dass einige Händler sogar völlig fremde Ware zurückerhalten haben.
Auch Dienstleister sind betroffen
Ein Fulfillment-Dienstleister, der auch das FBA-Warenhandling für seine Kunden abwickelt, schildert:
“Aber der Bruch ist erheblich. Und der Aufwand. Wir haben in ein und der selben Remission 100 Sendungen mit jeweils einem Produkt bekommen. Dann kam ne Palette mit ungezählten Produkten, dann noch mal 50 Sendungen mit 2, 3, 4 oder 5 Produkten. […] Unseren Kunden entstehen Kosten, die nicht sein müssen.”
Auf meine Frage hin, wie viele Sendungen denn beschädigt ankommen, erhielt ich diese erschreckende Antwort:
“Bei uns alle!
- falsche Verpackungen und damit Bruch und beschädigte Produktverpackungen
- zusammengewürfelte Produkte und damit hoher Sortieraufwand
- hohe Sendungszahl pro Remission und damit unendlich viel Pappenmüll”
Einen großen Händler trifft es besonders hart
Ein sehr großer Marketplace-Händler schilderte mir seinen Fall: Im April ließ er Ware mit einem Einkaufswert von mehr als 100.000€ aus dem FBA-Lager zurückholen. Er erhielt auch eine Versandbenachrichtigung. Die Ware kam jedoch nie bei ihm an. Noch im August wartete er auf die Sendung. Eine Regulierung seines Schadens hat noch nicht stattgefunden. Amazon und die durch Amazon für den Rücktransport beauftragte Spedition schieben sich gegenseitig den ‘Schwarzen Peter’ zu. Auf dem Rücken des Händlers.
Das sind die Herausforderungen
- falsche Ware
- schlecht verpackte Ware
- beschädigte Artikel
- Sendungsverlust
- nicht lesbare Lieferpapiere
Kaum Schadensregulierung durch Amazon
Trotz Reklamation bei Amazon können die Merchants kaum eine faire Erstattung ihres entstanden Schadens erreichen. Das entspricht meines Erachtens nicht dem Leitsatz des Online-Riesen, das kundenzentrierteste Unternehmen der Welt sein zu wollen.
Wo liegen die möglichen Ursachen?
Ähnliche Berichte und Erfahrungen kenne ich von Konsumenten, die Produkte von Amazon Warehouse Deals gekauft haben. Ich selbst bin auch betroffen. 5 Käufe, 4 Reklamationen. Als Konsument durfte ich aber Amazon von der großzügigen Seite kennenlernen, sodass ich schnell und unproblematisch alle Schäden ersetzt bekam. Na ja, bis auf einen. Ich hätte eine beschädigte Mikrowelle verpacken und zurücksenden müssen.
Hier machte ich die Ursache für die Herausforderung an den Prozessen fest. Diese weichen doch sehr stark von den bei dem Onlineriesen standardisierten Arbeitsweisen ab. Und das scheint mir auch bei den Remissionssendungen die Ursache zu sein.
Die Ware muss individuell verpackt und gegen Transportschäden geschützt werden. Bei der Kartonauswahl lassen sich keine eindeutigen Regeln festlegen. Die Kartonagen werden teilweise falsch ausgewählt. Die gelernte Prozesskette ist unterbrochen.
Da ist noch Luft nach oben
Dass Amazon grundsätzlich Logistik kann, steht außer Frage. In dieser besonderen Angelegenheit muss der Riese aber noch nachbessern und seine Mitarbeiter schulen, die Prozesse anpassen und optimales Material zur Verfügung stellen. Dass Schäden passieren, ist ja an und für sich nicht schlimm, wenn sie dann fair reguliert werden. Auch da hat Amazon noch einige Aufgaben zu erledigen. Auch Merchants – die schließlich durch ihre Provisionen nicht gerade wenig Geld in die Kassen des amerikanischen Unternehmens spülen – haben Anspruch auf einen erstklassigen und kulanten Kundenservice, den Amazon ja grundsätzlich zu leisten imstande ist.
Probleme sind da nicht neu.
Retournierte Stueckzahlen stimmen mit Glueck; bei groesseren Posten aber nie.
Vertauschte Ware, unterschlagene Komponenten oder aehnliche “Misgeschicke” kommen ebenfalls haeufiger vor.
Zum Glueck sind die absoluten Zahlen der Problemfaelle bei uns nicht zu hoch, so dass der Support sofort erstattet. 2016 gab es aber eine Warnung, dass wir eine zu hohe Erstattungsquote haetten. Fuer fehlerhafte Amazon-Retouren wollte Amazon also nur begrenzt haften. Nach kurzer Diskussion hat der Support aber eingesehen, dass das “irgendwie Quatsch” sei.
Mir ist auch aufgefallen, dass einige Retouren-Pakete von Amazon selbst in letzter Zeit noch einmal geoeffnet wurden (2x Klebeband, Reste von anderem Adressaufkleber) – das gab es frueher nie.
Die “zerfetzten” Kartons wie abgebildet gibt es dort seit eh und je – Retouren werden in viel zu grossen Karten gepfeffert, Tape drueber, fertig. Ohne Fuellmaterial gehen die “Medium”-Kartons dann gerne an den vorperforierten Kanten auf.
Alles in allem eine gruselige Abwicklung; unterscheidet sich letztendlich aber auch nicht in der “professionell gehandhabten” Wareneinbuchung oder dem generellen Geschaeftsprozess von Amazon. Unprofis wohin man auch schaut. Keine Ahnung, wie die so weitermachen wollen, das kann nicht gutgehen.
Nicht nur Merchants, auch Vendoren können diese Probleme bestätigen.
Wir verzeichen in den letzten zwölf Monaten eine sehr auffällige Zunahme der durch Amazon verursachten Schäden:
– Remissionsware und Überbestände werden defekt, verschmutzt, unsortiert und beschädigt zurückgesendet. Der Ausschuss liegt regelmäßig im zweistelligen Prozentbereich. Auch ganze Paletten sind manchmal “non sellable”, also Müll. Unsere Produkte lassen sich nicht reinigen, sind also bei entsprechender Verschmutzung defekt.
– Bereits bei der Anlieferung an manche Amazon Warenlager werden bis zu 10% der Ware durch unsachgemäßes Auspacken zerschnitten und dann als Dead on Arrival markiert.
– Unsere Originalware wird zuweilen gegen Kopien ausgetauscht und Kontrollmarkierungen “verschwinden” auf deer Remissionsware
– Wir haben von befreundeten Unternehmen unsere Beobachtung bestätigt bekommen, dass Amazon offensichtlich von Kunden retournierte Ware als neu einsortiert und dann als Neuware verkauft. Bei Hygieneartikeln undenkbar.
– Durch dieses Verhalten werden Marken beschädigt und Margen vernichtet.
Amazon geht auf diese Beschwerden nicht ein und ignoroert jeglich Forderung, selbst wenn diese im hohen fünfstelligen Bereich liegen.
Der Erfolg von Amazon ist doch gerade dem ganz einfachen retournieren geschuldet. Wir als kleines Unternehmen kämpfen schon mit unseren relativ wenigen Retouren (weniger als 5%). Wie soll ein so schnell wachsendes Unternehmen wie Amazon das hinbekommen? Neue Ware verkaufen kann jeder… In letzter Zeit scheint es so als würde Amazon große Anstrengungen unternehmen Marketplacekunden zu Fullfilmentkunden zu machen. Würde mich nicht wundern wenn Amazon langsam merkt das Geldverdienen nur geht wenn auch mal eine kritische Konfrontation mit dem Kunden stattfindet wenn Artikel nicht die Rückgabekriterien entsprechen. Das möchte aber Amazon nicht und deshalb lässt man die Fullfilmentkunden verglühen. Was wenig Ärger macht und wenig finanzielles Risiko beinhaltet verkauft Amazon selbst. Die unbequeme Ware dürfen die verkaufen die glauben man könnte mit Amazon eine Geschäftsbeziehung auf Augenhöhe führen. Die eCommerce Zukunft sieht mit einem Platzhirsch wie Amazon leider nicht besonders rosig aus…