Es hat zu nicht wenig Gelächter in den Reihen der Onlinehändler und Experten geführt, als das Bundeskartellamt begann, über die Bedeutung von Algorithmen nachzudenken. Schnell formulierte sich ein Meinungsbündnis, dass es ja lächerlich sei, Amazons oder eBays Algorithmus offenzulegen. Klar, aus Sicht der Berater, Experten und Händler, die den Algorithmus beherrschen, bedeutet das natürlich den Wegfall ihres Wettbewerbsvorteils. Auf der anderen Seite sind zumindest die Funktionen, also der Algorithmus, der großen Marktplätze Cassini und A9 im Netz öffentlich zugängig.
Macht und Ungnade der Mathematik
Machen wir uns nichts vor, mittlerweile sind die Rechenleistungen der Maschinen so gut und die Anwendungen (Algorithmen) so präzise, dass sie in der Tat eine Gefahr darstellen können. Denken wir nur an ganz einfache Entscheidungen, einen Preis beeinflussen können wie z. B. Browser, Uhrzeit oder Region.
Aber auch: Bereits weit vor der digitalen Penetration unseres Alltags haben wir die teilweise stündlich wechselnden Benzinpreise im Sinn.
Ein Algorithmus ist eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen. Algorithmen bestehen aus endlich vielen, wohldefinierten Einzelschritten. Damit können sie zur Ausführung in ein Computerprogramm implementiert, aber auch in menschlicher Sprache formuliert werden. Bei der Problemlösung wird eine bestimmte Eingabe in eine bestimmte Ausgabe überführt.
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Es wird also höchste Zeit, dass tatsächlich grundsätzliche Fragen zur Benutzung und Bedeutung von Algorithmen in unserem digitalen Alltag gestellt und beantwortet werden. Daher sind die Bemühungen der Behörde positiv zu bewerten.
Bedeutung für Verbraucher und Onlinehändler
In dem Moment, wenn Marktplätze oder Plattformen die eigenen Angebote bevorzugen oder ihre Suchmaschine für eigene Zwecke beeinflussen, findet ein fairer Wettbewerb nicht mehr statt. Zumindest dann nicht, wenn die Plattform eine mächtige Stellung hat. Zurecht sind daher in der Vergangenheit, z. B. Amazon und Google kritisiert worden, weil sie ihre eigenen Produkte besser darstellten.
„Schließlich könnten auch Ranking-Algorithmen potentiell im Zusammenhang mit einem Missbrauch von Marktmacht relevant werden. Bedeutsam sind dabei insbesondere Fälle der sog. Selbstbevorzugung, wie sie wiederum das Google Shopping-Verfahren illustriert. In diesem Fall nahm die Kommission ein missbräuchliches Verhalten von Google insbesondere dadurch an, dass Google seinem eigenen Shopping-Dienst einen günstigeren Platz im Rahmen der allgemeinen Suchergebnisseiten einräumte und so die Sichtbarkeit von Wettbewerbern beschränkte.“ (Quelle: Bundeskartellamt)
Aber auch Verbraucher haben Nachteile erfahren: „Ein missbräuchliches Verhalten im Zusammenhang mit (Preissetzungs-)Algorithmen könnte auch im Hinblick auf einen Preishöhenmissbrauch vorliegen. Ein derartiger Anfangsverdacht stand 2018 im Lufthansa-Fall des Bundeskartellamtes im Raum. Nachdem die Insolvenz von Air Berlin zu einer Monopolstellung von Lufthansa auf einigen innerdeutschen Routen und Preiserhöhungen von ca. 25-30 Prozent geführt hatte, erklärte Lufthansa, die Preiserhöhungen beruhten nicht auf manuellen Eingriffen, sondern stellten sich als bloße Reaktionen des Algorithmus‘ auf Nachfrageänderungen dar“, so das Bundeskartellamt.
Am Ende ist doch alles gut
Die Behörde stellt in seiner jüngsten Veröffentlichung zum Thema Algorithmen fest, dass ihr Rechtsrahmen ausreichend ist, um den Herausforderungen zu begegnen. Jedoch mahnt das Amt auch: „Da sich Algorithmen sowie die digitale Wirtschaft stetig weiterentwickeln, sollten Wettbewerbsbehörden den Ausbau ihrer Expertise bezüglich Algorithmen im Austausch untereinander sowie mit Unternehmen, Wissenschaftlern und anderen Behörden weiter fortsetzen.“
Trotzdem ist es auch von Bedeutung, dass wir alle als Verbraucher und Händler bewusst die Konfrontation, aber auch eine mögliche unfaire Benachteiligung durch digital mathematisch gesteuerte Entscheidungen, permanent erfassen und bewerten.