Das Musikhaus Thomann aus der bayerischen Provinz ist erneut zum besten deutschen Onlineanbieter gewählt worden, noch vor Amazon. Also, was machen die Bayern da in der Provinz anders als die meisten Mitstreiter? Hierzu hat sich der Lenker des Musikhauses Hans Thomann geäußert. Tja, und genau diese Äußerung wird die meisten ›Händler aus der Hölle‹ und sonstige Online-Dilettanten erstaunen: Es sind weder die Größe noch die Bekanntheit oder der Preis, der den Onliner erfolgreich bleiben lässt.

Warum bestellt ein Orchester aus Bolivien nicht in Bolivien?

Dazu gibt es eine einfache Antwort: »Das hat wohl mit Vertrauen zu tun. Wenn der Kunde für ein hochwertiges Instrument 8.000 Euro im Voraus ans andere Ende der Welt überweist, muss die Glaubwürdigkeit groß sein. Die haben wir uns über Jahrzehnte erarbeitet«, sagt Hans Thomann gegenüber der Frankfurter Rundschau.

(Quelle: IFH)

Etwas ausführlicher beschreibt es das Institut für Handelsforschung aus Köln (IFH) in seiner Begründung, warum Thomann so toll ist: »Das Traditionsunternehmen aus der Musikbranche zeigt: Auf die grundlegenden Werte Sympathie, Verlässlichkeit und Vertrauen kommt es an

Die alten Werte sind und waren es und werden es auch immer sein

So bequem das Einkaufen im Netz aus Kundensicht auch sein mag oder so attraktiv die Kistenschubser-Geschäftsmodelle der meisten Händler, am Ende des Tages zählen die ›alten Werte‹, um erfolgreich in seinem Business zu sein. Die Marktplätze machen es euch teilweise einfach, zumindest grundlegende Dinge einzuhalten. Bei Amazon droht euch eine sofortige Accountsperre, wenn ihr nicht in der Spur lauft. Nur eBay ist da noch etwas zögerlich und sucht den Interessensausgleich. Aus Kundensicht ein falscher Weg. eBay sollte die Händler an kürzerer Leine halten. Fazit: Wer Reibach will muss nett sein.

Das Zauberwort: Fachhandelskompetenz

Das was die ›Stationären‹ schon nicht können, müsst ihr wie aus dem ›Effeff‹ draufhaben. Das ist die Fachandels- und Beratungskompetenz. Versucht euch selbst einmal vorzustellen, dass ihr ein Wasserbett kaufen wollt. Was erwartet ihr von einem guten Verkäufer? Fragt euch nun, ob ihr genau diese Erwartungen euren Kunden gegenüber selbst erfüllt. Und?

Da gibt es aber auch noch mehr!

Neben der Fachhandelskompetenz gibt es auch noch ein paar Hände weiterer Merkmale, die ihr besitzen solltet, damit ihr erfolgreich auch gegen eure Mitstreiter bestehen könnt.

  • Kulanz
  • Aufmerksamkeit
  • Sympathie
  • Zuverlässigkeit
  • Vertrauen
  • Wertschätzung
  • Glaubwürdigkeit

Das sind jetzt die Top 7 der Erfolgshitparade. Aber wie spielt ihr denn tatsächlich diese Eigenschaften? Seid ehrlich: Im Grunde gehen euch die Kunden auf den S***, oder, liebe Händler aus der Hölle? Nur ganz wenige von euch versuchen, kulant und/oder kundenzugewandt ihre Produkte an den Verbraucher zu bringen. Richtig?

Shops & Marktplätze

Klar, die Marktplätze lassen euch eindeutig weniger Spielraum, diese Exzellenzen exzessiv auszuleben. Amazon gibt die eigenen Spielregeln vor und eBay lässt euch fast frei drehen. Was erfolgreicher ist, lässt sich einfach an den GMV beider Plattformen ablesen. Oder an der intellektuellen Flughöhe der Händler? Wir wissen es nicht. Also, nicht ganz so genau.

»Zu meinen Anfangszeiten funktionierte noch eine 0900er-Nummer als Servicehotline. Damit konnte neben dem Handel auch Ertrag erwirtschaftet werden. Bei uns waren das bis zu 3.500€ pro Monat (!). Heute geht das natürlich nicht mehr. Aber viele von euch leben noch dieses Mindset aus der Onlinesteinzeit. Ein Fehler und zwar ein ganz großer

Und dann haben wir die eigenen Shops. Gut, die meisten sind von der Stange und es fällt schwer, hier die Merkmale sichtbar an die Zielgruppe zu bringen. – Wirklich? Na ja, nicht ganz so, denn erstmal solltet ihr an eurer Einstellung, an eurem Mindset und den daraus resultierenden Formulierungen und Prozessen arbeiten. Tut ihr das?

Viele wohl eher nicht, denn sonst gäbe es ja viel mehr herausragende Shops. Aber warum nicht? Wo sind die Ursachen zu suchen?

These(n)

Wie immer sind Thesen selten absolut richtig. Je größer eine zu betrachtende Gruppe ist, desto diffuser sind die möglichen Ansätze. Es gibt viele Shops von unzähligen Unternehmern bzw. Betreibertypen.

Eine These: Das, was sich nicht schnell und klar messen lässt, gibt es nicht. Viele denken, dass sich ein Invest in die oben aufgezählten Werte kaum messen lässt. Das stimmt, macht sie aber deshalb nicht unwichtiger. Einen guten Ruf zu erarbeiten ist schwer. Den Erfolg daraus zu messen ist kaum möglich. Auch das stimmt. Trotzdem tragen zufriedene Kunden den Unternehmenserfolg.

Eine andere These: Händler können nicht rechnen und deshalb trauen sie sich nicht, in ›ungewisse‹ Strategien zu investieren. Das ist eine Wahrnehmung, welche sich kaum beweisen lässt. Beantwortet sie euch selbst und nur auf euch bezogen. Wie viel Geld habt ihr im letzten Monat an Kulanzleistungen ausgegeben? Na, kennt ihr eure Zahl?

Und noch eine dritte These: Beratungsresistenz und Händlerarroganz ist der Feind jeden Erfolges. Das ist wohl eine eher steile These, aber ist sie denn falsch? Wer glaubt nicht von sich, seine Kunden zu kennen? Und wer ist sich nicht sicher, dass die Kunden euch nur betuppen wollen? Hm?

Ach eine geht noch: Ressource und Wissen. Vielen von euch fehlt das Wissen und dieser Umstand ist eng damit verbunden, dass ihr schlicht keine Zeit habt. Sprich, es wird das zuerst gemacht, was einen schnellen Gewinn verspricht. Langfristig in einer Strategie denkend ist euch fremd.

Das Totschlagargument!

Alles wäre ja im Grunde heilbar, wenn ihr eines hättet: Kohle, Zaster, genug Reibach. Da beißt sich bei vielen die ›Katze in den Schwanz‹. Kein Gewinn, keine Zeit, kein Geld zum Investieren. Schluß! Aus! Ende!

Hier schließt sich der Kreis der Erfolglosen. Ihn zu durchbrechen bedeutet, mittel- und langfristig Probleme zu erkennen, sie zu hinterfragen und vor allem sie aufzulösen. Die meisten Menschen – auch Händler – können es nicht. Das Zauberwort ist ›Selbstreflektion‹. Für Einzelunternehmer aber auch für größere Unternehmen gibt es etliche Strategien, diesen wichtigen Prozess zu installieren. Aus Japan kennen viele den KVP, den ›kontinuierlichen Verbesserungsprozess‹.