Erneut beschäftigt sich die Bundesregierung mit einer Lockerung der Regeln, wann und wie eine Insolvenz für Unternehmen anzumelden ist. Diesmal wird die Koalition die Fortsetzungsprognosefristen verkürzen. Damit möchte die Politik auf die unbestimmten und schlecht planbaren Krisenmomente reagieren und somit die Unternehmen bei Überschuldung entlasten.
“Die Änderungen im Sanierungs- und Insolvenzrecht begründet die Koalition mit den derzeitigen „Verhältnissen und Entwicklungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten“. Diese belasteten nicht nur die finanzielle Situation von Unternehmen, sondern erschwerten auch deren vorausschauende Planung. „Das gilt auch für die Planungen, die das Insolvenzrecht den Geschäftsleitern haftungsbeschränkter Unternehmensträger durch die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wegen Überschuldung[…] auferlegt“, heißt es im Änderungsantrag. Vorgesehen ist daher unter anderem, den Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung von zwölf auf vier Monate und die Planungszeiträume für Eigenverwaltungs- und Restrukturierungsplanungen von sechs auf vier zu verkürzen. Zudem soll die Höchstfrist für die Insolvenzantragstellung wegen Überschuldung von sechs auf acht Wochen hochgesetzt werden. Die Regelungen sollen bis zum 31. Dezember 2023 gelten”, so die Erklärung im Newsletter des Bundestags.
Mit der Verkürzung der Prognosefristen und Verlängerung der Antragsfrist soll betroffenen Unternehmen die Chance gegeben werden – wegen der “alle Marktteilnehmer treffenden Unsicherheiten” – nicht in eine Insolvenz zu rutschen.
Kommentar & Einordnung
Ob diese Fristenänderung tatsächlich hilfreich sind, Insolvenzen zu vermeiden, darf hinterfragt werden. Die Unternehmen gewinnen wenige Wochen bis maximal 8 Monate mehr Zeit. Damit wird es einigen Unternehmen zwar gelingen, ihre >Lebenszeit< zu verlängern, aber wenn es keine Fördermittel geben wird, bedeutet das wohl trotzdem ein sicheres Aus. Es verschiebt sich dann nur der Zeitraum.
Wahrscheinlich hilfreicher sind die Änderung der Fristen, wenn es die Frage nach der Geschäftsführerhaftung zu beantworten gilt.
Trotzdem solltet ihr – sofern ihr in die Nähe einer Insolvenzanmeldepflicht rutscht – sehr genau eure Zahlen im Griff haben. Fortführungsprognosen solltet ihr immer mit einem Rechtsanwalt und Steuerberater erstellen. Auf gar keinen Fall sollten auch dazugehörige Gesellschafterbeschlüsse vergessen werden. Vermeidet in dieser Zeit Telefonate, in denen ihr etwas besprecht oder vereinbart. Besonders dann gilt: Wer schreibt, der bleibt!
Das ganze Thema Firmeninsolvenz läuft aus meiner Sicht hier falsch. Wer hat es noch nicht erlebt, dass man einem Geschäftspartner mehr Zeit gibt, dann aber eine Behörde kommt und wegen meist geringerer Forderungen einen Insolvenzantrag stellt. Dann sind deren Forderungen oftmals bevorzugt und der Rest sieht in die Röhre und hat nur Arbeit damit (wir hatten gerade so einen Fall).
Nachdem laut einem Bericht im Fernsehen es in DE gerade mal um die 10 % nach Insolvenz schaffen, wieder am Markt aktiv zu werden (AT ca 90%), war es das mit der Firma normalerweise. Zuerst sollte man mal die Strukturen der Insolvenzverwalter ändern, so dass diese auch Interesse haben, Firmen ins Geschäftsleben zurückzuführen. Aber diese Personen scheinen unter einem besonderen Schutz zu stehen. Herr Lindner könnte ja aus eigener Erfahrung mal mit seinem Kollegen im Justizministerium das Thema angehen.