In den vergangenen Monaten wurde häufig diskutiert, dass der Wegfall der kostenlosen Retoure – also der Aufbau von Retourenhürden – die Retourenquote signifikant senken würde. Von den Medien wurden die Meldungen von der Fashion Brand Zara und dem japanischen Label Uniqlo, dass sie zukünftig den kostenlosen Rückversand streichen werden, aufgegriffen. Dahinter steckt die These, dass Verbraucher möglicherweise durch die Ausweisung der Kosten ihr Verhalten ändern. Eine Studie liefert nun die Wahrheit.
Überraschung: Aktuelle DPD-Studie zeigt das Gegenteil
Das Ergebnis der Studie ist, dass die Retourenquoten steigen und das obwohl Händler eine Vielzahl von Hürden beim Rückversand aufgebaut haben.
“Die Retouren nehmen zu, obschon die Online-Shopper vermehrt auf Hindernisse stoßen: Nur 45 Prozent fanden es letztes Jahr einfach, Pakete zurückzuschicken. Im Vorjahr betrug der Anteil noch 53 Prozent, im Jahr 2019 sogar 62 Prozent. In den anderen untersuchten Ländern lässt sich ein ähnlicher Trend feststellen. Verschiedene große Händler haben inzwischen eine Kostenpflicht für Retouren eingeführt, zumindest für kleinere Bestellmengen. Der E-Shopper Barometer weist aber auch auf eine gegenläufige Entwicklung hin: Es gibt immer mehr Möglichkeiten, Pakete zu retournieren. 38 Prozent der Online-Shopper nutzen dafür in der Regel keine Postfilialen mehr, sondern einen Paketshop oder ein Postschließfach”, so die Erkenntnis aus der Untersuchung.
Die Befragung hat aber auch gezeigt, dass sich das Rückgabeverhalten von Land zu Land unterscheide. Die Schweizer sind Weltmeister im Zurücksenden mit einer durchschnittlichen Quote von 28 %. Der Schnitt lag in anderen europäischen Ländern lediglich bei 14 %.
Das wollen eure Kunden
“Kunden wollen nicht für ihre Retouren bezahlen. Viele Käufer prüfen deshalb die Retouren Bestimmungen, bevor sie eine Bestellung aufgeben. Unsere E-Commerce-Studie hat gezeigt, dass 30 % der deutschen Verbraucher nichts bestellt, wenn die Rückgabefrist kürzer als 30 Tage ist. Sogar 66 % der Online-Verbraucher geben an, dass sie nicht mehr in einem Onlineshop bestellen würden, wenn sie die Kosten für die Rücksendung selbst tragen müssen”, schreibt der Dienstleister Sendcloud.
Verbraucher lassen sich kaum erziehen
Dieses Faktum sollte sich mittlerweile durchgesetzt haben. Hat es aber nicht, obwohl bisher jeder Versuch, das Verbraucherverhalten zu verändern, gescheitert ist. Amazon ist das brillanteste Beispiel dafür. Eine konsequente Verbraucherzuwendung des Handelskonzerns hat zu seiner quasi uneinholbaren Position im Handel geführt. Und: Der Innenstadtleerstand, aktuell sogar die Galeria-Kaufhof Insolvenz, sind zwei Negativbeispiele, dass Verbrauchererziehung nicht funktioniert.
Genau das zeigt aber auch diese Studie. Retourenhindernisse senken das Rücksendeverhalten nicht.
Eigentlich liefert die Studie zu erwartende Ergebnisse
Keine Rücksendehürde wird die Zahl der Retouren senken. Wenn der Kunde etwas nicht braucht, es nicht seinen Erwartungen entspricht oder es schlicht nicht passt, dann wird er es zurücksenden (wollen). Je höher die Hürden, desto weniger wird er einen Kauf abschließen. Auch das ist eine These, die bereits durch viele Verbraucherbefragungen bestätigt wurde.
Kaum ein Nutzer bestellt bewusst falsch oder zu viel, weil er natürlich auch Rückgaben als >unbequem< empfindet. Dazu braucht es eigentlich keine Studie, gibt es aber. Eine, die das belegt. Kein Mensch macht gerne etwas lästiges, er wird es versuchen, zu vermeiden. Keine Raketenwisschenschaft.
Wenn wir das also alles wissen, ist es um so unverständlicher, dass Unternehmen überhaupt solche Hemmnisse aufbauen. Der gesunde Menschenverstand sagt euch, dass das nicht funktionieren wird. Die Studie bestätigt das nun wissenschaftlich.
Aber, was kann denn eine Lösung sein?
Auch hier hilft euch Nachdenken. Ein Kunde sendet Ware zurück (oder kauft zu viel), weil seine Erwartungen nicht erfüllt sind. Arbeitet also am Erwartungsmanagement. Das können bessere Größenangaben in der Fashion-Branche sein, bessere Produktbilder oder eine gute Artikelbeschreibung. Befasst euch mit dem Kaufentscheidungsprozess. Was sind die Gründe, warum sich ein Kunde für euer Produkt entscheidet? Wird er auf dem Weg dahin gut beraten? Haltet ihr eure Versprechen ein?
Die Retourenquote könnt nur ihr als Händler oder die Industrie als Hersteller positiv beeinflussen. Ist doch logisch, oder?
Verbraucher die Lücken nutzen
Nicht mit in diese Überlegung einbezogen sind sämtliche Nutzer, welche euer Angebot betrügerisch oder semi-legal auszunutzen versuchen. Also z. B. die Flat-TVs nur für eine Haus-Party ordern, um sie später zurückzusenden, oder das Party-Girl, das etwas Hippes für den nächsten Clubbesuch braucht. Es wäre natürlich falsch, diese Kundengruppen in diesem Kontext zu betrachten. Bedenkt das bitte. 🙂
In unserer aktuellen D2C-Post-Purchase-Experience-Studie haben wir unter anderem die Rücksendebedingungen von D2C-Brands und Corporates verglichen und kamen zu dem spannenden Ergebnis: Während von den Corporate Brands 82% kostenlos retournieren lassen, sind es bei den D2C-Brands nur 48%. Offenbar sind die jungen Herausforderer mutiger darin, zu experimentieren, wie sich Retourekosten auf die Kundenzufriedenheit, die Conversion Rates und die Retourenquoten auswirken. Ein Vergleich mit den Ergebnissen im nächsten Jahr wird da sicher interessant.
Hier findet ihr alle Ergebnisse: https://parcellab.com/de/research/d2c-post-purchase-experience-studie-2023
Danke dir Anton für diesen Post! LG Mark