Amazon Haul startet in Deutschland: Der Temu-Klon, der keiner sein will – oder das nächste Catch by eBay? Und wie ihr darauf verkaufen könnt!

Anleitung, Einordnung, Analyse & Händlerblick auf Amazons neuestes Billig-Beta-Projekt

Wenn Amazon eine neue Plattform startet, horcht der E-Commerce auf. Der Launch von Amazon Haul in Deutschland ist dabei nicht irgendein Nebenfeature, sondern könnte sich als wichtiger strategischer Schritt im Wettbewerb mit Temu erweisen – oder als weiterer Fehlschlag in Amazons Liste an Experimenten, die in Europa nie wirklich gezündet haben. Erinnern wir uns: 2018 versuchte eBay mit „catch“, eine Antwort auf Wish zu liefern. Das Projekt war nach weniger als zwei Jahren wieder verschwunden.

Amazon Haul ist nun die neue Antwort auf die Temu-Dominanz im Billig- und Impulskauf-Segment. Die Frage ist nur: Wird Haul mehr als ein kurzer Ausflug ins App-Ghetto der Online-Plattformen?


Was ist Amazon Haul?

Amazon Haul ist eine Art Mini-Amazon innerhalb der Amazon-Shopping-App. Angeboten werden tausende Lifestyle-, Fashion- und Haushaltsprodukte – alle zu Preisen unter 20 Euro, die meisten sogar unter 10 Euro, einige schon für 1 Euro.
Das Besondere: Amazon Haul ist ausschließlich über die App nutzbar. Sucht man auf dem Desktop nach „Haul“, erscheint lediglich ein QR-Code. Dieser muss mit dem Smartphone gescannt werden, um zu den Angeboten zu gelangen.

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Noch spannender: Die dort gelisteten Produkte sind nicht über die normale Amazon-Oberfläche kaufbar. Zwar werden sie in der allgemeinen Amazon-Suche mit angezeigt, doch ein Kauf ist nur innerhalb von Haul möglich.

Amazon inszeniert Haul damit als eigenen Kosmos – fast schon wie ein fremdes Subuniversum innerhalb des Marktplatz-Giganten.


Temu lässt grüßen – nur eleganter

Amazon Haul bedient genau die Zielgruppe, die derzeit von Temu, Shein & Co. eingesammelt wird: Schnäppchenjägerinnen, Influencer-Shopper, impulsive „Ich gönn mir das“-Käufer. Doch wo Temu mit blinkenden Glücksrädern, täglichen Geschenken und aggressivem Rabattroulette arbeitet, wirkt Amazon Haul vergleichsweise zurückhaltend. Die Gamification-Elemente sind subtiler – es gibt kleine Rabattstufen ab 50 Euro Warenwert (5 %) und 10 % ab 75 Euro, dazu Label wie „krass günstig“ und ein charmantes Scroll- und Stöbererlebnis.

Klar ist: Amazon versucht, Temus Erfolgsrezept zu kopieren, aber mit mehr Seriosität. Die gewohnte Amazon-Verlässlichkeit soll der USP sein: schnelle Lieferung (innerhalb von zwei Wochen), kostenlose Rückgabe binnen 15 Tagen, EU-konforme Sicherheitsprüfungen und das gewohnte Amazon-Kundenkonto.


Déjà-vu mit Catch by eBay – was anders ist

2018 startete eBay in Deutschland die Plattform „catch“. Auch sie war eine Reaktion auf das boomende Billigmodell von Wish. Der Ansatz: coole, günstige Produkte gebündelt in einer stylischen Oberfläche. Doch catch hatte einen Konstruktionsfehler: Es zeigte ausschließlich bestehende eBay-Listings an. Es war im Grunde nur ein neuer Look für alte Inhalte – ohne eigene Identität.

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Amazon Haul ist da konsequenter. Die Produkte sind exklusiv im Haul-System gelistet. Es gibt also keine einfache Filterung des bestehenden Marktplatzes, sondern eigene Listings, die zentral kuratiert werden. Haul funktioniert inhaltlich wie ein separates Amazon – eine wichtige Abgrenzung zum eBay-Versuch.


Wie können Händler auf Haul verkaufen?

Aktuell ist Amazon Haul nur für ausgewählte Händler geöffnet – die Plattform befindet sich in einer Art Beta-Modus. Dennoch lässt sich bereits absehen, wie das Listing funktioniert.

🔧 So wird verkauft:

  1. Zugang über Einladung oder Haul-Team-Freischaltung
    • Aktuell vergibt Amazon Zugänge selektiv.
    • Händler müssen aktiv angefragt oder vorgeschlagen werden.
  2. Eigenes Listing für Haul erforderlich
    • Produkte müssen als Haul-Angebot gesondert angelegt werden.
    • Bestehende Amazon-Angebote können nicht automatisch übernommen werden.
  3. Preise, Versand und Zoll
    • Produkte stammen laut den Verkaufsbedingungen aus Nicht-EU-Lagern (China).
    • Der Kunde tritt als Einführer auf – Amazon US ist juristisch der Verkäufer.

Aus Kreisen nahe Amazon wurde bekannt, dass das “Amazon Haul”-Programm derzeit für alle bestehenden Verkäufer geöffnet ist, deren Produkte die festgelegten Kriterien erfüllen. Dieses Programm integriert Artikel von Verkaufspartnern, die ihre Produkte entweder in der Nähe des Amazon-Logistikzentrums in Dongguan, Provinz Guangdong, China, lagern oder die operative Fähigkeit zur Anlieferung dorthin besitzen.

Amazon plant, seine Zusammenarbeit mit weltweiten Verkaufspartnern fortzusetzen. Dabei sollen Erkenntnisse aus Kundenfeedback genutzt werden, um die Logistikkapazitäten für “Amazon Haul” kontinuierlich auszubauen.

  1. Produktkriterien
    • Alle Artikel müssen unter 20 Euro liegen.
    • Amazon prüft besonders auf Produktsicherheit, CE-Kennzeichnung und Kundenbewertungen.
  2. Versandlogistik
    • Die Lieferung erfolgt direkt aus den Lagern in China, innerhalb von 14 Tagen.
    • Rückgabeoptionen bestehen über deutsche Rücksendeadressen.

Wer als Händler teilnehmen will, sollte sich direkt an seinen Amazon-Kontakt oder an den BuVeC e.V. wenden. Eine offene Anmeldeseite existiert aktuell nicht.


Rechtliches und Logistik: Import aus Nicht-EU-Ländern

Ein zentraler Punkt bei Haul ist der rechtliche Rahmen: Amazon verkauft die Produkte nicht über Amazon Deutschland, sondern über Amazon US. Damit ist jeder Kauf ein Import aus Drittländern. In den AGB ist klar geregelt:

  • Der Käufer ist rechtlich Importeur, inklusive Zollabwicklung.
  • Amazon US beauftragt dabei Transportdienstleister, die als Zollvertreter auftreten.
  • Kunden zahlen pauschale Importgebühren, die beim Kauf angezeigt werden.

Das bedeutet: Haul ist in Wahrheit ein Cross-Border-Marktplatz, bei dem Amazon nur logistisch und technologisch vermittelt. Händler müssen sich dessen bewusst sein – insbesondere was Produktsicherheit, Steuern und Rücksendungen betrifft.


Wie ernst meint es Amazon mit Haul?

Die Investitionen in Haul sind spürbar: neue App-Funktionalitäten, eigene Suche, individuelle Checkout-Strecke, separate Rückgaberichtlinien. Es wirkt nicht wie ein Schnellschuss, sondern wie eine strategische Plattformergänzung, die langfristig bestehen soll – vorausgesetzt, sie liefert ab und wird von Verbrauchern angenommen.

Doch entscheidend wird sein, ob sich Haul im deutschen Markt behaupten kann. Temu hat mit massiver Werbung, niedrigen Preisen und aggressivem Empfehlungsmarketing innerhalb von Monaten Millionen Nutzer gewonnen. Amazon vertraut auf die bestehende Kundenbasis – das kann eine Stärke sein, ist aber ohne virale Elemente auch ein Risiko.


Fazit: Amazon Haul ist mehr als nur ein Feature – aber wird es ein Erfolg?

Amazon Haul ist die logische Antwort auf Temu – günstige Produkte, App-first, internationale Händler, gamifiziertes Shopping. Doch im Gegensatz zu eBays catch bietet Amazon mit Haul ein echtes, separates System mit exklusiven Listings, eigenen Bedingungen und einer konsistenten UX.

Ob das genügt, hängt von zwei Dingen ab:

  1. Nimmt die Zielgruppe das neue Format an?
  2. Zieht Amazon Händler in ausreichender Zahl und Qualität an?

Für Händler ist Haul spannend – aber auch anspruchsvoll. Es bietet Zugang zu einer neuen, preisfokussierten Zielgruppe, erfordert aber auch Geduld, rechtliche Sorgfalt und sehr aggressive Kalkulation.

Der große Vorteil für Amazon: Wenn Haul scheitert, hat es den Marktplatz selbst nicht beschädigt. Doch wenn es funktioniert, könnte es das größte Amazon-Experiment seit dem Prime Day werden. Und noch ein wesentlicher Unterschied: Temu subventioniert mit eigenen Mitteln die Verkaufspreise. Amazon tut das nicht.


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