Amazon-Händler haben einen harten Monat hinter sich: Widersprüchliche Aussagen, eine mangelhafte Kommunikation und ein sehr ärgerlicher Pricing-Bug setzte den ohnehin schon Corona-gebeutelten Händlern kräftig zu. Mittlerweile scheint sich Deutschlands führender Online-Marktplatz gefangen zu haben – und sich mit einer konsistenteren Kommunikation und Kulanzversprechen um seine Seller zu bemühen. So positionierte sich Amazon nun klar zum Thema Accountsicherheit und entwickelte gemeinsam mit der DIHK ein Webinar für Seller mit Tipps zum Umgang mit der Krise. „Seit drei Wochen kommunizieren wir im Seller Central nahezu täglich die neuesten Entwicklungen“, sagt Markus Schöberl, Director Seller Services bei Amazon Deutschland, im Interview mit shopanbieter.de. Doch wie das gesamte Land navigiere auch Amazon derzeit „auf Sicht“ – und wirbt bei den Verkaufspartnern um Verständnis.
Herr Schöberl, wie geht es den Amazon-Händlern aktuell in der Corona-Krise?
Markus Schöberl: Unsere Verkaufspartner haben ganz unterschiedliche Herausforderungen zu meistern: von erkrankten Mitarbeitern über Einschränkungen bei Transportdienstleistern bis hin zu leeren Lagern und ausbleibenden Annahmen in Amazon Logistikzentren. Auf der anderen Seite verzeichnen viele Verkaufspartner gerade aktuell eine sehr hohe Nachfrage. Sie alle navigieren, ebenso wie viele andere Unternehmen, auf Sicht. Wir beobachten die Entwicklungen deshalb sehr genau und konzentrieren uns auf das, womit wir in dieser Situation am besten helfen können: unseren Verkaufspartnern zu ermöglichen, weiterhin Umsätze zu generieren. Jeder Artikel, den sie verkaufen, hilft ihnen, ihr Geschäft aufrechtzuerhalten und Existenzen und Arbeitsplätze zu sichern. Und Kunden wird dadurch ermöglicht zu Hause zu bleiben.
Vor allem zu Beginn der Corona-Krise waren viele Marketplace-Händler stark verunsichert, da sie wichtige Informationen nicht rechtzeitig erreichten bzw. in der allgemeinen Hektik möglicherweise untergingen – beispielsweise die Einschränkungen durch das in den Amazon-Lagern nicht mehr stattfindende Zwei-Mann-Handling. Welche Maßnahmen hat Amazon ergriffen, um einen schnellen Kommunikationsfluss sicherzustellen?
Schöberl: Priorität hat die Sicherheit unserer Mitarbeiter. Sicherheitsmaßnahmen wie Sicherheitsabstände, angepasste Schichtmodelle und Pausenzeiten sowie die verstärkte Desinfektion und Reinigung von Betriebsstätten beeinflussen die Arbeitsabläufe. Das ist bei einem Netzwerk von tausenden Mitarbeitern an über 30 Standorten in Deutschland in so kurzer Zeit ein Kraftakt. Aktuell müssen wir bestimmte Produkte bei der An- und Auslieferung priorisieren. Die Konsequenzen dieser Priorisierung betreffen auch uns selbst, im Eigenhandelsgeschäft, also Amazon Retail. Sie betreffen aber leider auch unsere Verkaufspartner, die den Versand über Amazon (FBA) nutzen. Wir haben uns damit nicht leichtgetan. Umso mehr bitten wir unsere Verkaufspartner um Verständnis und Flexibilität – im Interesse der Menschen, die sich auf uns verlassen. Wichtig ist aber auch festzuhalten, dass diese Priorisierung bei der An- und Auslieferung nur Produkte, die durch Amazon versendet werden, betrifft. Man darf nicht vergessen, dass es zehntausende Verkaufspartner gibt, die ganz oder teilweise im Eigenversand oder mit Prime durch Verkäufer verschicken. Dies funktioniert bislang relativ reibungslos, aber auch hier beobachten wir die Entwicklung sehr genau und sind im engen Austausch mit Verkaufspartnern und Transportdienstleistern.
Seit mehr als drei Wochen kommunizieren wir in Seller Central nahezu täglich über die neuesten Entwicklungen. Wir bieten dort auch Unterlagen an, die unseren Verkaufspartnern konkrete Empfehlungen, Tipps und Schritt-für-Schritt-Anleitungen geben. Anfang April haben wir z. B. zusammen mit der DIHK ein Webinar aufgesetzt, um zum einen auch in dieser Form noch mal über die neuesten Entwicklungen bei uns und entsprechende Tipps zu informieren, aber auch die zur Verfügung stehenden externen Hilfsmöglichkeiten zu verdeutlichen. Das kam sehr gut an und wir werden dies regelmäßig wiederholen. Darüber hinaus publizieren wir auch in Seller Central fortwährend neue Fragen und entsprechende Antworten (FAQs). Übrigens: Unser Country Manager Ralf Kleber hat kürzlich in einem Interview dazu aufgerufen, bei unseren Verkaufspartnern zu bestellen.
FBA-Händler, die mit nicht essenziellen Produkten handeln, leiden unter den langen Lieferzeiten, die aktuell gelten. Wie lange muss noch mit diesen verlängerten Lieferzeiten gerechnet werden?
Schöberl: Wir möchten sicherstellen, dass Kunden in dieser Situation weiterhin das erhalten, was sie am dringendsten benötigen. Weil sich die neuen Prozesse mittlerweile aber eingespielt haben, können wir diese Liste nun nach und für einzelne Artikel erweitern, müssen aber natürlich auch täglich auf Sicht fahren, um die gestiegene Nachfrage mit den zur Verfügung stehenden Kapazitäten in unserer Logistik in Einklang zu bringen. Und damit unsere Verkaufspartner wissen, für welche Produkte sie Sendungen erstellen können, haben wir in Seller Central die Seite „Lagerbestand auffüllen“ und den Bericht „Lagerbestand auffüllen“ aktualisiert. Auch wir wünschen uns eine baldige Rückkehr zur Normalität, die ohne Priorisierung von Produkten zurechtkommt, und arbeiten mit Hochdruck daran.
In der Corona-Krise hat Amazon sehr viele Listings gelöscht oder gesperrt, um Preis-Wucher vorzubeugen…
Schöberl: Wir bieten keinen Raum für Preistreiberei bei Amazon. Gerade jetzt sollten Produkte zu fairen Preisen für alle Kunden zugänglich und erhältlich sein. Deshalb haben wir im Einklang mit unseren bekannten Verkaufsrichtlinien kürzlich zehntausende Angebote gesperrt oder entfernt. Unsere Systeme zur Verhinderung von Preistreiberei sind dynamisch und versuchen, neben einem positiven Kundenerlebnis auch die Unterschiede in der lokalen Gesetzgebung zu berücksichtigen. Wir sind uns dabei bewusst, dass viele Verkaufspartner infolge der globalen Pandemie mit Preissteigerungen bei Waren, Transport und Arbeitskraft konfrontiert sind – auch diese dynamischen Entwicklungen berücksichtigen wir bei der Anpassung der Preisschwellen.
Die automatischen Löschungen treffen jedoch auch viele unschuldige Händler, die die betreffenden Artikel schon teilweise jahrelang verkaufen und auch in der Krise nicht an den Preisen geschraubt haben. Andere Listings sind vom sogenannten Preisfehler-Bug betroffen, den die Händler selbst nicht beheben können. Wie können Händler, die ungerechtfertigt von Löschungen oder Suspendierungen betroffen sind, schnell mit Amazon in Kontakt treten?
Schöberl: Verkaufspartner, die der Meinung sind, dass sie fälschlicherweise von den Maßnahmen betroffen sind, können uns über den Kennzahlenmonitor Verkäuferleistung darauf hinweisen. Die Option finden sie unter „Kundenzufriedenheit“ und „Verkäuferleistung“. Im Block „Einhalten von Produktrichtlinien“ kommen sie über „Verstöße gegen Angebotsrichtlinien“ zum Grund „Price Gouging“ und können widersprechen. Mein Team arbeitet jeden Tag im engen Austausch mit unseren Verkaufspartnern daran, Unternehmen jeder Größe beim erfolgreichen Verkauf auf Amazon zu unterstützen – grundsätzlich sind wir aber auch davon überzeugt, dass langfristig zufriedene und wiederkehrende Kunden die beste Investition in den Erfolg unserer Verkaufspartner sind.
Am Karfreitag haben Sie Ihre Seller im Seller Central darüber informiert, dass Account-Sperren wegen Corona-bedingten Schwächen in der Verkäuferperformance bis 15. Mai ausgesetzt sind. Was heißt das konkret?
Schöberl: Selbstverständlich berücksichtigen wir die aktuelle Situation, um die Konten unserer Verkaufspartner vor den Auswirkungen der durch COVID-19 bedingten Störungen zu schützen. Dies betrifft insbesondere die „Rate verspäteter Lieferungen“ und die „Stornorate vor Erfüllung“ für Artikel im Eigenversand. Bereits seit dem 20. März sind die Konten unserer Verkaufspartner vor einer Herabstufung bezüglich dieser beiden Leistungsmetriken geschützt. Die Maßnahmen zum Schutz der Verkäuferleistung gelten zunächst bis zum 15. Mai, wobei wir die Situation weiter beobachten werden. Darüber hinaus können uns Verkaufspartner jederzeit mitteilen, wenn ihre Leistungskennzahlen von den Entwicklungen rund um COVID-19 beeinflusst wurden. Dafür reicht eine kurze Beschreibung, wenn sie auf die entsprechenden Leistungsbenachrichtigungen im Seller Central antworten. Wir werden solche Hinweise entsprechend berücksichtigen, wenn wir die aktuelle Leistung der Accounts bewerten. Da zuverlässige Lieferversprechen für Kunden in dieser Zeit besonders wichtig sind, empfehlen wir allen Verkaufspartnern ihre eigene Performance eng zu überwachen und proaktiv in die Kommunikation mit den eigenen Kunden zu treten, wenn es etwa zu Lieferverzögerungen kommt.
Vielen Dank für das Gespräch.
Sehr interessant wie Herr Schöberl völlig in einer Traumwelt lebt oder bewußt vollkommenen Unsinn redet. Es ist kein Geheimnis, dass der ohnehin in den letzten Jahren immer schlechter gewordene Verkäuferservice spätestens nach den Verhandlungen mit dem Bundeskartellamt komplett durchdreht, Verkäufern droht, simple Zusammenhänge angeblich nicht erkennt, gegen etliche Richtlinien vorsätzlich verstößt um zu zeigen, wie unbeeindruckt man ist. Auch jetzt kann es ja kaum an amazon vorbeigegangen sein, dass sowohl Bundeskartellamt wie auch die Bundesnetzagentur ermitteln und sich inzwischen Händler in geschlossenen Benutzergruppen organisieren und die strukturell aufgebaute Verkäuferservice-Masche enttarnen. Es handelt sich nicht um Einzelfälle, sondern schlicht um geplante und deshalb immer gleich verlaufende Fälle, die zum Nachteil der Verkäufer. Es wird unzulässig Druck ausgeübt und Macht missbraucht. Obwohl dieses sogar Herrn Schöberl bekannt sein sollte, macht er sich mit seinen Aussagen hier eher lächerlich.
wen wir mal alle ehrlich sind, ist das was der Schöberl hier antwortet immer das selbe was wir in den letzten Jahren in solchen Interviews zu lesen bekommen. Des Weiteren sind einige seiner Aussagen Kilometerweit von der Realität die wir als Händler erfahren und wahrnehmen, entfernt. Ich für meinen Teil kann die meisten Maßnahmen, die Amazon während der Corona kriese unternommen hat, verstehen. Was ich allerdings nicht verstehe und auch nicht akzeptieren kann, ist die Kommunikationskultur die Amazon während dieser Krise uns Marketplacehändlern an den Tag legt. Hier sind sie sich mal wieder treu geblieben: erst handeln, und dann irgendwann mal kommunizieren!!! Mir als kleinen Händler der auf Platformen wie Amazon angewiesen ist, bleibt nichts anderes übrig als das so hinzunehmen. Wenn ich dann noch lese, dass Amazon mittlerweile (leider) systemrelevant sein könnte (z.B. hier: https://boerse.ard.de/aktien/amazon-setzt-gegen-corona-auf-waermebildkameras100.html) dann bekomme ich echt Angst. Wenn Amazon wirklich systemrelevant ist, dann müsste m.E. dieses auch von den Behörden reguliert und kontroliert werden. Wird das passiern? Ich glaube nicht das traue ich unseren Behörden leider aktuell nicht wirklich zu. Stattdessen wird mal wieder ein Papiertiger wie die Kartellbehöde auf Amazon losgelassen.
“Mein Team arbeitet jeden Tag im engen Austausch mit unseren Verkaufspartnern daran, Unternehmen jeder Größe beim erfolgreichen Verkauf auf Amazon zu unterstützen”
Komisch, er sieht gar nicht wie ein Bot aus. Und ich bezweifle, dass er ueberhaupt ein Wort Indisch spricht.
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Bitte bitte bitte solche Selbstbeweihraeucherung (welche IMHO in grossen Teilen die Realitaet karrikiert) redaktionell bewerten. Unbedarfte Leser koennten ansonsten einen voellig falschen Eindruck der tatsaechlichen Verhaltensweise von Amazon den Haendlern gegenueber erhalten.
Amazon macht doch alles in Sachen Marketplace über Luxemburg und so ist es doch erstaunlich, dass sich Leute, die bei Amazon Deutschland sind, dazu äußern können. Oder ist das ein Hinweis, dass man das Geschäft doch über Deutschland macht? Würde steuerlich und juristisch viel ändern.