So urteilt jedenfalls das LG Köln in einem noch nicht rechtskräftigen Urteil (Az. 81 O 106/20). Zwei Agenturen die Haartransplantationen in der Türkei vermitteln streiten sich wegen wettbewerbswidriger Werbung. Ein Protagonist wirbt mit Vorher-nachher-Fotos auf YouTube und Instagram.
Das Landgericht Köln sieht darin einen Verstoß gegen den Paragrafen 11 Absatz 1 Satz 3 Nummer 1 des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (Heilmittelwerbegesetz – HWG). In dem Gesetz ist eine vergleichende Werbung mit Medizinprodukten verboten. Die Gerichtsentscheidung betrifft also alle Anbieter von Medizinprodukten die eine vergleichende also Vorher-nachher-Darstellung nutzen, wie zum Beispiel Abnehmhilfen.
Den Richtern ist es sogar egal, dass der YouTube-Beitrag ursprünglich redaktioneller Inhalt war:
»Insoweit handelt es sich auch um eine Werbung der Beklagten.
Unerheblich ist, ob das Video bei Aussendung über den TV-Sender als ein redaktioneller Beitrag anzusehen ist, der deshalb nicht als Werbung zu bezeichnen ist.
Indem die Beklagte dieses Video auf ihrer Internetseite eingebunden hat, hat sie dieses Video für ihre eigenen Zwecke als Werbung benutzt. Dabei verstärkte die redaktionelle Gestaltung, im Sinne einer neutralen Berichterstattung gerade den Werbeeffekt zugunsten der Beklagten.
Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, sie habe keine Erlaubnis zur Bearbeitung des Videos erhalten, insbesondere also nicht zur Entfernung der Passage mit den Vorher-nachher-Bildern. In diesem Fall hätte die Beklagte von der Einbindung des Videos auf ihrer Internetseite absehen können und müssen.«
Bei dem Instagram-Post monierten die Richter die Verlinkung, also die Zueigenmachung von Inhalten durch Linksetzung:
»Danach ist bei einem Hyperlink – anders als bei einem Deeplink, der direkt zu den beanstandeten Bildern führt – zwar nicht ohne Weiteres anzunehmen, dass sich derjenige, der den Link setzt, den gesamten Inhalt der Seite, auf die verlinkt wurde, zu Eigen machen möchte, soweit es keine besonderen Anhaltspunkte dafür gibt. Auch im vorliegenden Fall dient der Link primär dazu, interessierten Verbrauchern die Möglichkeit einer weiteren Recherche bei der Partnerklinik zu ermöglichen. Daraus folgt noch nicht, dass sich die Beklagte sämtliche Inhalte der Seite zu Eigen machen wollte.
Allerdings folgt die Verantwortlichkeit der Beklagten aus dem Gesichtspunkt der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflichten. (…)«
Und es hilft euch nicht, dass ihr euch darauf beruft, dass der Link ja Drittinhalte zeigt. Ihr seid zur Prüfung verpflichtet:
»Nach diesen Grundsätzen traf die Beklagte eine gesteigerte Verantwortlichkeit zur Überprüfung der Seite, auf die verlinkt wurde. Die Verlinkung sollte interessierten Verbrauchern die Möglichkeit geben, sich über das Vermittlungsangebot der Beklagten näher zu erkundigen. Mit Recht weist die Klägerin darauf hin, dass zwischen der Beklagten und der (…)-Klink eine geschäftliche Verbindung besteht, sodass durch den Link auch das Vermittlungsangebot der Beklagten näher konkretisiert wird. In einem solchen Fall, der zudem sensible Werbung im Gesundheitsbereich betrifft, sind erhöhte Anforderungen an die Prüfungspflicht zu stellen.«
Die Beklagte genügte den Anforderungen an die Prüfungspflichten nicht.
»Soweit die Beklagte in Zweifel stellte, ob die beanstandeten Vorher-nachher-Bilder zum Zeitpunkt der Verlinkung bereits vorhanden waren, deutet das darauf hin, dass die Beklagte eine Überprüfung der Seite, auf die verlinkt wurde, gerade nicht vorgenommen hat. Insoweit hat die Klägerin anhand der Daten des Links sowie der Daten der eingestellten Bilder belegt, dass die Bilder zum Zeitpunkt der Verlinkung bereits auf der Seite vorhanden waren.
Hinzu kommt, dass die Bilder jedenfalls zum Zeitpunkt der Abmahnung und auch noch danach vorhanden waren, ohne dass die beklagte Veranlassung gesehen hat, die Verlinkung zu beenden.«
Dieser Rechtsstreit hätte vermieden können, wenn ihr VORHER eure Werbung durch einen Rechtsanwalt überprüfen lassen hättet. Aber: Hier einen Rechtsstreit zu führen ist auch unsinnig. Überraschend ist das Urteil nicht. Die Frage sollte also erlaubt sein, ob die Beklagte richtig beraten war, keine Unterlassungserklärung zu unterschreiben. Bedenkt: Die Abmahner werden zwar als ›die Bösen‹ wahrgenommen, die Verteidiger verdienen aber genauso gut an solchen Verfahren.
Fazit: Eignet euch eine Sensibilität an, wenn ihr werbt. Es gibt nun einmal einige Produktkategorien, die besonders stark reguliert sind. Besser eine Stunde in einen Anwalt investieren als später ein paar tausend Euro in eine Abmahnung. Wägt gut ab!