Nürnberg wird sicherlich nicht als Eintrittskanal für illegale Waren erwartet. Daher sind die Zahlen die das Hauptzollamt aktuell veröffentlicht bemerkenswert. Nicht zuletzt deshalb, weil sie Anhaltspunkte über die Dimension von illegalen Einfuhren nach Deutschland geben.
»Massenweise Waren, deren Einfuhr verboten ist, kamen beim Nürnberger Zollamt Hafen seit Anfang April 2021 in Postpaketen aus unterschiedlichsten Ländern an.
Aus knapp 40 Paketsendungen wurden gefälschte Markenartikel – darunter Bekleidung, Schuhe und Taschen verschiedenster Hersteller – im Rahmen der zollamtlichen Abfertigung aus dem Verkehr gezogen. Der Wert der Originalwaren hätte sich auf knapp 160.000 Euro belaufen. Angemeldet wurde jedoch immer nur ein Bruchteil des Originalpreises.
Die Empfänger werden nicht nur auf die Ware und wahrscheinlich die Rückerstattung des Kaufpreises verzichten müssen, sie erwarten gegebenenfalls noch Ansprüche des Markenrechtsinhabers. So musste zum Beispiel eine unbelehrbare Frau aus dem Großraum Nürnberg, nachdem sie sich zum zweiten Mal gefälschte Textilien eines Luxusmarkenherstellers liefern ließ, 1.000 Euro an den Rechteinhaber bezahlen.
»Besonders bedenklich sind auch die vielen Fälle, in denen wir Arzneimittel sichergestellt haben«, so Martina Stumpf, Pressesprecherin beim Hauptzollamt Nürnberg. »Bereits in über 90 Fällen wurde das Zollamt Hafen in diesem Jahr schon tätig, was fast der Gesamtzahl aus 2020 entspricht. Der Zoll schützt mit diesen Beschlagnahmen die Verbraucher*innen vor gesundheitlichen Risiken und Schäden.«
Privatpersonen dürfen nach dem deutschen Arzneimittelrecht im Wege des Post- oder Kurierversands grundsätzlich keine Arzneimittel aus dem Ausland beziehen. Hierbei ist zu beachten, dass auch Präparate, die im Ausland frei gehandelt werden, wie zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel oder Vitaminpräparate, in Deutschland als Arzneimittel gelten können und dann dem Arzneimittelgesetz unterliegen. Damit soll sichergestellt werden, dass nur Arzneimittel nach Deutschland gelangen, die nach arzneimittelrechtlichen Gesichtspunkten unbedenklich sind.
Die gefälschten Markenartikel werden wie die Arzneimittel vernichtet. Die Empfänger müssen mit Geldbußen oder -strafen rechnen«, so die Presseerklärung des Nürnberger Zolls.
Erfreulich zu lesen ist, dass die Rechteinhaber auch gegen Verbraucher vorgehen. Aus Händler- und Handelssicht ist es gut, dass hier gegenüber den Verbrauchern ein Risikobewusstsein aufgebaut wird. Aber wie sehen die Beschlagnahmen bundesweit aus?
Und das hat der deutsche Zoll 2020 beschlagnahmt
Etwa 3,7 Millionen Waren hat der deutsche Zoll 2020 beschlagnahmt. Bei der illegalen Ware handelt es sich meistens um gefälschte Markenprodukte. Die größte Anzahl an beschlagnahmten Artikeln stammt aus dem Bereich Elektronik, wie die Jahresstatistik der Bundeszollverwaltung zeigt.
Rund 255.000 Elektronikartikel wie Laptops und Tablets, sowie etwa 250.000 Mobiltelefone fielen dem Zoll im vergangenen Jahr bei Durchsuchungen in die Hände. Die drittbeliebteste Kategorie der Schmuggler sind Spielwaren und Sportartikel (232.147 Waren), gefolgt von Kleidung (206.566 Waren). Mehr als die Hälfte der Waren stammt dabei aus China und Hongkong. Weitere Hauptherkunftsländer sind die Türkei (12,5 Prozent), Singapur, Taiwan und die USA (zusammen 4,6 Prozent).
Gemessen an der Anzahl der eingeführten Warensendung – und das sind Milliarden an Paketen, Containern und LKW-Ladungen – dürfte die Dunkelziffer entsprechend hoch sein. Leider. Entsprechend hoch sind dann natürlich die nicht realisierten Zölle, Einfuhrabgaben und Strafen.
Mehr Prüfungen, bitte
Daher ist es wichtig, dass die deutschen und europäischen Prüfquoten der eingehenden Sendungen massiv angehoben werden müssen. Eine hohes Aufdeckungsrisiko schützt nicht nur Verbraucher, sondern auch den deutschen und europäischen Handel.