Nachdem ich bei meinem Vortrag auf dem Plentymarkets OHK 2016 die Herausforderungen deutscher Onlinehändler durch die Invasion chinesischer Händler dargestellt habe, und die enorme Relevanz erkannt habe, bat ich Dr Thomas Engels von der Kölner Kanzlei Lexea sich einmal im Rahmen einer Rechtsmeinung dieses Themas anzunehmen:
Haftet ein Plattformbetreiber für rechtswidrige Angebote, insbesondere für das Treiben von China-Händlern?
Vielen Verkäufern sind sie ein Dorn im Auge, die Angebote von Händlern mit Sitz in Fernost, die Waren zu Kampfpreisen anbieten und sich naturgemäß wenig um deutsche und europäische Vorschriften, insbesondere das Widerrufsrecht scheren.
Mit recht schnellem internationalen Versand und günstigen Preisen etablieren sich derartige Angebote auch auf den Marktplätzen:
Viele Anbieter scheuen sich, selbst gegen derartige Anbieter vorzugehen. Denn gerichtliche Entscheidungen können nur unter großer Anstrengung überhaupt zugestellt werden, eine Kostenerstattung ist in den meisten Fällen schlicht nicht durchsetzbar.
Es stellt sich also die Frage, ob nicht der Betreiber der Plattform hier tätig werden muss.
Im Bereich der absoluten Schutzrechte, etwa der Marken, ist seit über 10 Jahren in der Rechtsprechung des BGH etabliert, dass der Betreiber einer Plattform zwar nicht für jedes Angebot haftet, aber dennoch handeln muss, wenn er darüber informiert wird und schließlich wie für ein eigenes Angebot haftet, wenn er es trotz entsprechender Meldung nicht entfernt.
Diese Rechtsprechung hat jüngst ein wettbewerbsrechtliches Pendant erhalten, wo nämlich der BGH im Urteil vom 18.06.2015, Az. I ZR 74/14 entschieden hat, dass der Betreiber einer Internetseite für den von ihm verlinkten Inhalt haftet, wenn er vorher Kenntnis von dem Inhalt hatte oder den Link auf Hinweis nicht entfernt.
Diese Rechtsprechung dürfte ohne Weiteres auch in der hiesigen Konstellation gelten. Zwar kann – wie bei jedem Plattformbetreiber – nicht verlangt werden, dass jedes Angebot im Vorfeld geprüft wird, bevor es freigeschaltet wird. Denn das würde den Betrieb der Plattform lahmlegen.
Aber nach einer deutlich gehaltenen Information, warum das Angebot rechtswidrig ist, muss der Plattformbetreiber tätig werden. Und es gibt viele Gründe, warum ein Angebot rechtswidrig sein kann. Es ist nicht nur die fehlende oder falsche Anbieterkennzeichnung oder ein fehlendes Widerrufsrecht – auch das Produkt selbst kann unzulässig sein, wenn es beispielsweise mangels Zulassung in Deutschland oder Europa nicht verkehrsfähig ist. Ganz zu schweigen von Registrierungspflichten bei der Stiftung EAR nach dem ElektroG.
Wird der Plattform nach einem deutlichen Hinweis auf die rechtswidrige Natur des Angebots nicht tätig, so kann er selbst dafür haften – nicht nur bei Markenverstößen, sondern auch bei anderen Rechtsverletzungen. Und das schöne dabei ist: Die Rechtsprechung ist in Bezug auf die durch einen solchen Hinweis entstehenden weitergehenden Pflichten sehr streng. Denn der Betreiber muss dafür Sorge tragen, dass weitere Verstöße gleicher Art nicht noch einmal auftauchen. Ob er ein Filtersystem einsetzt oder gleich den betroffenen Seller ganz sperrt, bleibt ihm dabei überlassen.
Meine Meinung:
Ich kann verstehen dass die Plattform Marktplätze ein veritables CBT (=Cross Border Trade) fördern. Jedoch kann das nur passieren in dem die wettbewerbsrechtlichen Chancen aller Marktplatzteilnehmer gewahrt werden. Hier sehe ich auch bedingt die Aufgabe der Plattformen und Marktplätze das sicherzustellen. Wenn Sie auf der einen Seite viel dafür Unternehmen in den entsprechenden Ursprungsländern der Händler, zum Beispiel China, zu fördern und sogar Kredite vermitteln, dann scheint es mir nur ausgeglichen, dass sie auf der anderen Seite auch die Verantwortung leben und sich verantwortlich zeigen müssen für wettbewerbswidriges Verhalten.
Denn letzten Endes ist ja das wettbewerbswidrige Verhalten nur einer von vielen Ungleichgewichten die dadurch entstehen das die chinesischen Händler ungehindert auf den deutschen Marktplätzen Plattformen listen können.
Produkt Sicherheit, Produkt Verantwortlichkeit, Verbraucherrechte und Registrierungspflichten bleiben genauso auf der Strecke wie auch die nicht gezahlte Umsatzsteuer. Der Umsatzsteuerschaden der meinen Schätzungen nach die Milliardengrenze überschreitet, hat bisweilen noch kaum Gehör bei der Politik, den Verbänden und den Medien gefunden.
Hallo,
interessanter Artikel.
Frage: Macht es Sinn, eine Meldung an Amazon zu senden, dass der Händler xyz aus China nicht bei der EAR registriert ist? Würde Amazon den Verkauf elektronischer Artikel von diesem Händler tatsächlich unterbinden, bis dieses Problem beseitigt ist?
Und wenn nicht? Die Chancen als Kleinunternehmer gegen Amazon etwas unternehmen zu können, dürften doch mehr als erfolglos sein, oder?
Ich bedanke mich im Voraus über eine Antwort.