In diesem Podcast geht es um Gesetze und Verordnungen auf Landes- und EU-Ebene, die für alle Online-Händlerinnen und -Händler dieses Jahr relevant werden bzw. schon sind. Selten zuvor standen so viele Gesetzesinitiativen zur Digital- und Nachhaltigkeitspolitik auf der Agenda. Über die Wichtigsten sprechen wir mit Oliver Prothmann, Mark Steier und Nikolaus Lindner.
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Transcript
Isabell: Hallo und herzlich willkommen, liebe Hörerinnen und liebe Hörer, zu einer neuen Folge unseres eBay Podcast. Wir freuen uns sehr, dass Sie auch heute wieder mit dabei seid. Und mein Kollege David und ich haben heute ein Thema vorbereitet, was vielleicht etwas trocken klingt, aber super spannend ist. Und dafür haben wir das erste Mal gleich drei Gäste auf einen Schlag bei uns heute mit dabei. Und ich freue mich an dieser Stelle heute Mark Steier, Oliver Prothmann und Nikolaus Lindner begrüßen zu dürfen. Hallo Ihr Drei!
David: Hallo auch von meiner Seite. Wir besprechen heute ein sehr wichtiges Thema und zwar welche EU-Verordnung und anderen Gesetze in diesem Jahr alle auf unsere Händlerinnen und Händler zukommen werden und was diese auch bedeuten werden. Ganz sicher schaffen wir keine komplette Auflistung. Wir wissen alle, dass da einiges auf uns zukommt. Daher haben wir uns einmal die allerwichtigsten aus Händler Perspektive herausgepickt. Mark, fangen wir einmal mit dir an. Magst du etwas über dich erzählen?
Mark Steier: Ja, Hallo. Mein Name ist Mark Steier. Ich betreibe den Blog Wortfilter.de den kennt vielleicht der ein oder andere. Dort schreibe ich über Marktplatz- und E-Commerce- Themen, kritisch, oft sehr direkt und manche sagen auch provokativ. Und die einen oder anderen, die mir vor die Flinte laufen, müssen sich halt auch mal ein bisschen warm anziehen, weil sie von mir auch tatsächlich kritisiert werden.
Isabell: Sehr schön ausgedrückt. Oliver, möchtest du auch ein paar Worte zu dir sagen?
Oliver Prothmann: Ja, schönen Guten Tag. Mein Name ist Oliver Prothmann. Ich bin Präsident des Bundesverbandes Onlinehandel und seit vielen, vielen Jahren im E-Commerce unterwegs. Mein Steckenpferd sind insbesondere die Marktplätze und Plattformen. Hab mal für Telekom einen Marktplatz aufgebaut, für Ebay zum Beispiel, das Key Account Management damals aufgebaut und Paypal in Deutschland eingeführt. Ich sage nur das Thema Kontoauszüge. Die älteren Hasen unter euch werden wissen, worum es dort geht. Und seit fünf Jahren kümmere ich mich auch offiziell um chinesische Marktplätze, aber eben auch seit über 7 Jahren, jetzt ehrenamtlich als Präsident des BVOH. Und in dem Feld eben auch sehr viel mit Online-Händlern in Kontakt.
Isabell: Bevor wir jetzt das Wort weitergeben. Magst du einmal erklären, was das genau ist?
Oliver Prothmann: Sehr gerne. Es war 2006 und dort haben sieben Händler in Dresden den Bundesverband Onlinehandel gegründet. Es waren Ebay Händler und sie meinten ok, man sollte sich im Prinzip schon mal ein bisschen vernetzen und gemeinsam sowohl Richtung Marktplätzen als auch Politik unterwegs zu sein. Ja, seit sechs Jahren, sieben Jahren mache ich das jetzt als ehrenamtlicher Präsident und wir sehen uns als Interessenvertretung für den ehrbaren mittelständischen Multi-Channel-Händler. Das heißt, wir sind im Prinzip die Lobbyisten und wir sind unterwegs in Brüssel und in Berlin und versuchen auf die Gesetzgebung und Regulierungen Einfluss zu nehmen, damit eben auch die Politiker verstehen, was die neuen Regulierungen für den einzelnen Online-Händler dann auch wirklich bedeutet.
David: Das heißt, Sie kennen sich also auf jeden Fall richtig damit aus, worüber wir jetzt sprechen wollen.
Mark Steier: Und da möchte ich direkt einmal eingreifen und einfach zwischen hauen, weil ich der Meinung bin, dass da Oliver viel zu wenig Werbung für sich macht. Ihr könnt alle Mitglied werden beim BVOH und viele Händler beklagen, dass sie politisch sich nicht ausreichend vertreten sehen. Der BVOH ist tatsächlich der einzige Verband, der die Stimme der kleinen und mittleren Händler vertritt. Deshalb geht einmal auf die Internetseite BVOH.de und die die auch in Mitgliedsantrag. Es ist nicht teuer, dort Mitglied zu werden, aber es ist verdammt wichtig, damit auch eure Stimme Gehör findet.
Oliver Prothmann: Das nächste Bier gehört dir, Mark. Danke!
David: Dann wollen wir nun zuletzt noch zu Nikolaus kommen. Nikolaus, kannst du ganz kurz was zu dir sagen?
Nikolaus Lindner: Ja, gerne. Ich bin seit 2007 bei Ebay, bin von Haus aus Jurist und bin zuständig für die politische Kommunikation bei Ebay.
David: Das klingt jetzt für viele vielleicht nicht ganz so klar, was du machst, kannst Du noch mal genauer sagen, was genau deine Tätigkeiten sind und wie diese auch Händlerinnen und Händler beeinflussen?
Nikolaus Lindner: Sehr gerne. Ja, Oliver hat es ja so ein bisschen schon erklärt. Was macht eigentlich ein Lobbyist? Denn ein solcher bin ich nun mal. Ich bin für die Interessen zuständig und zwar nicht nur für die Interessen von Ebay, sondern eben auch für die Interessen von den Händlerinnen und Händlern und von Verbraucherinnen und Verbraucher, die den Ebay Marktplatz nutzen. Ich beschäftige mich also mit politischen, gesetzlichen Entwicklungen und versuche die im Sinne unserer Händler zu beeinflussen. Das heißt, wenn irgendwo der Schuh drückt und wir erfahren von den Händlern, dann bin ich das Sprachrohr zur Politik und teile ihnen mit, dass da Missstände vorherrschen. Es ist aber auch so, dass wir teilweise das gemeinsam mit den Händlern machen. Es gibt sogenannte “Fly Ins”, wo wir dann mit den Händlern gemeinsam zu den Politikern gehen und mit denen das dann besprechen.
Isabell: Also ich finde die Runde heute besonders spannend, weil ihr alle auf eure eigene Art und Weise oder mit euren Tätigkeiten die Händler ja vertretet und unsere Händlerinnen. Kannst du vielleicht ein paar Erfolge nennen, die ihr auf eure Kappe nehmen könnt von denen Händlerinnen und Händler profitieren?
Mark Steier: Da möchte ich erst mal noch mal reingrätschen und möchte noch Nikolaus ein klein wenig ergänzen. eBay hat ein ganz, ganz tolles Programm. Ihr könnt einmal googeln “Ebay Main Street”. Dort seht ihr auch, wie Ebay euch international in der Politik vertritt. Auf der einen Seite, auf der anderen Seite wenn ihr tatsächlich Nikolaus erreichen wollt, dann folgt ihm einmal auf LinkedIn oder aber auch auf Twitter. So könnt ihr ihn auch recht einfach kontaktieren. Und zwar wirklich dann, wenn auch was schief hängt. Und das muss nicht unbedingt nur eBay relevant sein. Es kann ja auch sein, dass ihr im Allgemeinen mit Vertriebswegen unzufrieden seid und auch hier könnt ihr euch an den Nikolaus wenden und er kann diese Dinge sowohl auf nationaler wie auch auf europäischer Ebene weiterreichen, und auch vortragen.
Nikolaus Lindner: Damit hast du dir gleich das nächste Bier verdient. Wunderbar. Aber vielleicht würde ich da gleich anschließen, weil tatsächlich eine Problematik, von der wir vor allem auch durch Händlerinnen und Händler erfahren haben, die ich quasi seit meinem ersten Tag bei Ebay kannte. Die Problematik das ist das sogenannte Abmahn-Unwesen. Das heißt, dass Händler, die akribisch durch das Netz durchgehen und leichte Verstöße finden, zum Beispiel beim Impressum, dann eben eine kostenpflichtige Abmahnung an den Wettbewerber schicken, an den anderen Händler und daraus sogar ein Geschäftsmodell machen. Und da ist es uns immerhin gelungen, jetzt einige gesetzliche Änderungen hinzubekommen, sodass es viel, viel schwerer ist, so eine unrechtmäßige Abmahnung an einen Wettbewerber zu schicken. Also das Geschäftsmodell Abmahn-Missbrauch ist auf jeden Fall deutlich schwerer geworden.
Isabell: Und mehr zu Abmahnungen: Da haben wir noch mal mit unserem Kollegen Tillmann eine separate Folge für diejenigen, die noch nicht so ganz wissen, was dahinter steckt. Gerne auch mal in die Folge reinhören. So und Mark, Du wolltest gerade auch noch was sagen.
Mark Steier: Ja, insbesondere das mit den Abmahnungen ist halt recht wichtig, dass jetzt ausdifferenziert ist durch diese Gesetzesänderung wo eBay daran mitgewirkt hat. Wer abmahnen darf, wer nicht abmahnen darf. Den Abmahnvereinen ist ein klein wenig das Handwerk gelegt worden. Auf der einen Seite, auf der anderen Seite ist dadurch aber auch den Händlern, die zu Recht Missstände ihrer Wettbewerber abmahnen wollen, die Möglichkeit gegeben, hier wieder ein klein wenig seriöser vorzugehen.
David: Oliver, was sind so ein paar Sachen, die du als Erfolg verbuchen würdest?
Oliver Prothmann: Also ich erinnere mich noch ganz gut, dass wir 2013 über 15.000 Unterschriften von Händlern bei der EU-Kommission übergeben haben. Damals ging es um Vertriebsbeschränkungen. Dieser Zeitpunkt war im Prinzip der Beginn meiner politischen Karriere dann in Brüssel. Und daraus resultierte dann 2016, dass die EU-Kommission mich anrief, weil nämlich der damalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker einer Abteilung bei der EU-Kommission mitgeteilt hat “Ihr müsst mal was gegen Plattformen tun”. Und daraus resultierte dann, dass eine EU-Kommissionsabteilung mich dann anrief und sagte So, ob ich denn mal vorbeikommen könnte, dann saß ich in so einem kleinen Eckbüro dann mit fünf Damen und Herren der EU-Kommission. Sie sagten so Wir müssen was gegen die Plattform tun. Wir wissen aber nicht genau was. Wir hatten uns überlegt, dass wir vielleicht mal die Gebühren regulieren. Und da sagte ich so Stopp, Stopp! Ich glaube, Gebühren sollte man nicht regulieren. Das sollte der Markt entscheiden. Aber es gibt dort sicherlich andere Themen, die man sich anschauen kann. Und daraus ist dann die sogenannte P2B Verordnung entstanden P2B für “platform to Business”. Und wir waren von Anfang an sehr stark dort involviert. Und ein Output daraus ist zum Beispiel die sogenannte Mediation. Das heißt Händler, die ein Problem mit einem Marktplatz oder einer Plattform haben, können, um nicht vor Gericht zu gehen, eine Mediation starten mit der Plattform und wir als BVOH bieten das zum Beispiel an für sehr viele Marktplätze und insbesondere z.B. auch für Ebay. Das heißt, wenn einer der Händlerinnen und Händler ein Problem hat und kann das mit dem Kundenservice, mit dem Beschwerdemanagement nicht alleine lösen, dann können wir gerne eine Mediation starten, um dann einvernehmlich zwischen beiden Parteien zu vermitteln, um schnell zu einer Lösung zu kommen und nicht vor Gericht gehen zu müssen.
Mark Steier: Da muss ich, glaube ich auch noch was dazu sagen. Was ist mein Erfolg? Mein Erfolge war 2015/16, dass ich das Thema Umsatzsteuerbetrug beziehungsweise wettbewerbliche Nachteile von Drittland-Händlern, damit waren insbesondere die chinesischen Händler gemeint, medial in den Vordergrund gerückt habe, sodass sehr, sehr viele Medien darüber berichtet haben und dann in der Folge auch die Politik sich für das Thema interessierte. In der Konsequenz das war dann halt auch die Regularien rund um die Umsatzsteuermeldung für Drittland-Händler geändert gesehen haben.
David: Sehr schön, wie ihr so viele Erfolge schon verbucht habt in verschiedenen Bereichen, die aber die Händlerinnen und Händlern durchaus direkt beeinflussen können. Wir wollen heute mit euch, wie bereits gesagt, zu den Gesetzen und Verordnungen aus Deutschland und auf EU-Ebene sprechen, die für unsere Händler dieses Jahr relevant werden bzw. es schon sind. Und es war selten so viele Gesetzesinitiativen zur Digital- und Nachhaltigkeits-Politik auf der Agenda von Kommission, Parlament und Mitgliedstaaten wie jetzt. Natürlich können wir in einer Folge nicht alle Änderungen behandeln. Von daher was sind denn eurer Meinung nach die wichtigsten Änderungen für unsere Händlerinnen und Händler?
Nikolaus Lindner: Ja, ich glaube ganz konkret kann man erst mal die neuen Regeln zur Gewährleistung und Warenkauf-Richtlinie hier erwähnen. Also warum ist das so wichtig? Gewährleistung bedeutet ja, dass der Verbraucher, die Verbraucherinnen mir etwas zurückschicken kann und ich das entweder reparieren muss oder oder ein Ersatz beschaffen muss und die Gewährleistungsfrist, die Gewährleistung betrug zwei Jahre beträgt sie weiterhin, aber früher war es so, dass nach 6 Monaten die Beweislast sich umgekehrt hat. Ist jetzt ein bisschen schwieriges Wort, aber es bedeutet eigentlich, dass ich als Händler nach 6 Monaten nicht mehr beweisen musste, dass meine Ware wirklich einwandfrei war. Und das hat sich jetzt geändert. Das ist jetzt ein Jahr. Das heißt, ein Jahr lang darf die Verbraucherin, der Verbraucher die Ware zurückschicken und sagen “Das war schon von Anfang an defekt, das Gerät”. Ich habe dann wie gesagt, die Möglichkeit, es zu reparieren oder einen Ersatz zu beschaffen. Das allerdings auch nur noch einmal. Ich habe also nur noch einen Versuch. Das ist jetzt ganz neu seit 2022.
Isabell: Und du hast gerade gesagt, das Gerät, das heißt, das Gesetz bezieht sich auf bestimmte Kategorien. 00:11:43 Nikolaus Lindner: Nein, das gilt ganz allgemein. Das ist die allgemeine Gewährleistung.
Oliver Prothmann: Es ist richtig, dass wir hier eine Gesetzesverschärfung haben und es zeigt aber auch wieder so ein bißchen wie die Gesetzgeber und Regulierungen denken, weil es ist ein Verbraucherrecht. Hierbei ist es eben so, dass wir eine Gesetzgebung haben, die jetzt verlängert wird im Sinne des Verbraucherrechtes. Und das haben wir bei sehr vielen Regulierungen. Und das macht es uns dann auch immer wieder ein bisschen schwer zu diskutieren, weil im Endeffekt das Verbraucherrecht ist wichtig und das Verbraucherrecht wird auch in Zukunft bei vielen Regulierungen eben ausschlaggebend sein. In diesem konkreten Fall ist es eben so, dass die Händler, die natürlich heute schon einen internen Prozess haben, um die halbjährliche Frist einzuhalten und dort eine Gewährleistung anzubieten, dass die jetzt um ein halbes Jahr verlängert wird auf ein Jahr. Das heißt, die Händler müssen hier ihre Prozesse intern anpassen, dass sie das gewährleisten können. Und das muss man natürlich dann auch tun, um diesem Gesetz Rechnung zu tragen.
Mark Steier: Ich sehe es allerdings auch so, dass teilweise die Gesetze auch die Händler in die richtige Richtung schubsen. Ja, also es ist richtig, dass der Verbraucherschutz in meinen Augen auch teilweise sehr, sehr hoch gehangen wird, aber auf der anderen Seite gewährleisten soll, dass auch der Onlinehandel für Verbraucher tatsächlich auch sicherer und transparenter wird.
David: Oliver, du hattest gerade schon die Warenkauf-Richtlinie erwähnt. Könnt ihr vielleicht ein bisschen was dazu sagen? Was ist das? Inwieweit ist das auch für Händler und Händler relevant, sich damit auseinanderzusetzen?
Oliver Prothmann: Warenkauf-Richtlinie ist auch eine neue Regulierung in der Hinsicht, dass wir hier über das Gesetz eine neue Definition haben für digitale Güter. Das heißt Produkte wie Handys oder wie Musikboxen oder wie Fernseher haben ja nicht nur das Produkt an sich, sondern haben alle eine Software Komponente und diese muss geupdatet werden. Und nun besteht eine Verpflichtung, auf Seiten des Händlers, dass der Kunde eben auch diese Geräte Software mäßig updaten kann. Dementsprechend muss er Informationen zur Verfügung stellen und das ist im Prinzip ein klarer Fortschritt hinsichtlich der Produktentwicklung, die wir haben. Und daraus resultiert dann die Gesetzgebung: Hier musst du als Händler eben dem Kunden auch die Möglichkeit geben, diese digitalen Güter immer aktuell zu halten.
Nikolaus Lindner: Und das war insofern auch sehr wichtig, weil es natürlich auch Mischformen gibt, zum Beispiel beim Fernseher, der eine Software Funktion hat. Ist das jetzt digital? Ist das jetzt ein physischer Gegenstand? Und da war es wichtig, dass es neue Regeln gab.
Mark Steier: Ich sehe es als besonders wichtig an, dass die Warenkauf-Richtlinie stark eingegriffen hat in unser Vertragsrecht, wie wir jetzt Verkäufer oder wie Verkäufer jetzt die Käufer zu belehren haben, hier insbesondere die Beschaffenheit der Vereinbarung. Wenn ihr jetzt Mangel-Exemplare verkauft, die von einer Beschaffenheit abweicht, dann ist es notwendig, dass ihr eine individuelle Vereinbarung mit euren Käufern trefft. Und das hat zu einer hohen Irritation geführt auf den verschiedenen Marktplätzen, dass die Händler nicht so ganz genau wussten, wie sie sich jetzt zu verhalten haben. Aber hier hat sich dann glaube ich, und das kann man schon seit ein paar Monaten oder nach ein paar Monaten sagen, dann doch wieder ein bisschen der Sturm gelegt. Die Händler haben begriffen, dass wenn sie einen gebrauchten Artikel verkaufen, dass mit der Begrifflichkeit gebraucht natürlich auch Abnutzungsspuren mit verbunden sind. Auf der einen Seite und wenn ein Artikel halt defekt ist, dann ist er tatsächlich auch defekt. Das heißt, in der Praxis wird diese Beschaffenheitsvereinbarung so häufig dann doch gar nicht gebraucht.
Nikolaus Lindner: Und da versuche ich mir jetzt mal mal ein Bier zu verdienen, weil Mark nämlich, großes Lob auch an ihn, weil er da mit zur Klärung beigetragen hat. Denn in der Tat, leider gibt es auch Anwälte, die so eine neue Gesetzesänderung dazu nutzen, ein bisschen Panik zu verbreiten und dann teilweise auch Interpretationen kund zu tun, die besonders schwierig sind. Das heißt, das, was Mark gerade dargestellt hat, dass zum Beispiel eine gebrauchte Ware natürlich gebraucht ist und man darüber nicht noch mal explizit belehren muss. Das war so erstmal nicht klar. Und da hat Mark auf jeden Fall mitgeholfen, dass da auch bei den Händlern Klarheit bestand.
Mark Steier: Das Kölsch ist bei Dir. Wichtig finde ich hier auch das, was der Nikolaus gesagt hat. Liebe Händler, lasst euch nicht von diesen Mandanten fischen, den Anwaltskanzleien und auch Angst säenden Anwaltskanzleien beeindrucken. Orientiert euch im Grunde genommen an interessenslosen Veröffentlichungen. Und das sind im Prinzip die Veröffentlichungen, die ihr seitens der unterschiedlichen Verbände erhaltet. Da ist eine Orientierung durchaus möglich und auch wenn Ebay, was sie in der Tat sehr gut gemacht haben, gerade im Hinblick auf die Warenkauf Richtlinie, Möglichkeiten, wie man sie händelt, veröffentlicht hat, dann sind die schon durchdacht und sie sind im Sinne der Händler.
Isabell: Das ist noch mal ein sehr guter Hinweis. Danke dafür, Mark. Ich habe gerade noch aufgeschnappt, dass als bevorstehende Änderung noch das Recht auf Reparatur kommt. Mögt ihr dazu noch ein paar Worte sagen?
Mark Steier: Mit dem Recht auf Reparatur haben wir im Grunde genommen erst einmal eine tolle Chance für die Händler, weil damit verlängert sich ein Produkt-Lebenszyklus und es ergeben sich daraus neue Geschäftsmodelle. Und wir sehen auch jetzt schon, auch wenn das erst in der Zukunft kommen wird und es auch noch relativ unspezifisch ist, dass die Hersteller sich schon darauf einstellen bei der Produktentwicklung. Wichtig für Händler, die jetzt eigene Produkte importieren, ist, dass sie sich auch hieran schon orientieren und ihre Hersteller nachfragen. Hört mal, wie sieht das denn aus? Wir haben aber auch im Kontext der Retouren Vernichtung respektive Retouren Verwertung, aber auch dann so eine andere Sache, die recht wichtig ist. Die haben wir so ein bisschen das Verbraucherrecht und der Wille, die Verbraucher zu schützen, das steht so ein bisschen entgegen dem, was den Händlern auferlegt wird. Und hier müssen wir schauen, dass wir immer schön eine Waage halten. Und da sind dann halt eben die Vereine und Verbände eben der BVOH. Wie aber auch die Arbeit vom Nikolaus sehr wichtig
Nikolaus Lindner: Und ganz konkret, es steht im Koalitionsvertrag drin. Das heißt, wir erwarten in den nächsten Monaten spätestens einen Gesetzesentwurf zum Thema Recht auf Reparatur.
Isabell: Gibt es denn auch Gesetzesänderungen, die jetzt quasi direkt vor der Tür stehen? Irgendwas, was jetzt bald kommen wird?
Nikolaus Lindner: Ja, ich glaube, wenn ich da kurz einsteigen darf. Auf jeden Fall sollten sich die Händler das Thema Verpackungsgesetz und Elektrogesetz angucken. Das Verpackungsgesetz, da gelten die Pflichten ohnehin schon. Aber gerade für die Plattform Händler wird es ab dem 1. Juli besonders spannend, weil dann nämlich die Plattformen kontrollieren werden, ob der Händler sich an das Verpackungsgesetz hält und ganz konkret, ob er sich einem dualen System angeschlossen hat und sich auch bei der zentralen Stelle registriert hat. Es sind also zwei Verpflichtungen, die ich in jedem Fall als Plattform Händler habe, als Online-Händler habe. Und die werden am 1. Juli 2022 überprüft werden von den Plattformen. Fürs Elektrogesetz habe ich noch ein paar Monate mehr Zeit. Da ist es dann der 1.1.2023. Aber die beiden Themen sollte ich auf jeden Fall, wenn sie mich denn betreffen und das Verfassungsgesetz wird eigentlich jeden Händler betreffen, sollte ich das auf jeden Fall auf dem Zettel haben.
Mark Steier: Ich glaube, hier müssen wir auch noch einen anderen Aspekt betrachten. Der Aspekt, dass die Händler sich daran halten. Ich glaube, ganz ehrlich, und da spreche ich ja sehr positiv, die meisten Händler werden sich daran halten. Wir haben aber jeden Punkt, das ist gerade für Drittland-Händler eine Herausforderung wird und diese Gesetzesänderung ist in meinen Augen wieder ein kleiner Baustein in Richtung Wettbewerbs-Fairness von Drittland Händlern vs europäischen Händlern.
Oliver Prothmann: Was wir hier bei dem Verpackungsregister sehen, ist eben das Thema Plattform Verantwortlichkeit. Und das ist eine neue Thematik, die sich der Gesetzgeber hier zunutze macht. Obwohl ja eigentlich der Gesetzgeber derjenige ist, der die Einhaltung der Gesetze kontrollieren muss, schiebt er die Verantwortung bis hin zu Plattformen, was ich aber im Allgemeinen ganz okay finde. Hier muss nämlich die Plattform, sprich der Marktplatz kontrollieren ist ein Händler registriert, ist eine Marke registriert? Oder eben ist er bei dem Finanzamt gemeldet und und und. Das wird in Zukunft noch häufiger passieren. Wir müssen nur so ein bisschen aufpassen, dass natürlich diese Plattform Verantwortlichkeit nicht so weit geht, dass eigentlich die Plattform selber dann der Händler sein könnte. Weil an gewissen Punkten gibt es natürlich Grenzen, die der Marktplatz auch wirklich kontrollieren kann.
Nikolaus Lindner: Und vielleicht noch ein ganz wichtiger Punkt, wofür wir uns immer stark machen, ist natürlich, dass mindestens auf europäischer Ebene eine Harmonisierung stattfindet. Das heißt, gerade beim Thema Verpackungsgesetz haben wir viele einzelstaatliche Lösungen. Was es für den Händler, für die Händler natürlich besonders schwer macht sich immer wieder ohne Rechtsabteilung, sage ich mal jetzt in die einzelnen Rechtsgebiete einzuarbeiten, in die einzelnen Regularien der verschiedenen Länder. Da sind wir leider in manchen Punkten noch weit von einem europäischen Binnenmarkt entfernt.
David: Jetzt haben wir gar nicht mehr so viel Zeit. Deswegen will ich sagen lasst uns noch mal ein paar Themen aufnehmen, wo ihr sagt da sollten wir auf jeden Fall noch mal ganz kurz drüber sprechen. Welche Regulierungen werden da eurer Meinung nach wichtig, die auf jeden Fall erwähnt werden sollten?
Oliver Prothmann: Hier haben wir natürlich eins meiner Lieblingsthemen. Wie ich vorhin schon sagte 2013 die 15.000 Unterschriften, die ich bei der EU-Kommission abgegeben habe. Da ging es um Vertriebsbeschränkung. Es geht genau um dieses Thema. Das heißt, es ist ein Thema, wo wir schon sehr lange uns mit beschäftigen und wo wir immer noch nicht die aus unserer Sicht richtige Lösung haben. Hier müssten wir eigentlich viel tiefer, viel aufwändiger drüber sprechen.
Nikolaus Lindner: Bestimmte Dinge können wir natürlich auch als Plattform nicht leisten, weil wir das Produkt einfach auch nie in den Händen halten. Mir wäre noch ein weiteres Thema wichtig und zwar das ist das Thema Vertikalgruppenfreistellungsverordnung. Ein schreckliches Wort, ziemlich lang. Aber es sind zwei Dinge darin geregelt auf europäischer Ebene oder mehrere Dinge geregelt, aber zwei, die wirklich sehr wesentlich sind. Das eine ist: Darf eine Markenhersteller mir verbieten, auf Marktplätzen etwas zu verkaufen? Das sogenannte Thema Marktplatz Verbote oder Plattform Balance? Das andere Thema, was jetzt viel diskutiert wird, darf ich verschiedene Preise mir vorschreiben lassen. Also darf der Hersteller dafür sorgen, dass ich online teurer sein muss, als wenn ich es offline anbiete oder umgekehrt. Und das sind zwei Themen, die gerade diskutiert werden. Es wird jetzt noch im Sommer Änderungen geben bei der Gruppenfreistellungsverordnung. Wir hoffen noch, dass es in die richtige Richtung geht. Aber das sind eben auch Dinge, die natürlich dann den Online-Handel direkt beeinflussen werden.
Mark Steier: Und ich glaube ganz ehrlich, das Thema ist so groß und auch so wichtig für die Händler, dass wir das in einem gemeinsamen Termin in einem gemeinsamen Podcast noch erörtern sollten.
David: Das klingt doch gut. Was wären noch Themen, an denen ihr sonst noch gerade arbeitet, die auf jeden Fall noch zum Ende hin erwähnt werden sollen?
Mark Steier: Wichtig finde ich nach wie vor die Plattform Haftung. Die, finde ich, ist in meinen Augen viel zu gering. Da ist meiner Meinung ein klein wenig Differenz von der von Oliver und auch von Nikolaus. Eine Plattform ist der Bereitsteller des Geschäftsmodells. Das heißt, gerade im Kontext des internationalen Handels ist eine Plattform extremst wichtig für die Herstellung eines fairen Wettbewerbs. Und hier, denke ich, müssen die Plattform noch tatsächlich ein bisschen mehr in die Verantwortung genommen werden. Das ist der eine Punkt, der andere Punkt. Wir haben es jetzt im aktuellen Datenleck, was in den Medien bei einem Schnittstellen Dienstleister entdeckt worden ist, gesehen. Das wir eine Lücke in der Datenschutz-Grundverordnung, der DSGVO, haben. Hier gibt der Verbraucher seine Daten ein bei der jeweiligen Plattform, beim Marktplatz, legt ein Konto an und die Plattform gibt die Daten weiter an eine Schnittstelle, relativ unkontrolliert. Und hier haben wir noch ein Leck. Allerdings muss ich auch dazu sagen, dass die internationalen Plattformen hier ganz vorne auch eBay und eine andere amerikanische Plattform das Problem hervorragend gelöst haben. Ihr auditiert Anwendungen und ihr sichert euch auch mit einem Vertragswerk ab. Auf anderen europäischen, insbesondere deutschen Marktplätzen ist das nicht der Fall. Und hier müssen wir eine Lösung für die Händler finden, denn am Ende des Tages sind hier die Händler die Leidtragenden.
Nikolaus Lindner: Der Trend geht auf jeden Fall immer mehr Richtung Verantwortung, und zwar auf allen Ebenen im Rahmen der Lieferkette. Da gibt es eben das Lieferketten Gesetz, Sorgfaltspflichtgesetz schon auf deutscher Ebene, aber jetzt eben auch auf EU-Ebene. Also auch da wird der Händler, wird die Händlerin zukünftig immer stärker auch mit ein Auge darauf werfen müssen. Wo kommt meine Ware her, wie wurde die hergestellt? Und so weiter und so fort.
Oliver Prothmann: Beim Lieferketten Sorgfaltspflichten Gesetz handelt es sich um ein Gesetz, was aktuell noch nicht wirklich für die Zielgruppe, zu der wir jetzt hier sprechen, relevant ist. Weil der Gesetzgeber hat dort gewisse Grenzen eingebaut, dass es nur für Unternehmen ist über mehrere tausend Mitarbeiter. Und das heißt also, in den nächsten Jahren wird dieses Lieferketten Gesetz nicht wirklich konkret als Gesetzesvorlage relevant sein für die Online-Händler. Aber und darauf möchte ich gerne hinweisen, was sich hier zeigt, ist das natürlich früher oder später wir zu einer Gesetzeslage kommen, die auch für Online-Händler, Marktplatz Händler, die nur zwei Mitarbeiter haben oder 100 Mitarbeiter haben, auch relevant sein wird. Deswegen kann ich nur appellieren an alle Händler, auch solche Gesetze sich anzuschauen und zu verstehen, wo der Gesetzgeber hin möchte und was er damit bewirken möchte. Eben zusätzlich auch Verbraucherschutz. Und dass man sich dann dem bewusst macht, dass diese Thematik auch früher oder später auf einen selber eben zukommt. Also Lieferketten Gesetz hat aktuell keine wirkliche Relevanz, aber sie zeigt ganz deutlich, wo der Gesetzgeber hin möchte. Und deswegen empfehle ich jedem, sich das anzuschauen und schon heute anzufangen, darüber nachzudenken, wie ich mein Unternehmen, wie ich meine Produkte und dergleichen eben aufbaue. Weil früher oder später werde ich da auch zu diesen Punkten dann über Gesetzgebung gezwungen werden.
Isabell: Ich glaube, das war ein wunderbares Schlusswort. Danke euch dreien, dass ihr euch auf jeden Fall heute so viel Zeit genommen habt. Ich selber habe sehr, sehr viel gelernt. Wir hatten spannende Einblicke in verschiedenste Gesetze. Ich glaube, das ist eine Folge, die man sich auf jeden Fall zwei, wenn nicht sogar dreimal anhören kann. Und ich glaube, es ist auch deutlich geworden, wie wichtig eure Arbeit ist. Ich glaube, ich kann da im Namen unserer Händlerinnen und Händler auch mal ein Danke an die Runde weitergeben oder auch euch auf Kölsch einladen. Wie ihr wahrscheinlich wisst, gibt es zum Schluss für euch noch eine Frage, die wir euch mitgebracht haben. Und zwar was ihr als letztes bei Ebay gekauft habt. Oliver, vielleicht magst du einmal anfangen und uns erzählen, was dein letzter Kauf war.
Oliver Prothmann: Ja, die Frage kenne ich natürlich noch aus meinen Zeiten bei Ebay. Dort ist es ja üblich, dass neue Mitglieder am Anfang erzählen müssen, wie viel Feedback Punkte sie haben. Dass es jetzt viele, viele Jahre her. Was habe ich gekauft? Ich habe als letztes auf Ebay Festmacher-Leinen gekauft. Richtig Festmacher-Leinen für mein altes Boot, mit dem ich über die Berliner Gewässer schipper. Das war mein letzter Kauf.
David: Okay, damit habe ich jetzt nicht gerechnet. Aber dann stets gute Fahrt. Mark, was hast du denn als letztes gekauft?
Mark Steier: Das ist eine verdammt gute Frage. Ich glaube doch, ich weiß, was ich mir zuletzt gekauft habe. Ich habe mir Socken und Unterhosen gekauft. Ich meine, das ist jetzt völlig unsexy, aber ja, ich kaufe sehr gerne Fashion bei Ebay. Ich finde, es ist einfach. Kann man besser stöbern und ich mag die Suche.
Isabell: Das hört man gern. Nikolaus, was hast du denn zuletzt gekauft?
Nikolaus Lindner: Ja, das ist relativ einfach, weil es gestern Abend war, und zwar den sechsten Band von Harry Potter für meine Tochter. Und ich habe auch gleich ein Kinderbuch verkauft, nämlich den Drachen Kokosnuss.
David: Wunderbar. Damit würden wir uns auch schon für heute verabschieden. Wir hoffen, euch hat die Folge genauso viel Spaß gemacht wie uns, vor allem aber auch ein wenig die Angst vor Regulierungen genommen, die auf euch zukommen und aufgezeigt, wie wichtig es ist, sich damit auseinanderzusetzen. Vielen lieben Dank an dieser Stelle an unsere lieben Gäste und vor allem für eure Zeit. Und damit verabschieden wir uns für diese Woche.
Es sollte doch mehr und detaillierter auf das VerpackG und das Elektrogesetz eingegangen werden, wo wie und wann was eingetragen bzw. hinterlegt sein muss, um die Abmahner weiter in Schach zu halten und sauber zu handeln, danke.
Betrifft das also nur “Online-Händlerinnen”. Als Mann ist man da fein raus?