Shenzhen möchte zu einem globalen Live-Streaming- und Shopping-Zentrum werden. Dazu wird die Regionalregierung etliche Förderinitiativen auflegen. Bis 2025 sollen in Shenzhen über 43 Milliarden Dollar mit Live-Shopping umgesetzt werden, berichtet die South-China-Morning Post. Dabei betrachten die Politiker das Live-Streaming als eigenen Industriezweig des E-Commerce.

Bis 2025 50 Influencer und weitere 3.000 Live-Streamer

Nun soll sich das Angebot auch über die Grenzen von China auswirken. Die Regierung spricht von >[…] globalem Einfluss<. Gefördert werden soll die Ansiedlung von Agenturen, Dienstleistern und Live-Streamern. Dazu soll eigens eine Infrastruktur errichtet werden.

Die Region Shenzhen leidet offenbar unter einem Verlust von Umsätzen und Kaufkraft. Dem entgegenwirken soll nun dieser kühne Plan.

Konkurrenz fast nebenan

Bisher steht die Region Hangzhou mit solchen Angeboten an der Spitze. Hangzhou beheimatet auch die Zentrale von Alibaba. Dort sind über 69.000 Live-Streaming-Hosts angesiedelt. Diese erwirtschafteten in 2021 ein GMV in Höhe von 73 Mrd. US$. Dem gegenüber steht ein Umsatz von nur 22 Mrd. US$ in Shenzhen. Auch finden sich dort lediglich etwas über 9.200 Hosts. Da haben die Beamten in Shenzhen noch einiges aufzuholen.

Und bei uns so?

Tatsächlich sieht es auf der westlichen Hemisphäre eher düster aus. In den Vereinigten Staaten stellen einige Plattformen ihre Angebote bereits wieder ein. Darüber nachzudenken, dass solche Initiativen in der EU von den Regierungen aus dem Boden gestampft werden, ist absurd. Wir kämpfen noch mit Order-Faxen!

Für große Anbieter wie OTTO oder Douglas ist es keine Herausforderung, eigene Live-Shopping-Formate zu launchen. Dem KMU-Handel bleibt das Live-Shopping aber weitestgehend verschlossen. Weder eBay noch Amazon bieten etwas den Händlern an. Schade!

Selbst ist der KMU-Handel!

Aber es gibt einige Ausnahmen. Dazu gehört zum Beispiel Ingo Morlock von Retourenking und aus dem TV bekannt als >Die Retourenprofis<. Er hat gleich mehrere Live-Shopping-Formate ins Leben gerufen.

(Quelle: Retourenking.de)

Ursprünglich handelt Ingo mit Restposten- und Retourenware. Er ist ein Urgestein des E-Commerce und viele kennen ihn noch als Betreiber von Handelsagent. Er war einer der ersten eBay-Agenten, welche am Verkaufsagent-Programm teilgenommen hat.

Handelsware vertreibt er über das Format liveshopping24.de und seine Retourenware über live.retourenking.de. Er bespielt TikTok, Facebook und Instagram. Seine Frau betreibt für Kosmetikartikel einen eigenen Kanal.

Technisch setzt er auf OBS, stageme und magic word. Damit ist er in der Lage, in seinem Stream einen Warenkorb einzubauen.  Auf Kanälen, auf denen das nicht möglich ist, setzt er auf ein Tool namens >magic word<. Nutzer erhalten über den Messenger dann einen Warenkorb-Link, wenn sie das Wort >kaufen< in die Kommentare posten. Damit hat sich Ingo ein fantastisches Feature- und Tool-Set gebaut, das ihm maximal komfortabel alle notwendigen Funktionen bietet.

Umsatz & Reibach

Ingo Morlock verriet exklusiv gegenüber Wortfilter, welche Umsätze er tätigt. Und da werdet ihr überrascht sein, denn die Umsätze pro Stream bzw. pro Stunde können sich sehen lassen. Pro Stream-Stunde setzt sein Unternehmen über 2.000 Euro um. Hättet ihr das gedacht?

Kommentar & Einordnung

Auf der einen Seite ist es sehr schade, dass sich die etablierten Plattformen Amazon, eBay, Facebook & Co. sich so schwer mit Live-Shopping angeboten tun. Denn dadurch müssen kleinere und mittlere Händler mit viel Initiative eigene Lösungen launchen. Das liegt nicht jedem. An dieser Stelle gehört aber auch das kritisiert: Grundsätzlich könnten Shopsystem-Anbieter wie Shopware auch den Händlern Lösungen anbieten. Nur da kommt nichts. Also rein gar nichts. Und meine These, dass die Dienstleister die Bremse des Onlinehandels sind, erhält Nährboden. Schade.

Auf der anderen Seite zeigen aber gerade Beispiele wie Ingos, dass eigene Lösungen möglich sind. Hierzu braucht ihr Willen, Initiative und ein wenig technischen Sachverstand. Den hat Ingo, denn er kommt aus der IT-Branche.

Wer bereit ist, sich eigene Lösungen zu schaffen, wird durch Umsätze und Erträge belohnt. Das bedeutet Unabhängigkeit von den großen Verkaufskanälen. Das ist ein wichtiger Aspekt, seine Kanäle ordentlich zu diversifizieren.