Von links nach rechts: Dr. Markus Schöberl, Director Seller Services Germany bei Amazon, Stephanie Bschorr, Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, und Tjien Onaran, Gründerin von Women in Digital e.V.
Der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU), ‚Women in Digital‘ (WiDi) und Amazon starten in die zweite Runde des Förderprogramms „Unternehmer der Zukunft – lokal und um die Welt“, dieses Mal exklusiv für Unternehmerinnen. In der ersten Runde hatten 23 kleine Händler mit Hilfe von Coaches ihr Online-Geschäft aus- oder aufgebaut – erfolgreich: Sie starteten mit dem Export, etablierten Marken, schufen neue Arbeitsplätze. Welche Ziele die zweite Runde des Programms verfolgt und wie es funktioniert erklären VdU-Präsidentin Stephanie Bschorr, WiDi-Gründerin Tijen Onaran und Dr. Markus Schöberl, bei Amazon zuständig für das Händlergeschäft im deutschsprachigen Raum.
Herr Schöberl, in der zweiten Runde von „Unternehmer der Zukunft“ laden Sie ausschließlich Unternehmerinnen ein – warum?
Schöberl: In der ersten Runde landeten zwei weiblich geführte Unternehmen auf dem Siegertreppchen: die „Windelmanufaktur“ aus Dresden und „Madame Jordan“ – eine Berliner Manufaktur von Babytragen. Das hat uns neugierig gemacht, denn wir hatten den Eindruck: Was Unternehmerinnen leisten, ist noch immer nicht genug beleuchtet. daraus ist die Idee entstanden, die zweite Runde des Programms exklusiv für Unternehmerinnen zu starten – deshalb „Unternehmerinnen der Zukunft“! Ich glaube, Frauen sind perfekt gewappnet für das Unternehmertum im digitalen Zeitalter, in dem kreative Ideen und maximale Kundenorientierung wichtig sind.
Die Teilnehmer wurden beim letzten Mal von Coaches begleitet – allesamt E-Commerce-Experten. Und dieses Mal?
Schöberl: Die erste Runde hat gezeigt: Die Teilnehmer schätzen es, sich mit jemandem auszutauschen, der schon mal vor ähnlichen Herausforderungen gestanden hat. Das setzten wir fort. Zum Beispiel haben wir Anna Nordlander gewinnen können, E-Commerce-Expertin von „The Friendly Swede“, einem Online-Händler für Sport- und Outdoor-Artikel. Oder Peter Höschl, der bereits in der ersten Runde des Programms dabei war, ebenfalls Spezialist für E-Commerce-Fragen und Betreiber von shopanbieter.de. Zudem sind Patrick und Karin Hallinger dabei, Experten für das Zusammenspiel von Offline- und Online-Handel. Zusammen mit vielen anderen Coaches werden sie die Teilnehmer ein halbes Jahr begleiten, von ersten Plänen bis zur Umsetzung in Sachen Export, Markenaufbau und Start in den Online-Handel.
Frau Bschorr, als Unternehmerin und VdU-Präsidentin – stimmen Sie mit Herr Schöberl überein, dass die Leistung von Unternehmerinnen zu wenig sichtbar ist?
Bschorr: Wir arbeiten seit vielen Jahren daran, genau das zu ändern, aber wir haben erst einen Teil des Wegs zurückgelegt. Insofern: Ja! Ich bin sehr dankbar, dass wir jetzt gemeinsam weitere Schritte gehen, um Unternehmerinnen zu ermutigen, zu befähigen und ihnen dabei zu helfen, Erfolge noch sichtbarer zu machen. Unternehmerinnen sind genauso entschlossen, zielstrebig und experimentierfreudig wie Unternehmer. Aber es fehlt an weiblichen Vorbildern – vor allem in der Digitalwirtschaft – , die andere Frauen zum Nachmachen inspirieren – genau das wollen wir mit dem Programm erreichen.
Wie haben Sie diese Diagnose bei der Gestaltung des Programms berücksichtigt?
Bschorr: Austausch mit Mitstreiterinnen und Coaches sind das Herzstück des Programms. Neben der Begleitung durch ihren jeweiligen Coach kommen die Teilnehmerinnen regelmäßig zu Online-Trainings zusammen. Das sind Gelegenheiten, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu beraten. Und weiterer Input kommt von den Coaches – ob zur Auswahl passender Vertriebskanäle, solider Kostenkalkulation oder effektivem Marketing. Wo auch immer es hakt, mit dem Coach wird eine Lösung gefunden.
Frau Onaran, Sie haben ‚Women in Digital‘ gegründet, ein Netzwerk für Gründerinnen und Entscheiderinnen in der Digitalwirtschaft, und damit auch Aufmerksamkeit gewonnen. Wie tragen Sie diese Erfahrung in das Programm?
Onaran: “Women in Digital“ arbeitet daran, die Sichtbarkeit weiblicher Vorbilder zu steigern, und zwar über alle Kanäle. Daher wird „Unternehmerinnen der Zukunft“ über die gesamte Strecke begleitet, mit Interviews mit den Teilnehmerinnen und Coaches, Trainings-Videos und viel Social Media. Wir sind überzeugt, dass hier viele spannende Erfolgsgeschichten schlummern, und dass umgekehrt die Unternehmerinnen von diesem Interesse profitieren. Klappern gehört zum Geschäft!
Diese Runde des Programms fördert Unternehmerinnen, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen. Gibt es darauf einen spezifisch weiblichen Blick?
Onaran: Zunächst einmal gilt hier für Männer und Frauen gleichermaßen: Wir sollten an die Digitalisierung nicht zu zaghaft gehen; es hat sich ja inzwischen herumgesprochen, dass „Zukunft“ passiert, egal ob man mitgeht oder nicht. Es geht darum, die Chancen zu nutzen. Programme wie „Unternehmerinnen der Zukunft“ tragen dazu bei, traditionelle Geschäftsmodelle zu erweitern und in die digitale Welt zu überführen. Ob es darauf einen spezifisch weiblichen Blick gibt – da sage ich Ihnen ganz offen: ich glaube nicht. Aber was ich sicher weiß, ist, dass es bestimmt nicht schaden kann, wenn mehr Unternehmerinnen digital erfolgreich sind; und ich vermute, dass gerade bei Unternehmerinnen noch viel digitales Potential darauf wartet, geweckt zu werden.
An wen richtet sich das Programm genau? Und wie kann man mitmachen?
Bschorr: Angesprochen sind Geschäftsführerinnen und Inhaberinnen von Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern und mit diesen Unternehmen etwas vorhaben, sei es der erstmalige Start in den Online-Handel oder der Ausbau einer bestehenden Online-Präsenz. Dabei ist es gleich, ob sich eine Händlerin, Produzentin oder Inhaberin einer Eigenmarke bewirbt. Und auch auf die Branche kommt es nicht an. Interessentinnen sollten sich auf amazon.de/unternehmerinnenderzukunft über den Bewerbungsprozess informieren. Der ist ganz einfach: Eine DIN-A 4 Seite reicht aus. Wichtig ist, dass Bewerberinnen die individuellen Herausforderungen beschreiben, denen sie sich widmen möchten.
Was sind das beispielsweise für Herausforderungen?
Onaran: Alles, was Unternehmerinnen auf dem Weg zu mehr digitalem Erfolg bremst. Für manche mag es um die Frage gehen, wie man Produkte online professionell präsentiert, mit hochwertigen Fotos und klaren Produkttexten. Für andere mag internationale Logistik ein Fragezeichen sein – wie läuft das mit Verpackung, Gebühren und so weiter? Und wieder andere wollen sich vielleicht verstärkt digitalem Marketing widmen, samt Optimierung für Suchmaschinen. Unser Ziel ist, für jedes Vorhaben eine maßgeschneiderte Begleitung sicherzustellen.
Wie muss man sich das Vorgehen bei „Unternehmerinnen der Zukunft“ denn ganz konkret vorstellen?
Schöberl: Zurücklehnen gilt nicht, das ist handfeste unternehmerische Arbeit – bis ins kleinste Detail, immer mit dem Kunden im Fokus. Es geht hier nicht um abstrakte Ratschläge. Wenn nötig, werden sich die Coaches mit den Teilnehmerinnen Zeile für Zeile durch den Maßnahmenplan arbeiten. Oder sich die Vor- und Nachteile verschiedener Verpackungsmaschinen anschauen. Wir wollen, dass sich durch „Unternehmerinnen der Zukunft“ wirklich etwas bewegt – und Teilnehmerinnen während des Programms eine Entwicklung durchlaufen, die vom ersten Plan bis zum Start der Umsetzung reicht.
Um bei einem der Beispiele von Tijen zu bleiben: Wer eine internationale Logistik nutzen will, um seine Waren zu exportieren, soll tatsächlich innerhalb der Programmdauer die Grundlagen erfolgreich aufbauen und starten. Das erfordert auch Einsatz bei den Teilnehmerinnen – vieles in der Digitalwirtschaft ist Einstellungssache: Es geht um Risikobereitschaft, 100% Kundenfokus, schnelle Wege und Experimentierfreude. „Einfach mal machen“ war die Devise der ersten Runde, das führen wir fort. Klar, das erfordert auch Mut: Viele verkaufen heute noch im Heimatort, und morgen an Kunden in den USA — das ist nicht ohne. Aber es lohnt sich! Wer Lust darauf hat, sich reinzuhängen und einen großen Schritt nach vorn zu machen, der ist bei „Unternehmerinnen der Zukunft“ richtig.
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!