Kürzlich veröffentliche der Dienstleister Trusted Shops seine Studie ‘Abmahnungen im Online-Handel 2017’. In dieser Erhebung wurden die einen oder anderen skurrilen Fakten erhoben. Auch dieses Jahr nimmt das Thema Abmahnungen bei den Händlern immer noch viel Raum im Tagesgeschäft ein. Das verwundert, da doch Rechtstexte mittlerweile an jeder Ecke und in jeder Preislage erhältlich sind. Trusted Shops selbst bietet sogar einen kostenlosen Rechtstexter an.
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Über 50% der Befragten wurden in den letzen 12 Monaten abgemahnt
Die erste Frage, die sich da stellt, ist diese: Wieso? Greifen die Rechtstexte nicht? Sind diese falsch? Oder aber setzen die Unternehmer die gelieferten Rechtstexte einfach falsch um? Arbeiten die Verkäufer schludrig? – Ja, die Händler erhalten richtige Texte und gute Anleitungen, aber sie setzen sie nicht um. Dadurch sparen sie Kosten (wenn sie denn nicht abgemahnt werden) und erarbeiten sich einen Wettbewerbs-Vorteil. Sollen sie nun deswegen abgemahnt werden? Ja, unbedingt, denn sie sind Täter. Hier ein paar Beispiele:
Der genau arbeitende Händler ist doch wirklich in den ‘Hintern gekniffen’, wenn solches Verhalten nicht geahndet wird. Mein eigener Eindruck ist der, dass die meisten Fehler bei der Anpassung der Widerrufsfrist passieren. Gefühlt entdecke ich bei jedem dritten Angebot einen Fehler.
23% Verstöße beim Widerrufsrecht
Das scheint denn auch die Trusted Shops Studie zu bestätigen. Und ich vermute, dass die Gründe, warum abgemahnt wird, tatsächlich nur in der ‘Schlampigkeit’ der Unternehmer zu sehen sind. Sehr schade. Die Tabelle zeigt aber auch deutlich, dass Massenabmahnungen, die sich nur auf einen bestimmten Fehler oder Fehlerkreis konzentrieren, zurück gegangen sind. Produktkennzeichnungen, Markenrechtverletzungen, aber auch Urheberrechtverletzungen setzen schon eine genaue Sichtung des jeweiligen Angebotes voraus.
Das böse Widerrufsrecht?
Dazu fallen mir wenig Worte ein. Wenn die Darstellung eines rechtssicheren Widerrufs für einen Unternehmer eine Herausforderung ist, wie ist es dann erst mit den ganzen anderen kaufmännischen Obliegenheiten? Ich glaube, auf diese Frage möchten wohl die wenigsten eine Antwort.
Abmahnfallen? Ein falsches Wording.
Abmahnfallen? Diese Begrifflichkeit finde ich ‘strange’. Das Konstrukt der Abmahnung ist nicht dazu gedacht, jemandem eine Falle zu stellen. Es soll einen fairen Wettbewerb unter Kaufleuten fördern. Zu oft werden hier die Täter in einer Opferrolle gesehen. Wenn 9% keinen ordentlich Hinweis auf ihre Garantiewerbung platzieren können, dann verschaffen sich diese 9% einen unlauteren Vorteil. Und das ist nicht richtig. Diese sind die Täter, nicht aber diejenigen die auf Fairness pochen und den Umstand dann abmahnen.
Wer als Unternehmer diese Kosten nicht verkraften kann, der sollte…
Da habe ich eine ganz klare Meinung: NICHT die Abmahnung ist existenzgefährdend, sondern das falsche unternehmerische Handeln der Abgemahnten. Was bewerten denn da die unlauter handelnden Kaufleute? Sie sagen doch nichts anderes als das, wenn ihr unfaires Verhalten auffliegt, sie sich in ihrer Existenz gefährdet sehen. Oder andersrum, dass sie sich offensichtlich kein Unternehmertum unter fairen Bedingungen vorstellen können.
Wer nicht in der Lage ist, einen Handel rechtssicher zu betreiben, der ist als Unternehmer nicht geeignet. Das ist bitter, aber so ist es.
Die Anforderungen an einen Unternehmer beschränkten sich noch nie nur auf den nackten Unternehmensgegenstand, sondern es gab schon immer Nebenpflichten und Verantwortlichkeiten, die übernommen werden mussten. Wer dazu nicht in der Lage ist, kann und soll seine Expertise im Rahmen einer Arbeitnehmerschaft zur Verfügung stellen. Auch das ist eine Lösung.
Warum hilft euch der Schutz nicht?
Ihr gebt Geld für euren Schutz aus, setzt ihn aber nicht richtig um. Ist das so? Was muss geändert werden, damit ihr euch schützen könnt? Eure Einstellung? Eure Arbeitsweise? Oder euer Drang, immer auf der Grenze zu wandern? Darauf wird sich so einfach wahrscheinlich keine Antwort finden. Versucht aber doch einmal, eine Sensibilität zu entwickeln, wenn ihr Dinge umsetzt. Der gesunde Menschenverstand sagt doch, dass es eine Erklärung für den Verbraucher geben muss, wenn ihr ein Garantieversprechen geben wollt, oder nicht?
Wer sind denn die bösen Abmahner?
Wenn jemand ein uneingeschränktes Recht hat euch abzumahnen, dann sind es die Wettbewerber und Schutzrechteinhaber. Das steht doch außer Frage.
Und dann ist da der IDO, ein recht bekannter Abmahnverband, der auch mich bereits abgemahnt hat und mit dem ich mich gerade in einem Rechtsstreit befinde. Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, dass sich viele eurer Wettbewerber hinter dem IDO verstecken? Was ist damit gemeint?
Na, ganz einfach, ein Wettbewerber wird dort Mitglied und gibt ‘seinem’ Verband den Auftrag, euch abzumahnen. Das hat für euren Marktbegleiter den Vorteil, dass er anonym bleibt und ihr trotzdem eins auf die Finger bekommt.
Auch in dieser Studie benannt, ist der als Abmahnverein bekannte ‘Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln‘. Hieran ist brisant, dass er von Rechtsanwalt Dr. Zain vertreten wird. ‘Händleranwalt’ Dr. Thomas Engels hat letztes Jahr seine eigene Kanzlei in Köln Deutz aufgelöst und ist zu ihm in seine Büroräumlichkeiten gezogen.
Jetzt mag sich jeder Händler einmal selbst fragen, was das denn bedeuten könnte?
Was muss sich ändern?
Wie einfach müssen denn die Gesetze sein, damit Händler nicht mehr ‘unbeabsichtigt’ dagegen verstoßen? Wenn Händler schon damit überfordert sind, die passende Frist zur eigenen Widerrufsbelehrung zu hinterlegen, dann ist dafür nicht die Komplexität der Gesetze verantwortlich, sondern ausschließlich die Sorgfalt der Unternehmer.
Trotzdem: Fehler können passieren, das verstehe ich, aber es gibt keine Lösung, Händler wirksam ‘vorzuwarnen’. Während meiner aktiven Zeit habe ich nicht wenig abgemahnt. Jeder Wettbewerber hat eine kostenfreie Vorwarnung erhalten, doch umgesetzt hat sie kaum einer. Vielleicht einer von 100.
In meinen Augen sind die Anwaltskosten noch viel zu niedrig. Sie richten sich nach den Streitwerten. Was hat das zur Konsequenz? Kleinere Unternehmen ächzen unter den Anwaltskosten, große lächeln müde darüber. Dieses Ungleichgewicht sollte behoben werden. Müsste im obigen Adidas-Beispiel der Sportartikelhersteller mit einer Millionenstrafe rechnen, dann wäre auch der Auftritt bei eBay rechtssicher.
Wehren lohnt sich?
Ob sich das Wehren gegen Abmahnungen wirklich lohnt, darüber gibt die Studie keine Auskunft. Natürlich ergibt es Sinn, und das ist auch wichtig, die Unterlassungserklärung nicht einfach ‘blind’ zu unterschreiben. Ein Rechtsanwalt gehört auf jeden Fall immer mit an Bord, aber ich denke nicht, dass es Sinn ergibt, sich gegen die Abmahngründe zu wehren. Meistens sind sie richtig und da, wo sie nicht eindeutig sind oder wo Rechtsmissbrauch vermutet wird, ist das Wehren ein Spiel mit dem Feuer. Ein sehr teures Spiel im Übrigen.
Auch hier kann ich aus meiner eigegenen Praxis berichten. Viele haben versucht, mir Rechtsmissbrauch zu unterstellen. Keiner war erfolgreich und wir waren zum Schluß bei den meisten LG und OLG gerichtsbekannt nicht rechtsmissbräuchlich. Uns hat das nichts gekostet, aber die Gegner sahen sich auf einmal mit Anwaltsrechnungen von circa 10.000€ konfrontiert. Fazit: Wenn ihr euch wehren wollt, betrachtet bitte IMMER euer Kostenrisiko.
Widerspruch lohnt sich! – Nö.
Lest bitte diese Grafik genau, denn sie bestätigt die Ausführungen im vorherigen Absatz. Kosten und Unterlassungserklärung lassen sich außergerichtlich gut und gerne anpassen. Daher nehmt immer einen eigenen Anwalt. Alles andere, sprich, alles, was gerichtsanhängig wird, bedeutet auch gleichzeitig, dass eurer Kostenrisiko steigt.
Das wichtigste fehlt aber
Was passiert denn, wenn ihr eine Unterlassungserklärung abgegeben habt? Genau, wenn ihr nicht ab diesem Zeitpunkt die Verstöße behoben habt, dann wird eine richtig hohe Vertragsstrafe fällig.
BEACHTET DAS!!!!!
Denn die meisten von euch tun das nicht. Auch das kann ich aus eigener Praxis berichten. Mit den eingenommenen Vertragsstrafen haben wir das Kinderheim St. Gereon in Bergheim mit zig tausend Euro unterstützen können.
Fazit: Bitte achtet darauf, dass ihr alle Verstöße behoben habt, wenn ihr eine U.-Erklärung abgebt. Lasst euch lieber noch einen Tag länger Zeit. Kontrolliert und prüft, denn Vertragsstrafen sind das eigentliche existenzgefährdende Risiko. Nicht die direkten Abmahnkosten.
Aussage von Herrn Steier:
Wer nicht in der Lage ist, einen Handel rechtssicher zu betreiben, der ist als Unternehmer nicht geeignet. Das ist bitter, aber so ist es.
Der Herr Steier befindet sich in einem (Abmahn) Rechtsstreit mit der IDO, also sollte der diesen verlieren gilt für Ihn:
Wer nicht in der Lage ist, einen Handel rechtssicher zu betreiben, der ist als Unternehmer nicht geeignet. Das ist bitter, aber so ist es.
Danke!
….hier kannst du nachlesen worum es geht: https://www.wortfilter.de/news-das-laber-portal-wortfilter-de-bekommt-einen-auf-die-muetze-weil-es-ein-fremdes-logo-kopiert/
Mark, da bin ich ganz bei Dir.
Von der Idee, einen Artikel zu einem rechtssicheren Impressum zu schreiben, habe ich nach einiger Recherche Abstand genommen (es wäre fast ein Buch und die IT-Recht-Kanzlei hat das recht gut und umfassend gemacht: https://www.it-recht-kanzlei.de/impressum.html ), aber dadurch den Blick auf die typischen Löcher geschärft. Etwa zwei Drittel aller von mir besuchten Shops haben zum Teil erhebliche Fehler bei Preisangaben, Impressum, Widerrufsrecht, OS-Link, Werbung mit Selbstverständlichkeiten, versicherter Versand etc.
Und wenn ich die Leute dann darauf anspreche, kommt an Reaktionen alles von Einsicht bis hin zu stoischer Dummheit und dem Totschlagargument “Das machen doch andere auch so”.
Abmahnungen sind nichts weiter als Lehrgeld für eigene Versäumnisse und leider sind vielen nur die Kosten der Abmahnung ein Ärgernis, aber die Unterlassungserklärung wird unterschrieben und dann weiter gewurschtelt wie bisher.