Amazon: EU Kommission untersucht mögliches wettbewerbswidriges Verhalten

Gestern erhielten viele europäische Händler E-Mails der EU-Kommission zur Sache AT.40462. Sie wurden aufgefordert einen Online-Fragebogen auszufüllen. Einige Händler vermuteten, dass diese Mails ein Fake sind. Jedoch wurde schnell klar, dass sie echt ist. Die Mail ist ein förmliches Auskunftsverlangen. Die Händler sind verpflichtet daran teilzunehmen.

Die Mail im Wortlaut

Sehr geehrte Damen und Herren,

Die Kommission untersucht derzeit mutmaßlich wettbewerbswidrige Verhaltensweisen von Amazon im Zusammenhang mit der von Amazon betriebenen Verkaufsplattform für Drittverkäufer (“Amazon Marketplace”) und Amazons eigenen Online-Einzelhandelstätigkeiten in der Europäischen Union/im Europäischen Wirtschaftsraum (EU/EWR). Der Europäischen Kommission liegen Informationen vor, wonach Amazon Daten, die auf Amazon Marketplace im Zusammenhang mit Transaktionen von Drittverkäufern generiert oder erhoben werden, erfasst und für eigene Online-Einzelhandelstätigkeiten innerhalb der Europäischen Union/des EWR nutzt. Sollte sich der entsprechende Verdacht erhärten, könnte ein Verstoß gegen Artikel [101/102] des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel [53/54] EWR-Abkommen vorliegen.

Im Rahmen ihrer Untersuchung hat die Kommission förmliche Auskunftsverlangen an eine große Zahl von Einzelhändlern gerichtet, die Produkte auf einer der europäischen Websites von Amazon verkaufen. Bei Ihrem Unternehmen handelt es sich um einen der Adressaten dieses Auskunftsverlangens. Wir bitten Sie, den Online-Fragebogen in der Anwendung eQuestionnaire auszufüllen, die Ihnen über eine gesicherte Internetverbindung zugänglich gemacht wird. Das förmliche Auskunftsverlangen erfolgt gemäß Artikel 18 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates, mit dem die Kommission ermächtigt wird, von Unternehmen und Unternehmensvereinigungen zu verlangen, dass sie alle erforderlichen Auskünfte erteilen, unabhängig davon, ob sie im Verdacht stehen, gegen Wettbewerbsvorschriften verstoßen zu haben.

Die von Ihnen auf das Auskunftsverlangen hin zu übermittelnden Informationen sollen die Kommission in die Lage versetzen, die Vereinbarkeit der mutmaßlich wettbewerbswidrigen Verhaltensweise mit den EU-Wettbewerbsvorschriften in voller Kenntnis der Sachlage und des wirtschaftlichen Kontextes zu prüfen.

Vorliegende E-Mail-Nachricht dient lediglich zur Information. Das an Ihr Unternehmen gerichtete förmliche Auskunftsverlangen können Sie in der Anwendung eQuestionnaire einsehen.

Die 2. Mail im Wortlaut

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihr Unternehmen erhielt am 18.09.2018 eine E-Mail von der Europäischen Kommission vom Absender: EC-ANTITRUST-INVESTIGATION@ec.europa.eu. Diese E-Mail enthält einen Link zu einem Online-Fragebogen. Dabei handelt es sich um ein förmliches Auskunftsverlangen nach Artikel 18 Absatz 1 und (2) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates, mit dem die Europäische Kommission ermächtigt wird, von den Unternehmen zu verlangen, dass sie alle für eine Untersuchung nach den EU-Wettbewerbsvorschriften erforderlichen Informationen übermitteln.

Wenn Sie die E-Mail mit dem Link zu dem Fragebogen nicht erhalten haben, schauen Sie bitte zunächst im Spam-Ordner nach. Sollten Sie die E-Mail tatsächlich nicht erhalten haben, dann wenden Sie sich bitte an COMP-E-COMMERCE@ec.europa.eu.

Ihre Antwort auf dieses Auskunftsverlangen muss spätestens bis zum 09.10.2018 bei der Kommission eingehen.

Vielen Dank im Voraus für die Beantwortung dieses Fragebogens.

Mit freundlichen Grüβen,

Thomas Kramler
Leiter der Task Force

cid:image001.gif@01D44F46.FBB44F30
European Commission
DG Competition

Task Force: Digital Single Market
B-1049 Brussels/Belgium
+32 2 298 81 23

Das Formular

Quelle: https://www.facebook.com/groups/wortfilter/permalink/1811809352271949/

Link zur Umfrage (Passwort geschützt):  https://webgate.ec.europa.eu/competition/equest/View/Login/index.cfm

Schreiben der EU Kommission/Rechtsgrundlage

Das vollständige .pdf könnt ihr hier lesen: https://www.wortfilter.de/wp-content/uploads/2018/09/Rechtsgrundlage_Amazon_EU-Komission.pdf

Der Fragebogen zu COMP/AT.40462

Den komplette Fragebogen könnt ihr hier als .pdf downloaden:

https://www.wortfilter.de/wpcontent/uploads/2018/09/Fragebogen_Amazon_EU_Kommission.pdf

6 Gedanken zu „Amazon: EU Kommission untersucht mögliches wettbewerbswidriges Verhalten

  1. Pingback: Ärger für Amazon: Kartellamt leitet Verfahren ein – virtualhomemagazine

  2. AundM

    Ja, der Machtmissbrauch auf Plattformen bzw. durch Plattformen sollte nicht unterschätzt werden:
    Angefangen mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, welche nur unzureichend bereitgestellt werden.
    So werden auf fast allen internationalen Plattformen die Händler zu sogenannten “kreativen Lösungen” gezwungen, wollen sie rechtskonform auftreten. Allein dieser Umstand führt schon zu einem Wettbewerbsnachteil – zumindest der deutschen Händler – die durch das Abmahnwesen hierzulande gezwungen werden, Lieferzeitangaben der Artikelbeschreibungen voran zustellen oder Grundpreisangaben mit in die Artikelüberschriften zu übernehmen, um nicht abgemahnt zu werden.
    Der Kunde, dem diese Umstände nicht klar sind , wundern sich über diese z.T. merkwürdig anmutende Artikelpräsentationen.
    Weiter geht es mit technischen Problemen: Verschiedene Browsereinstellungen bewirken, dass AGBs oder andere Pflichtinformationen nicht korrekt dargestellt werden – ebenfalls eine nicht zu vernachlässigende Abmahngefahr; denn auch hier haften die Händler !!!
    Auch bei anderen BUGs werden die Händler oft gar nicht oder erst viel zu spät (nach den ersten erfolgten Abmahnungen) “gewarnt”…. und auch dieser Warnungen kommen meist nicht von den Plattformen selbst, sondern durch die Abmahnschutzvereine – wenn man Glück hat.
    Teilweise – wie bei dem “Problem” mit dem Link zur OS-Plattform auf Ebay – wurde den Händlern auf Anfrage empfohlen, den LINK komplett zu entfernen…. Auf die Plattformen ist wahrlich kein Verlass ! Und dass obwohl dort bevorzugt und mit System abgemahnt wird !
    Viele It-Fehler werden auch von den Händlern schlichtweg nicht erkannt , da man sie als eigene Fehler (“Flüchtigkeitsfehler”) einordnet.
    Denn auch wenn die Abspeicherung von “Korrekturen” in den Artikelbeschreibungen nicht zuverlässig erfolgt. Googelt man nach “Vertragsstrafen” finden sich viele Beispiele, in denen Händler wegen 1 Verstoß in 1-2 Produkten eine solche erhielten…. warum wohl ?
    Das liegt nicht zwingend an der “Dämlichkeit” oder Fahrlässigkeit der Händler, sondern an der Serverüberlastung der Plattform und der fehlenden Information über solche möglichen Systemfehler. Und wer ist am Ende der Dumme: Der Händler !
    Der Händler, der für all diese Unzulänglichkeiten und z.T. bewusst in Kauf genommenen Rechtsverstöße, die abgemahnt werden können.
    Und gerade deshalb – weil nicht die Plattform haften muss – besteht vermutlich auch überhaupt keine Motivation sich für Rechtskonformität der Rahmenbedingungen und der Verhinderung dieser Fehler einzusetzen.
    Da schweigt man sie lieber tot ! Ein Armutszeugnis !
    Da die Abhängigkeiten der Händler von den Plattformen aber mittlerweile viel zu groß geworden, nehmen die meisten Händler dies in Kauf ! Dennoch wird den wenigsten das wahre Risiko bewusst sein – v.a. nicht denjenigen , die vollmundig davon reden, dass man doch “nur” alles korrekt machen müsste, um sich vor Abmahnungen zu schützen. Ich sage nur: Hochmut kommt vor dem Fall !

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  3. RA Dr Jörg Brettschneider

    Die Transaktionsdaten sind das wichtigste Geschäftsgeheimnis von Online-Händlern, da sich ablesen lässt, welche Produkte auf dem Markt erfolgreich sind. Wenn die Ermittlungen der EU-Kommission den Verdacht gegen Amazon bestätigen sollten, würde dies beweisen, dass der gefährlichste Wettbewerber der Händler Amazon selbst ist. Es besteht hier ein Interessenkonflikt, der das Geschäftsmodell von Amazon aus Händlersicht in Frage stellt. Ich verweise auf einen früheren Artikel: https://www.onlinehaendler-news.de/handel/allgemein/25040-amazon-marketplace-produkte-eigenmarke.html. Allgemein stellt sich jedoch die Frage, wie Verkaufsplattformen (auch die, die nicht selbst verkaufen) die Transaktionsdaten nutzen. Wahrscheinlich sehr gewinnbringend.

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    1. Frank

      Da kann man viel vermuten.
      Wir z.B. hatten eine Werbekampagne mit vielen, vielen *sehr* speziellen Suchbegriffen – nahezu alle dieser Suchbegriffe wurden kurze Zeit spaeter fuer Produkte eines namhaften Konzerns (Wettbewerber) eingesetzt. Diese Daten muessen also direkt von Amazon abgegriffen worden sein (ob die Werbekampagne vom Konzern oder Amazon bezahlt wurde, liess sich nicht feststellen…)

      Generell stehen ARA-Kunden aber auch sehr viele Informationen zur Verfuegung, die man gegen Konkurrenten einsetzen koennte.

      Was ebenfalls sehr kritisch ist, ist die Sperrung (Artikel oder gleich das ganze Konto) ohne Grund – dann muessen mehrere Einkaufsrechnugen zur Verfuegung gestellt werden. Und schon ist der Lieferant an Amazon verraten.

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