Der VAT Compliance Dienstleister Taxdoo macht bereits seit Jahren auf eine illegale Praxis bei Amazon im Zusammenhang mit der Umsatzsteuerberechnung aufmerksam. Und zwar wurde bislang der sogenannte gemischte Handel nicht berücksichtigt. Dieser beschreibt Amazons Praxis, Artikel aus ausländischen Lagern an den ausländischen Kunden zu liefern, obwohl der Händler dort seine Ware selbst gar nicht gelagert hat. Aber das ist noch nicht alles!

Drei Jahre habt ihr es falsch gemacht, aber ihr könnt nichts dafür

Bereits 2016 beschrieb Dr. Roger Gothmann diese Herausforderung in einem Fachmagazin und brachte folgendes Beispiel: „Ein Endverbraucher in Land A kauft bei bei Anton Meier eine Knoblauchpresse. Anton Meier hat allerdings in Land A gerade keine Knoblauchpresse im dortigen Amazon-Lager vorrätig. Dann kann es passieren, dass Amazon die gleiche Knoblauchpresse von Berta Müller, welche gerade in einem Amazon-Warenlager in Land A liegt, an den Endverbraucher versendet. Intern “verrechnet” Amazon diesen Austausch seit Kurzem im Rahmen der Commingling-Transaktionen.“ Und weiter: „Anton Meier tätigt natürlich einen lokalen Verkauf  an den Endverbraucher in Land A. Zusätzlich kauft er die Knoblauchpresse vorher ein, als sogenannten Commingling-Buy. Berta Müller, welche die Knoblauchpresse in Land A vorrätig hatte, tätigt einen sogenannten Commingling-Sell.“

„In dem Beispiel löste Amazon eigenmächtig eine Steuerschuld des Händlers aus, ohne den Händler darüber zu informieren“, so Gothmann.

Habt ihr auch im Ausland gelagert?

Ohne euer Wissen kann es passieren, dass ihr nicht nur Ware im Ausland lagert, sondern sie auch aus dem ausländischen Lager verkauft. Je nach EU-Land bedeutet das, dass ihr dort steuerpflichtig werdet. Das heißt, ihr könnt einen Haufen potenzieller Steuerschulden angehäuft haben, ohne dass es euch bewusst ist.

(Quelle: Facebook | Taxdoo)

Steuerhinterziehung ist strafbar, auch im Ausland

Es gibt keine Bagatellgrenze. Und die Hinterziehung, oder im besten Fall Verkürzung, wird in Deutschland verfolgt und bestraft. Alles in allem sind das sehr unbequeme Situationen, in denen ihr euch gegenwärtig befindet. Über euch schwebt ein Damoklesschwert und es ist euch wahrscheinlich noch nicht einmal bewusst, oder?

Die Verjährungsfristen

Bei leichtfertiger Steuerverkürzung oder schlimmstenfalls Steuerhinterziehung betragen die Verjährungsfristen 5 bzw. 10 Jahre. Das macht diese Fälle schlimm, unberechenbar und unkalkulierbar!

Nehmt das Risiko nicht auf die leichte Schulter und bereitet euch vor

Bei dem derzeitigen Ausbildungs- und Kenntnisstand vieler Prüfer könntet ihr sogar Glück haben und die Hinterziehungen bzw. Verkürzungen bleiben im Falle einer Prüfung unentdeckt. Aber die Realität sieht meistens anders aus. Die Prüfer bilden sich fort, die Zahl der Prüfer erhöht sich und ihr steht mitten in einer Betriebsprüfung. Was dann passiert, könnt ihr euch vorstellen.

„Mittelbetriebe, die weniger als 4,8 Millionen Euro Jahresumsatz machen, müssen nur einmal pro Dekade mit einem Besuch rechnen“, so eine Studie aus dem Jahr 2018.

Es trifft euch also irgendwann. Und geht damit bitte nicht leichtfertig um. Eine Betriebsprüfung kann euch ruinieren.

Was tun, sprach Zeus, die Götter sind besoffen und bekotzen den Olymp?

Vor allem solltet ihr Rat bei eurem Steuerberater einholen. Es wird wichtig sein, dass ihr versucht, eure möglichen Steuerschulden zu lokalisieren und zu quantifizieren. Mit diesem Ergebnis könnt ihr dann gemeinsam mit einem Experten euer Risiko bewerten.

Und Amazon?

Tja, der Mutige versucht den Schaden bei Amazon geltend zu machen, die Meisten von euch werden jedoch leidvoll den Verlust schlucken. Theoretisch wäre sicherlich eine Musterfeststellungsklage seitens der Verbände denkbar, ABER sie würde sich wahrscheinlich über Jahre ziehen und der Ausgang kann ungewiss sein, jedenfalls würde sie durch alle Instanzen gehen und das ist teuer.

Kommentar

Nach meiner Recherche hat Taxdoo über diese illegalen Praktiken seit Jahren berichtet. Unverständlich, dass dieses Thema und Risiko bisweilen weder von den Verbänden, den Medien, den Finanzämtern und der Politik hochgespielt worden ist.

Wieder einmal wird der europäische KMU und Kleinsthandel unbeherrschbaren Risiken ausgesetzt, weil eine Plattform nicht in der Lage ist, rechtskonform Daten zu liefern und Prozesse zu sichern. Das darf so nicht sein!