Die Gespräche über eine Rettung von ATU sind zwar weit vorangeschritten – doch nun stocken sie. Grund ist eine Sonderforderung des Vermieters.
Von Stefan Wimmelbücker, Automobilwoche.de
ATU: Für die Werkstätten zahlt das Unternehmen überhöhte Mieten.
Der Werkstattkette Auto Teile Unger (ATU) droht die Insolvenz. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Am 8. Dezember läuft die Frist für eine Einigung mit dem Vermieter von fast der Hälfte der rund 600 Standorte ab.
Bei dem Vermieter handelt es sich um die Zweckgesellschaft Lino Management, der 260 ATU-Immobilien gehören. Kreditgeber der Gesellschaft sind die Deutsche Bank und der Hedgefonds Davidson Kempner. Eine deutliche Senkung der Mieten ist Voraussetzung für einen Verkauf von ATU an den französischen Konkurrenten Mobivia, der die Rettung für das angeschlagene Unternehmen und seine 10.000 Arbeitsplätze sein soll. ATU bezahlt seit Jahren überhöhte Mieten.
Vermieter fordert 100 Millionen Sonderzahlung
Grundsätzlich ist Lino zu einer Senkung der Mieten bereit, fordert aber von den bisherigen Eigentümern von ATU als Gegenleistung eine Sonderzahlung von 100 Millionen Euro. “Wir haben ein attraktives Angebot unterbreitet, das die Interessen aller Parteien in angemessener Weise berücksichtigt”, erklärte Lino. Genaue Zahlen gab die Gesellschaft nicht bekannt. Niemand habe Interesse an einer Pleite von ATU. “Eine Einigung ist ohne Zweifel das bestmögliche Ergebnis für alle Beteiligten.”
Der als Sanierer eingesetzte Hans-Joachim Ziems hatte in einem Schreiben an den Aufsichtsrat schon am 17. November erklärt, angesichts der stockenden Gespräche sei die “positive Fortführungsprognose” für das Unternehmen entfallen. Nur diese aber schützt ATU vor der Insolvenz. Wenn innerhalb von drei Wochen keine Lösung gefunden wird, muss der Insolvenzantrag gestellt werden. Inzwischen hat sich die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) eingeschaltet.
Mieten sollen von 57 auf 26 Millionen Euro sinken
Momentan gehört ATU mehreren Hedgefonds. Sie hatten die Werkstattkette 2013 durch einen Tausch von Schulden in Anteile vom Finanzinvestor KKR übernommen. Der französische Konkurrent war bereit, ATU zu übernehmen, machte aber eine deutliche Senkung der Mieten für die 273 Werkstattgebäude und Lagerräume zur Bedingung.
Kreisen zufolge sieht der neue 20 Jahre laufende Mietvertrag eine Senkung von 57 Millionen auf 26 Millionen Euro pro Jahr vor. Das will Lino aber nur gegen Zahlung der genannten Sonderzahlung akzeptieren. Allein auf den Immobilien lasten Schulden in Höhe von 718 Millionen Euro.
Mobivia soll 225 Millionen Euro für ATU zahlen. Das Geld soll aber nicht direkt an die Eigentümer gehen, sondern für die Rückzahlung von Krediten verwendet werden. Das Unternehmen steckt seit Jahren in Schwierigkeiten, unter anderem aufgrund der weit über dem Marktdurchschnitt liegenden Mieten. ATU hat 377 Werkstätten in Deutschland und weitere in Österreich und der Schweiz. Im Geschäftsjahr 2015/2016 erzielte die Kette rund eine Milliarde Euro Umsatz.
ATU ergreift “Vorsichtsmaßnahmen”
Trotz der düsteren Vorzeichen gibt ATU die Hoffnung nicht auf: “Die Verhandlungen mit unseren wesentlichen Vermietern befinden sich in der Endphase”, sagte ein Sprecher. Noch immer sei eine Lösung kurzfristig möglich. Dennoch bereite man sich auf den Fall der Fälle vor: “Selbstverständlich hat die Geschäftsführung rechtzeitig Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, damit die rechtlichen Vorschriften eingehalten werden, sofern es zu keiner Lösung kommt.”
(zuerst erschienen auf automobilwoche.de)