Der deutsche KMU-E-Commerce-Handel verpennt mal wieder seine Chancen

Anstatt ihre Stärken rigoros auszuspielen, stecken kleinere und mittlere Händler lieber den Kopf in den Sand und üben sich großartig im Beklagen der Umstände. Schade. Und dieses Unterlassen wird seine Opfer fordern. Bald. Schon sehr bald.

Was sind die Stärken der KMU?

Ein kleiner oder mittlerer Händler sollte eigentlich in der Lage sein, von seiner schlanken Organisation zu profitieren. Sprich: Unternehmerische Entscheidungen können und sollen schnell gefällt werden.

Ein KMU hat keine große Organisation im Nacken, die ihn lähmt und aufhält. Im Gegenteil: Er kann schnell innovativ handeln und auf Geschehnisse im Markt reagieren.

Warum klappt das in der Realität nicht?

Das liegt wohl an der Unternehmerpersönlichkeit selbst. Die wenigsten Unternehmer haben ihr Business professionell aufgestellt, oft fehlt es an einfachen Skills, wie z.B. die sach- und fachgerechte Kostenrechnung. Oder schlicht an den Fähigkeiten, um ein Projekt strategisch zu planen und umzusetzen. Das Handwerk hat er einfach nicht gelernt.

Gerne begeben sich solche Händler dann in ein ‘Dauerklagen’, wie schlecht und ungerecht doch die Handelswelt ist. Entweder sind die großen Marktplätze an irgendetwas Schuld oder die Kunden sind böse. Egal: Hauptsache, es ist ein anderer.

Fakt ist aber nun einmal, dass die Händler, auch Unternehmer genannt, selbst alle Zügel in der Hand halten (sollten), um ihr Unternehmen zu steuern. Leider unterlassen sie das allzu oft.

Viele Händler sind Jammerlappen

Es vergeht keine Woche, in der nicht etliche Händler in den Facebook Communitys irgendetwas zu beklagen haben, seien es rückläufige Umsätze oder einfach nur Kunden, die versucht haben, die Händler zu betuppen.

Schlimm ist, dass kaum ein Händler über die Schwelle des Jammerns drüber weg kommt und versucht, nach einer Lösung zu suchen. Das ist traurig. Viele Lösungen liegen auf der Hand und werden den Unternehmern schon fast auf dem Silbertablett präsentiert.

Die Chinesen kommen

Alibaba rüstet zum ultimativen Angriff. Der europäische Markt wird fallen. Das wird keine Schlacht, das wird ein Blitzkrieg werden.

In dem Moment,  wo Alibabas Fulfillmentcenter in Bulgarien fertiggestellt und befüllt ist und seine Pforten öffnet, wird der europäische Markt von China-Angeboten geflutet werden. Wann wird das passieren? In 2018. In ein paar Monaten.

Und die Konsumenten werden das abfeiern. Endlich günstige Ware ohne die lästigen deutschen Händler, die die Preise nach oben treiben.

Und ihr so?

Was werdet ihr machen? Jammern? Die bösen Chinesen, die Politik, die Marktplätze. Ihr werdet alle verteufeln. Gut, kann man so machen.

Geholfen ist damit euren Unternehmen aber nicht, im Gegenteil. Ihr werdet kaputt gehen. Die kleinen zuerst, die großen vielleicht später. Aber eines ist sicher: Die Handelslandschaft wird sich verändern.

Und nun?

Heute wurde ein Welt-Artikel in der Wortfilter Community geteilt. Der Titel: “Lidl befriedigt Chinas Hunger”. Merkt ihr was? Die Großen haben es begriffen und erobern den asiatischen Markt mit Bravour.

2016 hat die Branche Waren im Wert von rund 2,1 Milliarden Euro in die Volksrepublik exportiert – und damit fast dreimal so viel wie noch vor fünf Jahren, so Stefanie Seifert , GFin BVE (Quelle: Welt.de)

Wollt ihr da zuschauen? Oder wollt ihr etwas unternehmen? Mensch, kommt mit eurem trägen Hintern um die Kurve und springt auf den Zug auf. Klar habt ihr Hürden zu nehmen, um selbst in China präsent zu sein, aber es ist keine Raketenwissenschaft. Es gibt bereits eine ausgeprägte Dienstleisterlandschaft, die euch beim Start in China & Asien unterstützen kann.

Das war’s

Und ihr stellt euch gerade euer eigenes Armutszeugnis aus. Schade, unfassbar schade.

Oder doch nicht?

Welche Probleme habt ihr denn? Warum startet ihr nicht international? Berichtet mir. Bitte

Dieser Beitrag wurde am von unter eBay veröffentlicht.

Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und größter eBay Händler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen für eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay Geschäft zurück und lebt nun als Privatier in der Südwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmäßig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen Onlinehändlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

10 Gedanken zu „Der deutsche KMU-E-Commerce-Handel verpennt mal wieder seine Chancen

  1. Ge

    Hallo zusammen, interessanter Artikel! Es gibt auch Klein sowie Einzelunternehmer in China. Diese sind sehr an Deutsche Produkte interessiert. Wenn man welche gefunden hat und der Chinese ist mit der ersten Ware zufrieden dann bestellt er meistens bei der nächsten mehr. So meine Erfahrungen! Schnappt euch die Kleinen. Mit freundlichen Grüßen Georg

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  2. Janet

    Hallo, wir würden gerne etwas an die chinesen verkaufen, ist doch “made in germany” sehr gut dort angesehen. Nur war es schon beim der Anmeldung gescheitert, da es bei den anmeldekriterien schon scheiterte ( ich glaube, man musste eine chin. Bankverbindung/Kreditkarte vorweisen). Wir würden es gerne nochmal versuchen. Ideen sind herzlich willkommen! Vielen Dank!

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  3. Frank B

    P. S. taobao und tamll sind die 2 großen Anbieter dort. Wie soll das eine kleine Firma umsetzen? Übersetzung, Verzollung, Kommunikation, Zeitverschiebung. Lohnt sich der Verkauf der Ware bei hohen Versandkosten und Zoll? Firmengründung gleich dort mit einheimischen Angestellten ? Lager dort mieten? Logistikdienstleister?
    Du hast schon Recht. Aber Umsetzung für kleine Firma schwer. Wir haben nicht wie du damals 30.000 Pakete im Monat …

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  4. Frank B

    Als erstes den Firmensitz dorthin verlagern. Dann ist man steuerlich mit den Chinesen auf einer Stufe.

    Lieber Mark,

    ich habe mich vor einem halben nach Berlin aufgemacht. Dort ging es um E Commerce in China. Das ist ein ganz anderer Markt. Kaufen ist dort Lifestyle. Die kaufen über soziale Netzwerke wo Bankkonten gleich eingebunden sind.
    Ebay spielt dort keine Rolle. Amazon vermutlich fast keine.
    Es gibt einen Anbieter der ca. 70 % Marktanteile hat. Name weiß ich nicht mehr, da noch nie gehört. Also 2-3 bedeutende Plattformen. Wie soll der Vertreib funktionieren?
    So wie ich es in Erinnerung habe, kann man sich auf der Plattform nur anmelden, wenn man in China 2 Jahre als Firma registriert ist oder man holt sich über Joint Venture einen Chinesen ins Boot. Wer will das?
    Erschwerend ist auch, dass China seinen Markt abschottet. Zoll Minimum 30 %. Gut, zahlt der Endkunde.

    Also mir ist nicht klar geworden, wie ein kleiner Händler dort Fuß fassen kann. Vor allem wenn er kein Chinesisch kann. Aber vielleicht bringst du mal einen Betrag wie E Commerce in China funktionieren kann. Praxisnahe.

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    1. Mark Steier Beitragsautor

      Also zu den Plattformen: Da hast du einmal die Alibaba Marktplätze, JD.com, Amazon.jp und WeChat. Viel eCommerce läuft über Social Media -> WeChat. Gut und den Ball nehme ich auf, dann werde ich einmal eine Serie starten.

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  5. Frank

    Wie soll denn der unprofessionelle, sein Handwerk nicht verstehende oben beschriebene kleine Händler ohne Wissen um Kostenrechnung den asiatischen Markt erobern? Der Vergleich mit Lidl hinkt doch massiv, die haben große Teams und noch größere Budgets auf so etwas angesetzt. Es ist doch absurd zu glauben, einzelne kleine Händler seien dazu auch in der Lage.

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  6. Michael Schäfer

    Hallo Mark,

    damit KMUs das umsetzen könnten, was Du forderst, müssten Sie über eine IT-Infrastruktur verfügen, die auf Changability ausgerichtet ist. Wenn ich mich nicht irre, wurde genau das beim führenden Hersteller für E-Commerce-Lösungen auf seiner jährlichen Hausmesse von einem ziemlich berufenen Mund kritisiert. Und wenn die Software-Hersteller schon mit Ihren Produkten den Anforderungen hinterherhinken und alte Kamellen als Innovationen preisen, wie soll es dann IT-technisch bei KMUs aussehen. Das Umsetzen schneller Entscheidungen scheitert dann an den vorhandenen Ressourcen.

    Gruß Michael

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  7. massel

    Lieber Mark, “es wird nicht so heiss gegessen wie es gekocht wird”… und den Heimatmarkt aufgeben und in Asien investieren, ggf. unter Bedingungen die Menschenrechte und korrekte Arbeitsverhältnisse & Umwelt nicht im Ansatz respektieren.. Nein, ein guter Unternehmer hat auch eine soziale und moralische Verantwortung. Da nehme ich mir lieber Trigema als Vorbild als Alibaba und Konsorten! Ich denke auch, ein Unternehmer, der perfekten Kundenservice und Nähe walten lässt und innovativ ist braucht Großkonzerne mit Ihrem Wasserkopf als auch ausländische Konkurrenz nicht zu fürchten.. Lass die Konsumenten solcher Angebote mal im ersten Stepp die vermeintlich günstigen Preise feiern, die Rechnung dafür kommt später!

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    1. Mark Steier Beitragsautor

      Du brauchst zunächst einmal das Produkt 🙂 und nicht den Kundenservice. Wenn du ein schlechtes Produkt hast, aber einen guten Kundenservice, verkaufst du immer noch ein schlechtes Produkt. Das ist nicht die Lösung. Darum geht es aber auch nicht in meinem Artikel.

      Händler die bisweilen ihre Produkte aus China sourcen werden sich kurzfristig einer Konkurrenz Situation ausgesetzt sehen die sie nicht beherrschen können. Eine Differenzierung über den service wird keinen Erfolg herbeiführen.

      Mein Vorschlag ist mit Sicherheit auch nicht, dass die Händler den deutschen Markt aufgeben sollen, aber sie können die drohenden Etrags-/Umsatz Verluste kompensieren indem sie ‘made in germany’ in Asien/China verkaufen.

      Der Handel ist globaler geworden und das ist auch gut so, nur wenn du als Händler nicht den weg der Globalisierung mit gehst, dann bleibst du auf der Strecke. Verluste auf dem Heimatmarkt wirst du schlicht nicht kompensieren können.

      Ergo: gerade kleine Händler sollen/können/müssen ihre Chance nutzen und ihre Vorteile/Stärke spielen. Das meine ich 🙂

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