Fazit: Auch Studien retten vorm Selberrechnen nicht

Nur 3,50 Euro müssen Online-Händler im Durchschnitt an Versandkosten verlangen, damit sie bei der Logistik nicht draufzahlen, haben die Marktforscher von PriceWaterhouseCooper (PwC) gestern verkündet. Und die müssen es wissen, denn sie haben ja eine ganz aktuelle Logistik-Studie abgeschlossen. 3,50 Euro, das ist eine tolle, griffige Zahl, die sich wunderbar in Headlines und Newsletter-Betreffzeilen verwenden lässt. Sie ist außerdem falsch. Und ein Paradebeispiel für eine Milchmädchenrechnung.

Schauen wir uns diese ominösen 3,50 Euro doch mal genauer an. In dem Report „Solving the online logistics dilemma: A practical guide toward profitability” der PwC-Tochter Strategy& geht es eigentlich nicht um konkrete Logistikkosten, sondern darum, wie Händler ihre Profitabilität mit schlankeren, effizienteren Logistik-Prozessen erhöhen können.

Die Anregungen in dem Report sind durchaus spannend und können Händlern gute Impulse geben, um mal mit einem kritischen Auge durch ihre Lagerhalle zu gehen. Aber da diese guten, aber komplexen Inhalte nicht besonders griffig sind, hat offenbar jemand aus dem Strategy&-PR-Team gesagt: „Wir brauchen noch eine Zahl für die Schlagzeilen!“ Und da ist dann dieser Abschnitt entstanden:

“Recent Strategy& benchmarking analysis across European retailers suggests an optimistic breakeven model of €3.50 (US$4.18) as a minimum cost-to-serve per shopper delivery for simple parcel fulfillment. Anything below this level indicates an average loss-making business model that will be unsustainable in the long term.”

Wie die “Benchmark-Analyse” hinter dieser Zahl ausgesehen hat, welche Kriterien in die Berechnung einflossen und welche europäischen Online-Händler dafür untersucht wurden, verschweigt der Report leider. Aber 3,50 Euro, das ist doch mal eine griffige Zahl!

Von Einzelkosten, Gemeinschaftskosten und individuellen Kosten

Nur wohl leider die falsche. Ich habe Dietmar Sicking, Geschäftsführer des Fulfillment-Anbieters Lumundi Versand gebeten, mir aufzulisten, welche Posten in die Berechnung einer solchen „Mindest-Profitabilitäts-Grenze-pro-Einzelversand“, wie sie Strategy& da versucht, eigentlich einfließen müssten. Da hat er zunächst von den Einzelkosten gesprochen, also alle Kosten, die pro Paket anfallen, beispielsweise:

  • Porto
  • Verpackung
  • Lohnkosten für die Pick-und Pack-Zeit

Diese Einzelkosten lassen sich relativ leicht berechnen, zum Beispiel so:

  • Porto: 1kg versichert über DHL: zwischen 2,50€ und 4,00€ je nach Kondition beim Seller oder 1,45€ bis 2,60€ für Brief (ohne Einschreiben oder Prio)
  • Verpackung: je nach Ausprägung zwischen 0,05€ und 5,-€
  • Pick und Packzeit: je nach Refa-Auswertung und Prozessorganisation

So, damit werden wir bei den meisten Händlern und Produkten schon bei über 5 € liegen, oder?

[…] weiter geht’s auf shopanbieter.de

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Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und größter eBay Händler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen für eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay Geschäft zurück und lebt nun als Privatier in der Südwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmäßig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen Onlinehändlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

5 Gedanken zu „Fazit: Auch Studien retten vorm Selberrechnen nicht

  1. Hartwig Eigenbrodt

    Als ein Online-Händler mit ca. 4.000 – 5.000 Sendungen im Jahr liege ich bei ca. 4,00 – 4,50 Euro netto (Paketdienstleister/Verpackungsmaterial) ohne Lagerkosten und Arbeitskosten. Für mich bedeutet das, dass ich mich nur in Nischen austoben kann, in denen die Versandkosten durch ausreichende Margen mitgetragen werden. Sobald der Wettbewerb tobt, habe ich verloren.

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  2. Christian Peter

    Darum bieten ja die meisten bei Ebay Versandfrei an . Die Versandkosten werden ja bei ebay mit in dem Umsatz eingerechnet.
    So hat ebay noch sehr viel mehr Gewinn. So kann ebay dann schön ihre Umsatzzahlen verschönern und zwar in Millionen. Händler sind hier klar die Dummen – besonders die Händler mit Billigpreisprodukten .

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  3. Bastian

    Mal ein wenig aus dem Nähkästchen: Wir versenden primär große Pake mit Gurtmassen bis 3 Meter. Ebenso per Spedition. Dort wird es dann richtig Kostspielig (ab 29€) Inhalt: Glas! Die reinen Versandkosten sind recht „gering“. Wir nehmen schon gut und was ab (Amazons FBA Konditionen können da komischerweise nicht mithalten?). Die Verpackung verschlingt aber gut 3-6€. Lohnanteil liegt pro Stück bei knapp 2€ (Aufwändige Verpackung). Unsere Retourenquote liegt zum Glück bei unter 2%. Rückversand von solchen Kisten macht immer Spaß. Darum rechnen wir immer noch was extra ein. Besonders wenn die Kunden schlecht verpacken und der Inhalt zu Bruch geht. Als Versandkosten schreiben wir 6.90€ aus. Früher waren es sogar noch 9,90€. Rest preisen wir ein. Wir bieten Kostenlosen Rückversand. Ausnahme: Speditionsware. (Sind meist eh Sonderanfertigungen)

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  4. Frank

    Wir verschicken (sofern wir nicht per FBA versenden) meist als Brief fuer 85 Cent. Passt genau fuer unsere Retailware. Gibt uebrigens spezielle Luftpolsterumschlaege, die das DIN Lang genau einhalten. Ach so: Die Verlustrate ist geringer als bei den Paketen.
    Mit Arbeitszeit duerfte man letztendlich aber auch nicht unter 2,50EUR landen…

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    1. alex

      Wir versenden auch meist für 85ct. Luftpolstertasche die in einen vorfrankierten DIN Lang-Fensterumschlag gesteckt wird. Außer an Weihnachten sind die Verluste gering. Redest du von Luftpolsterumschlägen, die in DIN-Lang passen, oder von fertigen Versandumschlägen? Hast du evtl. eine Bezugsquelle?

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