Was KMU von Nvidia-CEO Jensen Huang lernen können


Die Kraft einer Frage

Jensen Huang, Gründer und CEO des Chipgiganten Nvidia, ist nicht nur für seine technischen Visionen bekannt, sondern auch für seinen unorthodoxen Führungsstil. Eine seiner wichtigsten Führungsregeln lautet: Fragen ist besser als Antworten.“ Huang verbringt nach eigenen Aussagen ganze Tage damit, den richtigen Leuten die richtigen Fragen zu stellen. Kein Mikromanagement, keine Dominanz in Meetings – sondern gezieltes Questionstorming.

Was wie eine einfache Managementtechnik klingt, hat das Potenzial, auch kleinen Unternehmen zu helfen, innovativer, schneller und besser zu werden. Denn gerade in kleinen Teams, in denen jeder Mitarbeitende zählt, kann die Qualität der Fragen über den Erfolg eines Projekts oder sogar des gesamten Geschäftsmodells entscheiden.


Was ist Questionstorming?

„Questionstorming“ ist eine Kreativitätstechnik, bei der nicht Lösungen, sondern Fragen im Mittelpunkt stehen. Im Gegensatz zum klassischen Brainstorming, bei dem spontane Ideen gesammelt werden, geht es beim Questionstorming darum, möglichst viele relevante, herausfordernde oder überraschende Fragen zu einem Thema zu formulieren.

Beispiel:
Statt die Frage „Wie können wir unseren Umsatz steigern?“ zu beantworten, stellt man sich:

  • Warum kaufen Kunden eigentlich bei uns?
  • Was hält sie davon ab, öfter zu kaufen?
  • Welche Probleme lösen wir wirklich – und welche nicht?
  • Was wäre, wenn wir unser Geschäftsmodell radikal ändern müssten?

Ziel ist es, neue Denkräume zu eröffnen, blinde Flecken zu entdecken und Probleme aus anderen Perspektiven zu betrachten. Die Kunst liegt darin, nicht sofort in Lösungen zu denken, sondern sich auf das Nichtwissen einzulassen.


Warum gerade kleine Unternehmen davon profitieren

Für kleine Unternehmen mit maximal 50 Mitarbeitenden gelten besondere Regeln. Es gibt meist keine dedizierten Innovationsabteilungen, keine externen Berater und keine großen Budgets für Experimente. Dafür aber: kurze Wege, flache Hierarchien und oft eine hohe intrinsische Motivation der Mitarbeitenden.

Hier kann Questionstorming zum echten Gamechanger werden. Denn:

  • Alle Perspektiven zählen. In kleinen Teams kann jede Meinung Gewicht haben. Gute Fragen helfen, diese Stimmen zu heben.
  • Wenig Ressourcen = hohe Notwendigkeit, das Richtige zu tun. Wer nur begrenzte Mittel hat, muss besonders klug fragen.
  • Fehler kosten mehr. Eine falsche Entscheidung kann für ein kleines Unternehmen existenzbedrohend sein. Gute Fragen helfen, Risiken früher zu erkennen.
  • Schnelle Umsetzung. Wer gute Fragen stellt, erkennt schneller, worauf es wirklich ankommt – und kann schneller handeln.

Wissenschaftliche Fundierung: Warum Fragen wirken

Die Psychologie zeigt klar: Fragen aktivieren andere Gehirnareale als Aussagen. Wer gefragt wird, denkt nach, analysiert, wägt ab. Vor allem sogenannte offene Fragen („Was wäre, wenn …?“) regen kreatives Denken an.

Studien der Harvard Business School zeigen:

Führungskräfte, die häufig Fragen stellen, werden als kompetenter und emphatischer wahrgenommen – und sie fördern innovationsfreundlichere Kulturen.

Auch die kognitive Psychologie bestätigt:

  • Fragen fördern Metakognition – das Nachdenken über das eigene Denken.
  • Fragen brechen Routinen auf.
  • Fragen erzeugen emotionale Beteiligung.

In kleinen Teams kann das konkret bedeuten: Ein Chef, der fragt, statt anzuweisen, fördert die Eigenverantwortung seiner Mitarbeitenden.


Der praktische Einstieg: So gelingt Questionstorming im Alltag

1. Einen Fokus wählen
Startpunkt ist ein klar definiertes Thema: z. B. ein neues Produkt, ein Kundensegment oder eine interne Herausforderung.

2. Regeln definieren

  • Keine Antworten, nur Fragen
  • Keine Bewertung während des Prozesses
  • Auch scheinbar „dumme“ Fragen sind erlaubt

3. Zeitlich begrenzen
Z. B. 20 Minuten intensives Fragenstellen im Teammeeting. Das sorgt für Energie und Disziplin.

4. Fragen clustern
Im Nachgang werden die gesammelten Fragen sortiert: z. B. nach strategischen, operativen oder kreativen Fragestellungen.

5. Priorisieren
Welche Fragen sind besonders spannend? Wo steckt das größte Potenzial oder Risiko?

6. Antworten suchen – wenn nötig
Nicht jede Frage muss beantwortet werden. Aber die, die wirklich brennen, verdienen Aufmerksamkeit.


Beispiel aus der Praxis: Ein Onlinehändler in der Krise

Ein kleiner Onlinehändler für nachhaltige Büroartikel kämpft mit stagnierendem Umsatz. Statt sofortige Maßnahmen zu ergreifen, führt das Team ein 30-minütiges Questionstorming durch. Ergebnisse:

  • Warum kaufen unsere Stammkunden seltener als früher?
  • Was denken Kunden wirklich über unsere Versandverpackungen?
  • Wie können wir Kunden im Homeoffice besser erreichen?
  • Was würde passieren, wenn Amazon morgen ein ähnliches Produkt launcht?

Einige dieser Fragen führten zu einer Befragung der Bestandskunden – mit überraschenden Erkenntnissen: Viele empfanden die Verpackung als unökologisch. Das Unternehmen stellte um, kommunizierte den Schritt aktiv – und gewann neue Kunden.


Führung neu gedacht: Fragen als Kulturtechnik

Die Haltung hinter dem Questionstorming ist zentral: Es geht nicht um Methodenkompetenz, sondern um Führungsverständnis. Wer fragt, gibt Kontrolle ab – und zeigt zugleich Interesse und Vertrauen.

In kleinen Teams kann das bedeuten:

  • Der Chef hört mehr zu
  • Mitarbeitende werden zu Mitdenkern
  • Silos und Hierarchien werden abgebaut
  • Fehler und Zweifel dürfen ausgesprochen werden

Langfristig entsteht so eine Unternehmenskultur, in der Neugier und Verantwortung Hand in Hand gehen.


Risiken und Grenzen

Questionstorming ist kein Allheilmittel. Mögliche Probleme:

  • Fragen ohne Follow-up können frustrieren
  • Zu viel Offenheit kann überfordern
  • Schlechte Moderation führt zu Beliebigkeit

Deshalb gilt: Klarer Rahmen, gezieltes Nacharbeiten und die Bereitschaft, auch unbequemen Antworten nachzugehen.


Fazit: Kleine Unternehmen brauchen große Fragen

Wer als kleines Unternehmen dauerhaft erfolgreich sein will, braucht nicht nur gute Ideen – sondern gute Fragen. Questionstorming ist mehr als eine Technik. Es ist ein Denkstil, der Innovation, Beteiligung und Reflexion fördert.

Ob im Kundendienst, in der Produktentwicklung oder im Tagesgeschäft: Wer fragt, führt – und zwar besser. Jensen Huang hat es vorgemacht. Und gerade kleine Teams können davon am meisten profitieren.


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