Aufforderung zur Bewertung – Ich bin der Geilste und hab das Megaprodukt? Darf ich Kundenfeedback erfragen?

Diese Woche berichtet in meiner Facebookgruppe ein Amazon-Händler, dass er eine Abmahnung erhalten habe, weil er seinen Kunden (in diesem Fall einem Rechtsanwalt) eine E-Mail geschickt hat in der es um eine Bitte zur Abgabe einer Rezension ging. Nicht nur bei Amazon-Händlern, sondern auch bei eBay-Verkäufern ist es gang und gäbe, dass man seine Kunden sehr gerne auffordern möchte, das Produkt und das Kauferlebnis einzuschätzen.

Darf man seinen Kunden eine Aufforderung per Mail senden?

Bei der Beantwortung dieser Frage scheiden sich die Geister. Man weiß nichts Genaues. Die Juristen vertreten im wesentlichen 2 Meinungen und ich habe sogar noch einen 3. Ansatz. Die Sache ist, dass es, wegen des geringen Streitwertes, kaum OLG-Urteile gibt. Die meisten Rechtsstreitigkeiten enden beim Amtsgericht oder höchstens vor dem Landgericht. Daher wird es euch Händlern nicht erspart bleiben, Risiken abzuwägen und eine individuelle Entscheidung zu treffen.

Einige Juristen sagen das:

Es geht um Paragraf 7 Abs. 3 des UWG. Darin geht es um unzumutbare Belästigungen. Im 3. Abschnitt speziell um Werbung, die ohne vorherige und ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eingeht. Das bedeutet, die Juristen sind der Meinung, dass es sich um Werbung handelt, wenn man bei seinem Bestandskunden nachfragt. Werbung, für die eine ausdrückliche Einwilligung notwendig ist.

So weit so gut. So etwas ließe sich bei eBay oder im eigenen Shop lösen, aber bei Amazon klappt das nicht. Amazon holt sich diese Einwilligung bei den Kunden und darf daher selbst diese Nachfragen an die Kunden versenden. Nicht aber die Händler selbst.

Andere sagen das:

Die andere Juristenfraktion geht davon aus, dass es sich bei der Bitte um eine Rezension oder Bewertung schlicht nicht um Werbung handelt. Daher bedarf es auch keiner besonderen Einwilligung. Es wird die Auffassung vertreten, dass solche Nachfragen zum etablierten Kauferlebnis im Internet gehören.

Ich sehe das so:

Die regelmäßigen Streitwerte, die von Gerichten anerkannt werden, liegen bei ca. 2500€. Damit seid ihr immer bei den Amtsrichtern. Die sind naturgemäß eher die kleineren Lichter auf der Torte und befinden sich eher am unteren Ende der Nahrungskette. Das bedeutet, es ist ein reines Roulettespiel, abzusehen, wie ein Richter entscheidet. Bei einem Streitwert von 2500€ reden wir gerade einmal über Kosten um die 300€, die an euch hängen bleiben können.

Für den Fall, dass ihr eine Unterlassungserlärung abgeben sollt, könnt ihr immer noch versuchen, den Vorfall auf eine einzige Mail-Adresse zu beschränken. Damit seid ihr vom Risiko einer Vertragsstrafe nahezu befreit.

Also:

rein wirtschaftlich Abwägen. Das Risiko für so etwas eine Abmahnung zu erhalten ist winzig. Aufgrund des geringen Streitwerts haben in der Regel auch Anwälte kaum Interesse. Es sei denn, es handelt sich um Anwälte, die am Hungertuch nagen und besser zum Sozialamt gehen sollten.

Fazit:

Wegen möglicher Kosten von 300€ würde ich mich immer für dieses Risiko entscheiden und weiterhin ganz lieb und brav diese Vielleicht-werbe-Mails versenden.

Und wer kein Risiko eingehen will?

Der hätte die Möglichkeit, einen netten Flyer (vielleicht mit einem kleinen Goodie) mit in das Paket zu legen und den Kunden auf diese Art und Weise zu bezirzen, das Produkt oder das Kauferlebnis zu bewerten. Das kann man exklusiv oder additiv machen und ist auf gar keinen Fall verboten.

Dieser Beitrag wurde am von unter Amazon, eBay, Onlinehandel, Tipps und Hilfen, Weitere Marktplätze veröffentlicht.

Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und größter eBay Händler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen für eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay Geschäft zurück und lebt nun als Privatier in der Südwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmäßig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen Onlinehändlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

4 Gedanken zu „Aufforderung zur Bewertung – Ich bin der Geilste und hab das Megaprodukt? Darf ich Kundenfeedback erfragen?

  1. Alex

    Hallo zusammen,

    also jetzt muss ich auch mal eine Aussage zu diesem Thema machen.

    Alle Vorschreiber möchten gerne von den günstigen Preisen profitieren, schnellem Versand und natürlich dem Widerrufsrecht!
    Wenn ein Verkäufer freundlich um ein Statement bittet, ist das doch völlig legitim. Immer nur die Vorteile mitnehmen, so sind wir mittlerweile.
    Geht doch in die Läden und legt pro Kauf 50 % drauf, dann noch viel Spaß mit den Reklamationen und der Fahrt in die Stadt!
    Zum suchen für den besten Preis und das beste Produkt werden Stunden investiert, wenn aber ein Internethändler zu einem Produkt eine Meinung möchte und zwar EURE, dann ist es zu viel und ist belästigend!

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  2. Gastleser

    Ich sehe das wie Jirina! Ich kaufe SEHR viel im Netz ( … wenn auch niemals bei ‘global greedy’ Jeff Bezos) und jede einzelne unnötige Email zu einer Transaktion empfinde ich als Belästigung und “unerwünschte Werbung”. Bei sagen wir mal 1000 Transaktionen im Jahr summiert sich das schnell auf 2000 bis 3000 unerwünschte und auch absolut UNNÖTIGE Email-Eingänge. Diese zu überfliegen um deren Anliegen zu ermitteln um sie dann zu löschen bedarf es rechnerisch bei (minimalst) 20 Sekunden je Mail insgesamt also 16,7 Stunden per annum. Zwei volle Arbeitstage nur zum Ignorieren und Löschen von Nachrichten, die ich nicht bestellt und nicht genehmigt habe? Inakzeptabel! Und das sind sind nur die gemässigten Onlinehändler, ich könnte hier problemlos Namen von Firmen nennen, die (regelmässigen Käufern, aber dennoch unerwünscht) entweder TÄGLICH 1 bis 2 Mails senden oder auch solche, die nach einem einzigen Online-Kauf wochen- und monatelang mit irgendwelchen (wohlgemerkt explizit ungenehmigten) Mails nerven. Eine Produktbewertung, oder auch eine Transaktionsbewertung bleiben IN JEDEM FALL völlig freiwillig und gehören m.E. durchaus NICHT zum “Usus” des gegenwärtigen Onlinehandels. Bewertungs- oder Kommentar-Aufforderungen gehören auch definitiv nicht zum Bemühen um produktive “Kundenbindung” sondern bringen einzig und allein dem Händler Nutzen in Form kostenlos erhaltenen Contents. Für den bewertenden Käufer sind sie reine Zeitverschwendung. Der Onlinehandel sollte bei diesem Thema selbst mehr Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung entwickeln, … sonst wird auch hier früher oder später eine Regulierung von oben einsetzen.

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  3. Jirina Salakova

    Ich gehöre zu den Kunden, die viel im Internet einkaufen, da ich am A. der Welt wohne. Dementsprechend groß ist die Lawine der Beurteilungsersuchsmails, viele sehr penetrant gestaltet – aber auch die nettesten nerven und kosten meine Lebenszeit, von der mir nicht mehr viel bleibt. Den netten schreibe ich das, sie sehen es ein. Den anderen, nachdem sie wieder und wieder kommen (wenn ich die erste Anfrage einfach gelöscht hab), schreibe ich, dass ich bei ihnen deshalb nie wieder bestelle … Also Negativ-WErbung. Das sollten viele machen – die Zeit des Kunden gehört ihm, finde ich. Wenn er zufrieden war, bestellt er wieder -oder bedankt sich sogar. Wenn nicht …. Amazon bietet die Möglichkeit, zu vielen Produkten Fragen zu stellen – dort kann der neue Kunde viel über das Produkt erfahren – und aus den – freiwilligen – Rezensionen. Es gibt ja auch Leute, die zwecks Selbstdarstellung auch Rezensionen schreiben – vlt könnte man jeden Kunden beim Zustandekommen des Kaufs fragen, ob er hinterher Bewertungen abgeben mag …

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