Jeder dritte Italiener kauft gern online. Im Vergleich zu den vorherigen Jahren ist die Online-Nachfrage stark gestiegen. Gerade die wachsende Nachfrage in Verbindung mit einem im Vergleich zu Deutschland weniger hartem Wettbewerb kann für deutsche Unternehmen sehr interessant sein. Wer sich an grundlegende Besonderheiten des italienischen Markts (wie die Sensibilität für Preisaktionen und das Bedürfnis nach Angeboten in der Muttersprache) hält, hat gute Erfolgschancen in dem noch jungen Markt.


Wer kauft online?

Hier einige interessante Daten über die italienischen Online-Käufer:
• Mehr als die Hälfte (55%) der italienischen Online-Käufer sind jünger als 44 Jahre.
• 53% der Online-Käufer sind Männer.
• 61% kaufen durch Mobile-Geräte.

Was kaufen die Italiener gern?

Neben Tourismus sind die Elektronik- und Mode-Branchen die wichtigsten Säulen des italienischen E-Commerce, gefolgt vom Büchermarkt.
Elektrogeräte, insbesondere Smartphones, Tablets, PCs sowie Haushaltsgeräte sind oft gekaufte Produkte im Internet. Im Jahr 2015 wurden etwa 15 Millionen Smartphones verkauft. Der Online-Mode-Handel ist in den letzten 5 Jahren um 30% gewachsen und macht heute 10% des gesamten E-Commerce-Umsatzes in Italien aus.
Das ist eine große Chance, für alle, die mit Mode handeln. Hier lohnt sich eine Expansion auf den italienischen Markt. Gerade mit Hilfe von Plattformen wird es Anbietern aus technischer Sicht hier auch einfach gemacht, neue Kunden in Italien zu erreichen.

Rechtliche Unterschiede

Das innerhalb der EU nicht harmonisierte Gewährleistungsrecht hat in Italien viele Ähnlichkeiten mit den deutschen Normen. Jedoch sind die Meldefrist, einen Mangel innerhalb von 2 Monaten ab der Entdeckung beim Händler anzuzeigen oder die Möglichkeit für Verbraucher, innerhalb von 26 Monaten (statt 24 wie in Deutschland) ihr Gewährleistungsrecht auszüben, Neuigkeiten für deutsche Händler.
Wichtig ist auch: Jede Information, die an einen Verbraucher oder Nutzer in Italien gerichtet ist, muss in italienischer Sprache verfasst werden.

Wie wird in Italien der Vertrag geschlossen?

Ein kleiner aber für die tägliche Praxis sehr relevanter Unterschied ist die Vertragsschlussregelung. Das Prinzip des „unverbindlichen Angebotes“ im Online-Shop kennt das italienische Recht nicht. Die Produktdarstellung gilt dort als rechtlich verbindliches Vertragsangebot seitens des Händlers.
Dies bedeutet, dass der Kaufvertrag unmittelbar durch die Bestellung des Kunden zustande kommt und nicht erst durch die Bestätigung des Händlers. Bestellungen sind also bindend und können nicht abgelehnt oder durch Fristen hinausgezögert werden.
Das ist allerdings nur scheinbar ein Unterschied, denn z.B. gilt das für Verkäufe über eBay auch genauso in Deutschland.

Schwierige Lieferadressen berücksichtigen

Ein nicht unerheblicher Teil des italienischen Staatsgebietes besteht aus Inseln. Insgesamt 458 Inseln machen rund ein Fünftel der gesamten Fläche Italiens aus. Außerdem gibt es zahlreiche Dörfer, die schwer zu erreichen sind. Händler, die nach Italien liefern, müssen die Besonderheiten solcher Lieferadressen berücksichtigen und darüber sorgfältig informieren, insbesondere über Lieferzeiten, die sich beim Versand in solche Gebiete möglicherweise verlängern.
Die Lieferzeiten und eventuelle Beschränkungen der Liefergebiete müssen den Verbrauchern im Rahmen der vorvertraglichen Infopflichten des Händlers bekannt gegeben werden. Die Händler sind verpflichtet, eventuelle Beschränkungen der Liefergebiete spätestens beim ersten Schritt des Bestellprozesses anzugeben.

Lieferungen auf italienische Inseln können kompliziert sein. Lieferanten brauchen in der Regel zwei bis drei Tage länger, um bestimmte entlegene Inseln zu erreichen und häufig werden Mehrkosten für den Transport verlangt. Dies gilt auch für entlegene Gebiete, die sehr schwer zu erreichen sind. Deutsche Händler müssen sich daher über die Auswirkungen dieser Umstände auf Zeit und Kosten der Lieferung im Klaren sein und diese auf den Infoseiten des Online-Shops berücksichtigen. Hier stellt sich die Frage, ob man solche Kosten anteilig auf den Produktpreis hinzurechnet oder ob man komplizierte Versandkostenregelungen mit dem Verbraucher vereinbart. Oft wird man diese Entscheidung auch aufgrund von technischen Restriktionen beim Angebot auf Marktplätzen treffen müssen, denn nicht immer kann man dort für verschiedene Insel-Lieferungen auch verschiedene Versandkosten anzeigen lassen.

Außerdem muss man prüfen, ob der ausgewühlte Lieferant diese Besonderheit in seinem Angebot berücksichtigt. Wie lange braucht man tatsächlich, um eine bestimmte Insel oder ein entlegenes Gebiet zu erreichen? Werden zusätzliche Kosten berechnet? Welche Gebiete gelten als so weit abgelegen, dass zusätzliche Kosten anfallen? Oder muss man sich vielleicht sogar einen anderen Versanddienstleister für Lieferungen nach Italien suchen?

Wettbewerbsbehörde kann hohe Sanktionen auferlegen

Den Verbrauchern falsche, irreführende oder auch lediglich unvollständige Informationen zu geben, kann in Italien sehr teuer werden. Die italienische Wettbewerbsbehörde (AGCM) überwacht den italienischen Markt regulär und kann hohe Geldstrafen verhängen. Sie reichen von z.B. 20.000 Euro für mangelhafte Informationen über das Gewährleistungsrecht bis zu 500.000 Euro für unlautere Geschäftspraktiken im Rahmen von Rabattaktionen. Aber die Geldbußen können auch noch weit darüber liegen und richten sich unter anderem nach dem Jahresumsatz des Unternehmens.

Die AGCM spielt in der Praxis die bedeutsamste Rolle bei Verstößen gegen Verbraucherrechte. Die Behörde wird öfter eingeschaltet als die Gerichte, denn sie entscheidet wesentlich schneller als die ordentlichen Gerichte und der Verbraucher kann selbständig vor dem AGCM agieren und muss auch keine Gerichtsgebühr zahlen.

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass sich Mitbewerber an die AGCM wenden, wenn sie der Meinung sind, ein anderer Shop verstößt gegen Verbraucherrechte. Die AGCM kann auch von selbst tätig werden, also ohne Vorliegen einer Beschwerde, wenn ein allgemeines Interesse beeinträchtigt wird. Dies ist aber eher bei weltweit tätigen Konzernen der Fall und nicht bei kleineren und mittleren Online-Händlern.

Tipps für die Internationalisierung nach Italien

Wer international erfolgreich sein will, muss ebenso kulturelle und rechtliche Besonderheiten des Ziellandes beachten. In erster Linie braucht der Händler Sprachexpertise im Hause, nicht nur wegen möglicher Nachfragen der Kunden, sondern auch, um alltägliche Probleme mit lokalen Geschäftspartnern schnell und effizient zu lösen (z.B. mit Lieferanten, Vermietern von Lagerfläche usw.).

Infotexte und Werbekampagnen sollten nicht einfach übersetzt werden, sondern auch rechtlich überprüft werden. Nur so können teure Geldbußen vermieden werden. Diese Kosten der entsprechenden Beratung müssen dann ebenso einkalkuliert werden. AGB direkt ins Italienisch zu übersetzen, ohne einen rechtlichen Check durchzuführen, ist also zu vermeiden, insbesondere weil teure Geldbußen von der Aufsichtsbehörde (AGCM) drohen.

Marktforschung und Strategie

Online-Händler sollten zunächst herausfinden, ob der Zielmarkt an ihren Produkten interessiert ist, wie stark der Wettbewerb ist, welche Preise funktionieren würden, wie die Demographie der Zielgruppe ist etc. Auf jedem Markt gibt es verschiedene Unternehmen, die eine professionelle Markforschung anbieten. Händler, die lieber selbst diese Recherche durchführen möchten, können heutzutage zwischen verschiedenen Tools auswählen. Händler können den Markt auch zunächst über Online Plattformen wie Amazon oder eBay testen, um sich einen genaueren Eindruck zu verschaffen, wie Kunden in der Praxis auf ihre Angebote reagieren.

Über den Autor

Marcin Jedrzejak

Legal Expert der Trusted Shops GmbH. Er hält einen Master of German and Polish Law von der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder und hat zusätzlich sein postgraduales Studium in Business Management abgeschlossen. Seine ersten beruflichen Erfahrungen konnte er in der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner sammeln.

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