Was viele Onlinehändler vor dem Einstieg in den internationalen Handel nicht beachten: Ihre Warenverkäufe ins EU-Ausland sind dort häufig umsatzsteuerpflichtig. Das deutsche Umsatzsteuergesetz sieht eine Vereinfachung der Besteuerung vor, um Kleinunternehmer bürokratisch zu entlasten. Dieser Artikel gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Kleinunternehmerregelung.

Was sollten Kleinunternehmer über das Umsatzsteuerrecht wissen?
Die Kleinunternehmerregelung ist eine umsatzsteuerliche Sonderregelung. Sie gilt für in Deutschland ansässige Unternehmen mit geringen Umsätzen und dient der bürokratischen Entlastung von Unternehmern.

Darüber hinaus gewährt die Regelung häufig einen kleinen Wettbewerbsvorteil – denn Kleinunternehmer können ihre Ware und Dienstleistungen kostengünstiger anbieten als die umsatzsteuerpflichtige Konkurrenz. Zudem müssen sie in der Regel keine Umsatzsteuervoranmeldung abgeben.

Wer gilt als Kleinunternehmer?
Handelt es sich um eine Unternehmensneugründung, kann die Kleinunternehmerregelung einfach über den steuerlichen Erfassungsbogen in Anspruch genommen werden. Aber auch Unternehmen, die sich nicht mehr in der Gründungsphase befinden, können die Regelung nutzen. Die Rechtsform spielt keine Rolle; relevant ist der Gesamtumsatz eines Unternehmens.

Um zu überprüfen, ob man als Unternehmen von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch machen kann, sind zwei Zeiträume relevant: Der Umsatz des vergangenen Kalenderjahres, der 22.000 Euro nicht überschreiten darf, und der Umsatz des laufenden Kalenderjahres, der voraussichtlich 50.000 Euro nicht übersteigen darf.

Ein Beispiel: Ein Unternehmen, das 2021 weniger als 22.000 Euro umgesetzt hat und 2022 nach eigener Prognose nicht mehr als 45.000 Euro umsetzen wird, darf die Kleinunternehmerregelung auch 2022 anwenden.

Welche Vor- und Nachteile bringt die Kleinunternehmerregelung mit sich?
Ein Vorteil der Kleinunternehmerregelung ist, dass Unternehmer in ihrer Rechnung keine Umsatzsteuer ausweisen müssen. Jedoch sollten Rechnungen immer einen Hinweis enthalten, dass von der Kleinunternehmerregelung Gebrauch gemacht wird. Da für Kleinunternehmer beispielsweise die monatliche Umsatzsteuervoranmeldung entfallen kann, profitieren sie so von einem geringeren administrativen Aufwand.

Schaut man jedoch genauer hin, gibt es bei der Kleinunternehmerregelung auch Nachteile: Denn wer die Regelung in Anspruch nimmt, kann keine Vorsteuer aus Eingangsleistungen geltend machen. Daher ist die Regelung für Unternehmen mit hohen Anfangsinvestitionen oder hohem Wareneinsatz (z.B. Wiederverkäufer) wenig hilfreich. In diesem Fall werden Kleinunternehmer wie Endverbraucher behandelt.

Letztlich ist die Kleinunternehmerregelung nur für bestimmte Unternehmen von Vorteil, etwa für Dienstleister, die ohne hohe Eingangsleistungen oder Investitionen auskommen. Hinzu kommt: Alle anderen Steuerpflichten bleiben bestehen. Kleinunternehmer müssen beispielsweise weiterhin prüfen, inwieweit sie Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer sowie Gewerbesteuer abführen müssen.

Was müssen Kleinunternehmen über den One Stop Shop wissen?
Keine Regel ohne Ausnahme: Kleinunternehmer können unter besonderen Voraussetzungen trotzdem umsatzsteuerpflichtig sein. Beispielsweise, wenn sie online Waren ins EU-Ausland verkaufen.

Versenden Unternehmen Waren bis zu 10.000 Euro im laufenden Kalenderjahr an Privatpersonen über EU-Grenzen hinweg, also unterhalb der sogenannten Umsatzschwelle für innergemeinschaftliche Fernverkäufe, sind sie verpflichtet, diese Umsätze in Deutschland zu versteuern. Entsprechend fallen diese Verkäufe in den Gesamtumsatz, der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung beachtet werden muss.

Überschreiten Unternehmen die Umsatzschwelle von 10.000 Euro, dann verlagert sich der Ort der Besteuerung in das Bestimmungsland. In diesem Fall fällt im betreffenden EU-Land Umsatzsteuer an. Entsprechend sind diese Umsätze nicht weiter relevant für den Gesamtumsatz mit Blick auf die Kleinunternehmerregelung, da sich diese Regelung nur auf in Deutschland steuerbare Umsätze erstreckt.

Dies bedeutet aber auch: Das Unternehmen ist verpflichtet, Umsätze im EU-Ausland zu versteuern, und muss sich dort auch umsatzsteuerlich registrieren. Für die Deklaration von innergemeinschaftlichen Fernverkäufen gibt es aber eine Erleichterung: den sogenannten One Stop Shop (OSS). Dieser vereinfacht die Abwicklung von Umsatzsteuerpflichten innerhalb der EU für alle Händler – egal ob Klein- oder Großunternehmer.

In Deutschland erfolgt die Abwicklung des OSS über das Bundeszentralamt für Steuern. Anstelle von einzelnen umsatzsteuerlichen Registrierungen und Umsatzsteuermeldungen im EU-Ausland ist nur noch eine OSS-Meldung pro Quartal und eine Steuerzahlung nötig.

Entlastet die Kleinunternehmerregelung das Businessmodell?
Irrtümlicherweise nehmen viele Unternehmer an, dass sie durch die Kleinunternehmerregelung von allen nicht-umsatzsteuerlichen Steuerpflichten befreit sind. Die Kleinunternehmerregelung sorgt jedoch nur dafür, dass die Unternehmen keine Umsatzsteuer in den eigenen Rechnungen ausweisen und diese an das Finanzamt abführen müssen. Alle anderen Steuerpflichten gelten jedoch weiterhin.

Nach genauer Betrachtung birgt die Kleinunternehmerregelung speziell für Onlinehändler mehr Nach- als Vorteile. Weil der Vorsteuerabzug entfällt, sollten Kleinunternehmer genau prüfen, ob die Regelung ihr Businessmodell entlastet. Der Start als „normaler” Unternehmer könnte die bessere Lösung sein.

Unternehmer, egal welcher Größe, sollten bei Lieferungen ins EU-Ausland an Privatpersonen immer die Nutzung des OSS im Blick haben. Sie ersparen sich dadurch lästigen administrativen und steuerlichen Aufwand im EU-Ausland.

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