Ein Bericht der >Braunschweiger Zeitung< ĂŒber einen HĂ€ndler, der eine BeratungsgebĂŒhr von 10,- Euro berechnet, findet aktuell in den Medien recht groĂe Aufmerksamkeit. Eigentlich sollte das Thema bereits seit Jahren abgefrĂŒhstĂŒckt sein. Eigentlich. Jedoch scheinen sich immer noch etliche stationĂ€re HĂ€ndler nicht mit dem Gedanken anfreunden zu können, dass das Internet keinen Schrecken, sondern eine Chance fĂŒr den Handel darstellt.
âWegen erhöhtem Beratungsdiebstahl sehen wir uns gezwungen, ab sofort eine BeratungsgebĂŒhr von zehn Euro zu erhebenâ, so der Maschinen- und WerkzeughĂ€ndler aus Braunschweig.
Ja, der stationĂ€re Handel hat zu kĂ€mpfen, und zwar dann, wenn er sich gegenĂŒber neuen Absatzmöglichkeiten verschlieĂt und stehenbleibt. Bereits im Mittelalter prĂ€gte Luther die reimende Paarformel âHandel ist Wandelâ. Und diese hat heute an Bedeutung und Wahrheit nicht verloren. Aber wie ist denn die tatsĂ€chliche Situation? Findet ĂŒberhaupt noch ein Beratungsdiebstahl statt?
Daten, Fakten und Studien
Bereits 2011 veröffentliche eBay gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut INNOFACT AG eine Studie, die darĂŒber Auskunft gibt, wo sich der Verbraucher informiert und einkauft. Auf die Frage, auf welchem Weg sich die Konsumenten ĂŒber das Produkt informieren, gaben 36 % der 2.166 befragten an, âIm LadengeschĂ€ftâ und 87,4 % âIm Internet per Computerâ.
2015 stellte eine weitere Studie fest, dass sich bereits 87 % der Verbraucher vor dem Kauf im Netz informieren. Jedoch zeigt die Studie auch auf, dass danach die Verbraucher in ein stationĂ€res GeschĂ€ft gehen, um das Produkt zu probieren und um ein Fehlkaufrisiko auszuschlieĂen.
2019 berichtet das Wirtschaftsforschungsinstitut IFH aus Köln, dass bei 27 % aller stationÀren KÀufe vorher eine Recherche auf der Plattform Amazon vorausgeht. Hierbei ist der Preis noch nicht einmal wichtig, so das Studienergebnis. Es geht den KÀufern vielmehr um die Produktbewertungen.
Fazit: Nahezu alle Studien der vergangenen â fast â 10 Jahre deuten darauf hin, dass es den Beratungsdiebstahl nicht gibt unter dem der stationĂ€re Handel zu leiden glaubt.
Was ist dann aber die Herausforderung?
Der Handel hat das Verkaufen und Beraten verlernt. Ihm fehlen die Produktkompetenz und der professionelle Umgang mit dem Verbraucher. Wem ist es noch nicht passiert, dass er sich besser mit den Staubsaugern, Waschmaschinen, Trocknern oder Fernsehern auskannte als der VerkĂ€ufer bei MediaMarkt, Saturn oder Expert VerkĂ€ufer? Und wer entlarvte nicht schon einmal einen solchen VerkĂ€ufer der völligen Ahnungslosigkeit? Wer kann sich denn noch an den begeisterten fĂŒr das Produkt brennenden VerkĂ€ufer erinnern? Selbst bei teuersten Produkten wie Autos, z. B. von Mercedes, treffen wir den rolextragenden, arroganten Vertreter, der einem das GefĂŒhl vermittelt, man könne sich das Auto doch eigentlich gar nicht leisten.
âGut geschultes und aufmerksames Personal ist ein wichtiges Element, um Kunden im stationĂ€ren Handel ein positives Einkaufserlebnis zu bieten â und ein entscheidender Faktor, um sich gegenĂŒber dem Onlinehandel zu differenzieren. Die Verbraucher erleben jedoch zu hĂ€ufig ein durchwachsenes Serviceangebot. HĂ€ndler sollten deshalb dringend in ihr Personal, dessen Qualifikation und Motivation investierenâ, so Dr. Christian Wulff, Leiter des Bereichs Handel und KonsumgĂŒter bei PwC Deutschland zu einer 2018 veröffentlichten Studie zu Kundenerlebnissen im stationĂ€ren Handel.
Liegt in der nicht vorhandenen AnpassungsfĂ€higkeit und dem Unwillen mit Kompetenz zu verkaufen nicht der Sargnagel des Handels. Im Ăbrigen ganz bewusst jetzt nicht unterschieden zwischen stationĂ€rem Handel und Onlinehandel.
Leichte kognitive BeeintrÀchtigung
Und da der Mensch nicht gerne reflektiert und evolutionsbedingt ein Meister der VerdrÀngung ist, erschleicht sich der Verdacht, dass es sich bei der Aktion des Braunschweiger WerkzeughÀndlers wohl um eine kognitive BeeintrÀchtigung handeln muss, wenn er glaubt, es gÀbe den Beratungsdiebstahl.
Bringen wir es auf den Punkt: Der Mann ist einfach nur ein schlechter VerkÀufer. Nicht mehr und nicht weniger.
Wir haben absichtlich lokal eine Waschmaschine teurer gekauft und wurden extrem enttĂ€uscht. Die Anlieferung erfolgte nicht durch den HĂ€ndler sondern eine (nicht lokale) Spedition. Obwohl bezahlt, wurde die Altmaschine nicht mitgenommen. Der HĂ€ndler verwies auf die Spedition, diese zurĂŒck zum HĂ€ndler⊠Ohne Widerufsrecht im Handel hat man keinen wirksamen Hebel. Nur eine kleine Geschichte die aber sehr Ă€rgerlich ist und es dem gewillten Verbraucher schwer macht stationĂ€r zu kaufen.
Lach âŠ. naja ich denke der stationĂ€re Handel wĂ€re ohnehin dann durch den Preisdruck obendrein noch in Retouren ĂŒberschwemmt. đđđđđ Weil es alleine bequemer ist als das Ding einzupacken und zur Post zu fahren
Aber ich denke mal stationĂ€rer Handel ist einem starken Wettbewerb ausgesetzt â aber das ist der Gang der Zeit â ich glaube auch eine kleine Selektion an Kunden wird gerne die 10⏠bezahlen und wenn er es durchsetzen kann absolut sinnvoll. Ich sehe hier schlicht eine mögliche FlexibilitĂ€t zur Erzeugung des Deckungsbeitrages. Warum muss seriöse Produktberatung kostenlos sein? Ich wĂŒrde es wohl nicht machen aber wĂ€re andererseits demgegenĂŒber zahlungsbereit wenn natĂŒrlich auch eine tatsĂ€chliche Beratung statt findet.
Sehr vorschnell und abfÀllig beurteilt! Sie sollten mal EinzelhÀndler befragen!
Unsere Erfahrung ist die. Der interessierte Kunde schaut erst im Netz was das scheinbar Beste fĂŒr ihn ist, geht dann ins nahe gelegene GeschĂ€ft und lĂ€sst sich beraten, um sich einen persönlichen Eindruck zu machen und kauft dann dort wo es ihm am GĂŒnstigsten erscheint â im Netz.
Dank gesetzlichem Widerufsrecht und teils verlĂ€ngerter RĂŒckgabemöglichkeit testet er es dann ohne jedes Risiko/Kosten (kostenloser RĂŒckversand) und Anfahrtskosten.
Der Kunde wird dadurch nicht zum âschlechtenâ KĂ€ufer, er nutzt nur die angebotenen Möglichkeiten, aber der o.g. VerkĂ€ufer wird dadurch ganz sicher nicht zun âschlechtenâ VerkĂ€ufer!
Der nachtrĂ€glich eingefĂŒgte Aluhut zeugt eher fĂŒr Ăberheblichkeit der Verfassers, als fĂŒr eine sachliche Information!
Du erkennst die GrĂŒnde und kannst sie aus deiner Perspektive klar benennen und bist dann nicht in der Lage damit zu âdealenâ? Die Lösung wĂ€re doch gemÀà deiner Schilderung: StationĂ€r rĂ€umt Widerruf/Umtausch/Geld zurĂŒck ein und alles wĂ€re gut. Ja warum macht das dann keiner? â Wenn ein HĂ€ndler nicht in der Lage ist dem Kunden Vertrauen und die eigene Leistung zu vermitteln, ihm also ein Erlebnis zu liefern, dann kauft der Verbraucher dort ein, wo er genau das geliefert sieht. Dann halt eben im Netz. Es bleibt dabei: Der HĂ€ndler ist einfach ein schlechter VerkĂ€ufer!
Schon mal selbst was verkauft, so richtig oder eher mehr am Bloggen darĂŒber?
âŠoch, als gröĂer HĂ€ndler auf eBay Motors und einem 40 Mann KMU, bis 2012, glaube ich ein wenig Erfahrung zu haben. Also ich hoffe es đ
Danke, das wollte ich wissen đ
Sehr oft gibt es nĂ€mlich viele sog. âBeraterâ, die genau wĂŒssten wie es gehen wĂŒrde, es aber noch nie umgesetzt haben bzw. noch gar nie selbst wo tĂ€tig waren. Das sind mir die liebsten, aber danke trotzdem fĂŒr die RĂŒckantwort, ist ja nicht selbstverstĂ€ndlich heute.
Schönen Sonntag!
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