So erhaltet ihr safe eure Onlinekurs Kosten von den Coaches zurück!
Das OLG Dresden fällt ein wegweisendes Urteil zu Coachingverträgen – und es betrifft auch Unternehmer!
Ein aktuelles Urteil (OLG Dresden, Urt. v. 30.04.2025 – Az.: 12 U 1547/24) des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden bringt das Geschäftsmodell vieler Coaching-Anbieter zu Fall – und euch bares Geld zurück in die Tasche. Denn das Gericht hat entschieden, dass Coachingverträge unter das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) fallen können – auch dann, wenn die Teilnehmer Unternehmer sind. Das hat zur Folge: Ohne staatliche Zulassung sind diese Verträge nichtig. Das bedeutet: Geld zurück – in voller Höhe.
Das Urteil im Überblick
Am 30. April 2025 entschied der 12. Zivilsenat des OLG Dresden (Az. 12 U 1547/24), dass Coachingverträge über mehrere zehntausend Euro nichtig sind – weil der Anbieter keine Zulassung nach dem FernUSG hatte. Das Besondere: Der Teilnehmer war kein Verbraucher, sondern selbstständiger Investment-Makler – also Unternehmer im Sinne des § 14 BGB. Und dennoch: Das FernUSG findet Anwendung.
Was war passiert?
Ein Coaching-Anbieter hatte einem Unternehmer zwei Programme verkauft:
- „Vertriebsgenie Ausbildung“ (3 Monate) für 4.760 Euro brutto
- „Vertriebsgenie Executive“ (12 Monate) für 35.700 Euro brutto
Der Coach stellte Lernvideos, ein Workbook und regelmäßige Zoom-Calls zur Verfügung – das Ganze online und überwiegend asynchron. Eine Zulassung nach § 12 FernUSG hatte der Anbieter nicht. Der Teilnehmer zahlte das erste Programm vollständig und wollte dann sein Geld zurück – mit Erfolg.
Die juristischen Kernaussagen
Das Urteil ist ein Erdbeben, denn das OLG Dresden legt das FernUSG äußerst weit aus:
- Ein Coachingprogramm ist Unterricht im Sinne des FernUSG, wenn es auf die Vermittlung von Fähigkeiten zielt – etwa im Vertrieb oder Marketing.
- Zoom-Calls reichen als räumliche Trennung im Sinne des Gesetzes. Es kommt nicht darauf an, ob synchron kommuniziert wird – sondern ob mehr als 50 % der Inhalte ortsunabhängig stattfinden.
- Eine Lernerfolgskontrolle ist bereits gegeben, wenn der Coach Feedback gibt oder geben könnte. Ein einziger 1:1-Call reicht aus.
- Auch Unternehmer können sich auf das FernUSG berufen. Das Gesetz schützt nicht nur Verbraucher.
Warum das Urteil so brisant ist
Fast alle Coaches und Kursanbieter operieren ohne Zulassung nach dem FernUSG. Dieses Urteil bedeutet: Alle Verträge, die diese Voraussetzungen erfüllen, sind nichtig. Das gilt auch rückwirkend – für bis zu drei Jahre. Und: Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde zugelassen. Sollte der BGH das bestätigen, wird es zum Grundsatzurteil.
Anleitung: So bekommt ihr euer Geld zurück
Wenn ihr in den letzten drei Jahren für ein Coaching, einen Online-Kurs oder ein Business-Training bezahlt habt, dann prüft die folgenden Punkte:
- Die Inhalte wurden online vermittelt
- Es gab Zoom-Calls, 1:1-Calls oder ähnliches
- Es existiert ein Workbook, Lernplattform oder Video-Modul
- Ihr musstet Aufgaben erfüllen oder konntet Feedback bekommen
- Mehr als die Hälfte fand nicht vor Ort, sondern online statt
- Es gab keine behördliche Zulassung nach § 12 FernUSG
- Es war ein entgeltlicher Vertrag – egal ob ihr zufrieden wart oder nicht
- Ihr wart nicht zwingend Verbraucher, auch Unternehmer sind geschützt
Wenn das auf euch zutrifft: Sucht euch einen Anwalt – und holt euch euer Geld zurück!
Extra-Tipp: Gerichtstand ist eure Wahl!
Je nach Vertragssituation kann sogar noch der fliegende Gerichtsstand greifen. Dann könnt ihr euren Coach z. B. vor dem Landgericht Dresden verklagen – und in der Berufung landet der Fall erneut beim OLG Dresden, das bereits klar Position bezogen hat.
Warum jeder Unternehmer jetzt handeln sollte
Auch wenn ihr zufrieden wart: Das Geld steht euch zu. Es ist betriebswirtschaftlich unklug, auf diese Rückzahlung zu verzichten. Das Coaching war schlicht nichtig – Punkt. Wer unternehmerisch denkt, nutzt diese Möglichkeit zur Rückforderung – wie bei jeder anderen fehlerhaften Lieferung oder Dienstleistung auch.
Fazit: Dieses Urteil könnte eine Klagewelle auslösen
Coachinganbieter, aufgepasst: Wer ohne Zulassung unterrichtet, verstößt gegen geltendes Recht. Und wer zahlt, hat Anspruch auf vollständige Rückerstattung – selbst als Unternehmer. Das Urteil hat Sprengkraft und betrifft zahllose Verträge in der Coaching-Branche. Jetzt ist die beste Zeit, aktiv zu werden. Und ihr seid schneller pleite, als ihr “Beep” sagen könnt. #letsgo
“Wer unternehmerisch denkt, nutzt diese Möglichkeit zur Rückforderung”. Nein, wer unternehmerisch denkt, handelt als ehrlicher Kaufmann, der seine Rechte kennt, aber nicht ausnutzt. Man trifft sich immer zweimal im Leben und die unternehmerische Welt ist klein. Ein kluger Kaufmann überlegt vorher mit kühlem Kopf, was er unterschreibt.
Ich halte es auch nicht für besonders sinnvoll und empfehlenswert, Dienstleistungsverträge über fünfstellige Beträge in einer schummrigen Shisha-Bar unter erkennbarem Einfluss von Alkohol und Nikotin am frühen Morgen zu unterschreiben. Man hätte doch eine Nacht darüber schlafen können, oder wurde hier wieder der altbekannte Trick angewandt, “es ist nur noch ein Platz frei, und Sie sind so ein toller Typ und das Coaching passt so wunderbar zu Ihnen”. Vor dieser Masche wurde kürzlich im Fernsehen in “Aktenzeichen XY ungelöst” gewarnt.
“Wucher und Sittenwidrigkeit” sind auslegungsbedüftig und eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung muss im Detail substantiiert werden. Der Anwalt des Beklagten war einfach klever genug, alles auf die Karte “Nichtigkeit” nach Fernunterrichtsschutzgesetz (§7 Abs. 1 FernUSG) zu setzen.
Mein Mitleid mit diesem Anbieter von Coaching-Kursen hält sich in Grenzen – hier trifft es wohl den Richtigen.
Aber daraus den allgemeinen Anspruch abzuleiten, holt Euch das Geld einfach zurück, auch wenn der Anbieter brav seine Leistung erbracht hat und Ihr zufrieden wart, geht mir hier zu eindeutig weit. Unsere Wirtschaftsordnung lebt von gegenseitigem Vertrauen. Anwälte sind für mich wie Feuerwehrleute, rechtschaffene Menschen, aber am liebsten brauche ich sie nicht. Im übrigen sollte man die Entscheidung des BGH abwarten. Vielleicht wird das Urteil des OLG Dresden kassiert.
Schreibt hier ein anderer Mark Steier als im Beitrag “eBay Preisfehler: Was danach passierte ist wirklich erschreckend”? (*) In diesem Beitrag wurden die Käufer, die einen Preisirrtum des Händlers ausnutzen, als “Parasiten” und das Vorgehen als “unter aller Sau” bezeichnet. Hier haben die Verkäufer nur die Ware verlangt, die ihnen rechtlich zustand, da der ebay-Verkäufer es in seinem Chaos nicht geschafft hat, die Kaufverträge rechtswirksam anzufechten.
(*) https://wortfilter.de/ebay-preisfehler-was-danach-passierte-ist-wirklich-erschreckend/