Podcast erfreuen sich seit Jahren größter Beliebtheit. Nun hat auch eBay sein eigenes Format gestartet. Die erste Folge befasst sich mit der Frage, wie es mit dem lokalen Handel in der Post-Pandemiezeit weitergehen wird. Gast ist Boris Hedde, Geschäftsführer des Kölner Handelsforschungsinstituts IFH. Ein wirklich hochkarätiger Gast. Und wer nicht hören will, kann lesen. Alle Folgen sind transkribiert. Das neue Format erscheint alle 14 Tage.

Und hier alle Links:

https://community.ebay.de/t5/Podcast-%C3%9Cbersicht/bg-p/Podcastblog-board

https://ebay.podigee.io/1-wie-gehts-weiter-der-lokale-online-handel-und-corona

https://www.deezer.com/de/show/2942242

https://podcasts.apple.com/us/podcast/wie-gehts-weiter-der-lokale-online-handel-und-corona/id1583745185?i=1000533995236

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Wie geht’s weiter? Der (lokale) Online-Handel und Corona – eBay Podcast für Händlerinnen und Händler

Isabell: Hallo, liebe Hörerinnen und Hörer und Herzlich Willkommen zu unserem brandneuen Podcast für Händlerinnen und Händler und für alle, die es werden wollen. Wir freuen uns sehr, dass ihr heute mit dabei seid. Ab jetzt gibt es alle 2 Wochen eine neue Folge unseres Podcast und den könnt ihr über euren Podcast Anbieter des Vertrauens hören. Der Podcast ist auf allen Plattformen verfügbar und wir würden uns freuen, wenn ihr uns direkt ein Abo da lassen würdet. Kurz zu mir ich bin Isabell Butterwegge, ich bin im globalen Produktmarketing Team seit ein paar Jahren bei eBay tätig und quasi für die Verkäufer-Erfahrungen bei uns auf der Plattform zuständig.

David: Da misch ich mich jetzt als zweite Stimme mal mit ein: Hallo von meiner Seite, ich bin David und ich bin Seller Engagement Manager im globalen Team und kümmere mich darum mit euch Verkäuferinnen und Verkäufern in Kontakt zu kommen. Fokus hierbei natürlich auf der eBay Community, aber auch auf allen anderen Kanälen. Alle weiteren Informationen rund um den Podcast im neuen Gewand bekommt ihr auch auf unserer Landing Page, die in der Beschreibung verlinkt ist. Ihr müsst also nichts mitschreiben, sondern könnt euch voll und ganz auf das Gespräch fokussieren.

Tino: Ja Hallo ich bin der Dritte hier im Bunde und wir sind quasi die drei eBay-Musketiere. Ich bin Tino, seit acht Jahren bei Ebay und ich bin zuständig für die wunderschönen Bereiche Spielzeug und Modellbau. Ich freue mich riesig, dass wir heute gemeinsam hier im eBay Podcast Studio sitzen und die erste Folge aufnehmen. In Zukunft wechseln wir uns sicher auch mal ab, aber ist einfach wieder mal schön mit zwei so wundervollen Kollegen zusammensitzen zu können. Nun aber zum heutigen Thema, nicht nur hochaktuell, sondern auch sehr interessant für alle unsere Händlerinnen und Händler. Es soll heute darum gehen, wie es eigentlich weitergeht mit dem stationären lokalen Handel und mit dem Online-Handel, nach Corona oder auch gerade mit Corona.

Isabell: Genau und da freuen wir uns heute besonders, für dieses Thema einen Experten eingeladen zu haben und damit möchte ich ganz herzlich Boris Hedde vom IFH Köln begrüßen: Hallo Boris.

Boris Hedde: Hallo Isabell, Hallo David, Hallo Tino, freut mich sehr, dass ich bei eurer ersten Episode dabei sein darf. Große Ehre! Ich bin gespannt auf unseren Talk zur Zukunft.

David: Ja, sehr schön. Boris, für alle, die dich nicht kennen, nur kurz zur Erklärung. Boris Hedde ist Geschäftsführer des Instituts für Handelsforschung in Köln und beschäftigt sich seit Jahren vor allem mit den Perspektiven für die zukünftige Handelspraxis. Und deswegen bist du der perfekte Gast für unser heutiges Thema, denn wir möchten heute vor allem in die Zukunft sehen.

Isabell: Genau wir haben ein paar Fragen vorbereitet und ich würde sagen, wir starten auch direkt. Boris für stationäre Händler ist der Onlinehandel ja nach den Lockdowns, die wir in den letzten Jahren, Monaten hatten gar nicht mehr wegzudenken. Deiner Meinung nach: Welche Rolle spielt denn der Multi-Channel in Zukunft, also der Verkauf über verschiedene Kanäle?

Boris Hedde: Ja das ist interessant, das beschäftigt uns, glaube ich, schon seit der ersten Multi-Channel Studie des IFH, die gab es 1999, das heißt, wir haben eine wirklich lange Historie wo wird das Analysieren. Anfänglich haben wir immer gesagt: Multi-Channel ist Abgrenzung. Heute sagen wir: Multi-Channel ist Hygiene-Faktor. Also wer es nicht bedienen kann, wird es sicherlich schwer haben und jetzt in Corona-Zeiten natürlich mehr denn je. Denn wenn ich den Kanal nicht bedienen kann, fehlt ein ganz, ganz wichtiger Hebel, um einfach die Lücke zu füllen.

Isabell: Was ist denn deine Einschätzung dazu? Was in den vergangenen Monaten die größten Herausforderungen für Händlerinnen und Händler waren?

Boris Hedde: Die größte Herausforderung war, durch das Schließen von den Geschäften einfach die Nähe zum Kunden zu behalten. Wie schaffe ich es eigentlich, an meinen Kunden dran zu bleiben? Wie schaffe ich es, diese Bindung aufrecht zu halten? Da war wirklich Kreativität nötig, da war Unternehmertum nötig, weil plötzlich war der Rollladen unten und viele Händler wussten gar nicht mehr, wie sie mit den Themen umgehen können und es waren sicherlich die im Vorteil, die sehr früh auch angefangen haben, ihre Kundendaten zu sammeln und dann konnten sie diese Leute auch, ihre Kundinnen und Kunden auch anschreiben. Gibt ein schönes Beispiel aus Köln, was wir gesehen haben und es ist wirklich wirklich ans Herz gewachsen, dieser Case, weil ich hab auch Kinder und ich kann das ganz gut nachvollziehen. Es geht nämlich um eine Schuh-Händlerin für Kinderschuhe. Selbständig, alleinerziehend, wo das ganze Geschäft auch an ihr dran hing und der Rollladen geht runter und sie kann kein Geschäft mehr machen durch die Corona Krise und was sie machte, war dann, dass sie wirklich alle ihre Kundinnen und Kunden angeschrieben hat, gesagt hat, Leute, stellt eure Kinder auf einem Blatt Papier, um malt die Füße und schreibt drauf, mit welcher Farbe das Kind der Corona Krise entgegen gehen möchte und diese Kampagne, die daraus entstanden ist, hat nicht dazu geführt, dass man sich irgendwie bemüht sah, auch Schuhe zu kaufen, sondern hat so eine Reichweite geschaffen, dass sie plötzlich neue Kunden gewonnen hatte, die sie vorher gar nicht hatte. Und ich finde, es ist ein schönes Beispiel, das zeigt, wie Unternehmertum, kreativ ausgelebt, auch in solchen herausfordernden Zeiten Hebel sein kann. Die Bedingung dafür aber war, dass sie vorher auch diese Kundendaten gesammelt hat.

Isabell: Ja, das ist ein super schönes Beispiel, das stimmt. Du hast jetzt gerade über Schuhe gesprochen, Dem Bereich Fashion ging es ja in den letzten Monaten nicht so gut. Gab es denn Produkte oder bestimmte Bereiche, die besonders nachgefragt waren?

Boris Hedde: Das war wirklich spannend, also auch für uns als Analysten von draußen auf den Markt zu gucken. Wir hatten noch nie so eine große Spanne bei den Wachstumsraten im Handel. 60% war die Spanne, kann man sagen. Der große Sieger des letzten Jahres war der Fahrrad Markt und Fahrradzubehör, die sicherlich eben auch durch die Entwicklung mit E-Bikes und Co und Wegfall von Urlaub und so dann auch vielleicht einiges an Budget auf sich vereinen konnten. Natürlich der Lebensmittelhandel und ähnliches aber die große Herausforderung war der Bereich Fashion oder C-Elektronik oder ähnliche Themen, die die Wachstumsraten ganz klar im negativen Bereich hatten. Und diese Spanne von den 60%, von denen ich eben gesprochen habe, die haben wir in 20 Jahren noch nie gesehen und normal wären 15% in einem Jahr. Das zeigt es gab eine ganze Reihe Sieger und Verlierer in dieser Entwicklung und das hängt natürlich irgendwie mit den Sortimenten zusammen. Ich glaube, da wurden viele Ausweich Käufe getätigt, die dann vielleicht auch mal Höherpreisig waren. Auch im Möbel Bereich, glaube ich, gab es einige gute Entwicklungen für den einen Händler. Im Sport war das ein bisschen auseinander tariert: der Einzelsport war sicherlich mehr im Fokus als der Mannschaftssport, weil er nicht ausgeübt werden konnte, und so fanden sich sehr viele Kategorien, die einfach beeinflusst wurden durch die Corona Entwicklung und die Möglichkeit, irgendwas auszuleben, das dann die Produkte mehr oder weniger stark im Fokus waren.

Isabell: Und habt ihr da Prognosen aufgestellt, wie sich das in den nächsten Monaten entwickeln wird, also diese Diskrepanz oder ja, auch diese starke Nachfrage, diese schwache Nachfrage?

Boris Hedde: Also das ist die Kernfrage, die uns jede Woche von mehreren großen Händlern auch erreicht wo geht die Reise gerade hin? Unglaublich schwer zu berechnen, weil sich jeden Tag irgendwie die Variablen ändern. Wir gucken mit großer Sorge natürlich auf die Delta Variante. Wir gucken mit großer Sorge auf die Frequenzen, die nicht da sind, wo man sie vielleicht hätte erwarten können. Der Run zurück in die Städte, der ist ausgeblieben. Und von daher sind unsere Prognosen sicherlich keine guten, und jetzt eine valide quantitative Zahl auch hier auf den Tisch zu legen das würde jetzt nicht redlich sein. Wir sind aber dabei, dass Grad noch zu berechnen und Fakt ist, wir haben rückläufige Tendenzen.

Isabell: Du hattest gerade den Run zurück in die Städte angesprochen, das heißt, ihr hattet eigentlich erwartet, dass im Sommer die Städte wieder boomen?

Boris Hedde: Boomen, das ist ja natürlich ein relativer Begriff, aber ich hatte zumindest die Hoffnung, dass ein Aufholpotenzial gegeben ist, eine Aufholpotenzial einfach wieder auch aus diesem Social Distancing rauszugehen, in die Städte zu kommen und dann tatsächlich auch dem lieben Shopping auch wieder zu frönen. Das hat sich insofern nur in Teilen so bestätigt, weil tatsächlich auch wieder die Frequenzen nach oben gegangen sind, aber man die Geschäfte leider nicht aufgesucht hat in der Form, wie man es wie die Zahl der Besucher der Innenstadt hochgegangen ist und das hat in der Diskrepanz dann dazu geführt, dass der Umsatz wie sich viele Händler erhofft haben, nicht so eingetreten ist wie geplant.

Tino: Boris, Du hattest eben einmal schon Kundenbindung angesprochen und ich glaube das ist für alle diejenigen ganz interessant, die neu in den Online-Handel eingestiegen sind. Wie halte ich als Händlerin oder Händler nun langfristig meine Online-Kunden und baue da eine gute Kundenbindung auf?

Boris Hedde: Also ich glaube, ganz wichtig, ganz zentral ist, ich muss erstmal auffindbar sein. Wir können auch sehen, dass Multi-Channel Verhalten ist nicht nur auf der Händlerseite, wie eben gesagt, ein großes Thema, sondern auf der Konsumentenseite ist es Alltag. Jeder Kauf, der nicht Food ist oder nicht jeder, aber große Teile der Käufe, die nicht Food sind, beginnen im Online-Kanal. Das heißt, wenn ich online nicht sichtbar bin, habe ich keine Chance, diese Bindung zu sichern. Dass ist das eine, dass ich gucken muss, dass ich eine gewisse Präsenz auch sicherstellen kann. Das andere ist aber eben auch die Kommunikation aufrecht zu erhalten, wenn es um Bindung geht, geht es darum, auch regelmäßigen Kontakt zu haben. Das kann natürlich über Newsletter sein, das viele tun und viele auch erfolgreich machen. Aber es kann eben auch Social Media sein, es können auch andere Hebel sein, wo man sich auch vielleicht zusammen tut mit Kartensystemen, mit Loyalty Systemen und zusammen agiert, um einfach einen regelmäßigen Austausch oder Input zu geben. Für die entsprechenden Kundinnen und Kunden damit man einfach nicht in Vergessenheit gerät. Das ist natürlich in einer Krise das A und O.

Tino: Und wie stelle ich meine Prozesse um und mache mein Geschäft langfristig dann bereit für den neuen Onlinehandel?

Boris Hedde: Ich glaube, man muss da anfangen, wo es am wichtigsten ist: bei den Kundinnen und Kunden. Also was tue ich letztendlich dort, um die Sicherheit zu haben auch in einem regelmäßigen Austausch in meinen Kunden zu sein? Auch regelmäßige Angebote liefern zu können usw. Wenn ich das einmal habe, wenn ich diese ganzen digitalen Kanäle auf den Plattformen im Rahmen einer Werbung, im Rahmen einer Außen-Kommunikation, wenn ich das im Griff habe, dann kann ich mich im zweiten Schritt vielleicht auch dem Thema interne Prozesse widmen. Mit Produktdaten bessere Informationen zu haben für die Beschaffung, im Rahmen der Informationen zu den Produkten online, wenn es um Lieferservices geht, überhaupt um Services, glaube ich, dann dient das nachher auch meine interne Arbeit einfach besser und erfolgreicher und damit effizienter zu machen und das ist aber der zweite Schritt, wenn ich einmal überhaupt den Kundenkontakt habe, den brauche ich als erstes.

David: Bietet ihr da auch irgendwie Hilfe für Händler, die neu in dieses ganze Online-Business einsteigen?

Boris Hedde: Nein, ich glaube, wir haben da draußen 52.000 Händler, das wäre vermessen, aber für die haben wir trotzdem einen guten Hebel, nämlich das Kompetenzzentrum Handel, das auch unter diesem Begriff auch online zu finden ist. Ein ministerielles gefördertes Projekt. In denen viele Beratungsangebote, viele Workshops, Leitfäden und sowas alles online hinterlegt sind, gerade für den Mittelstand. Das ist das “Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum für den Handel”, wie es offiziell heißt. Gefördert vom Bundeswirtschaftsministerium und das ist für viele, viele Mittelständler, glaube ich, ein interessanter Hebel gewesen, auch jetzt schon, sich Informationen zu beschaffen.

David: Jetzt haben wir viel über den stationären Handel gesprochen, der in den Onlinehandel einsteigt. Nun sind viele eBay Händlerinnen und Händler natürlich schon länger online unterwegs und verkaufen auch online. Was könnten Online-Händler sich denn Gutes bei dem stationären Handel abschauen? Gerade im Hinblick auf die Kundenbindung?

Boris Hedde: David, das ist eine sehr gute Frage, weil meistens war die Frage immer andersherum in der Vergangenheit, wenn es darum ging zu fragen was kann denn der stationäre Handel vom Online-Handel lernen? Der Onlinehandel glaube ich hat sehr, sehr erfolgreich uns gezeigt, wie Prozess Effizienz geht. Wie man den Kauf optimiert, “bis zum geht nicht mehr” hätte ich bald gesagt, hat dazu geführt, dass wir heute einen vergleichsweise bequemen, wenn nicht sogar faulen Kunden haben. Das ist, glaube ich, was in die Richtung geht. In die andere Richtung müsste man mal überlegen. Ich glaube, Emotionen ist das große Thema. Erfolgreiche Händler schaffen es uns ein gutes Gefühl zu geben, wenn man dort ist und auch Lust zu geben, wieder zu kommen und dieses emotionale geht auch über die Interaktion, geht über das Involvement, geht über Erlebnis-Themen. Und über gutes Personal. Das haben wir natürlich nicht immer im stationären Handel, aber ich glaub, das sind Hebel, wo grundsätzlich der Onlinehandel, glaube ich, vom stationären Handel auch profitieren und lernen kann, denn am Ende vielleicht geht es ums Herz und da hilft es, wenn man eine persönliche Ebene findet. Das gelingt dem einen oder anderen Stationären glaube ich besser als im Onlinehandel, bei dem es um den Kopf geht, wenn es um Logik und Prozesseffizienz geht.

Isabell: Du hattest gerade schon mal das Thema Loyalty Programm kurz angerissen. Gibt es da etwas, was du einem Online-Händler vielleicht mit auf den Weg geben möchtest in einer Empfehlung deinerseits?

Boris Hedde: Ja, also, ich glaube, bindet euch zusammen, bündelt euch möchte man den Leuten zurufen. Es gibt Kundenkarten bis der Arzt kommt, um es mal ein bisschen salopp zu formulieren. Wünschenswert wäre es, glaube ich, auch im Sinne der Kundinnen und Kunden einfach auf gemeinschaftliche Lösungen zu gehen. Und wenn es um Loyalty Systeme dann geht, auch online, habe ich natürlich viel mehr Möglichkeiten, weil ich ja dann auch Pushes irgendwie leichter versenden kann und ähnliche Themen. Wir haben auch viele Konzepte gesehen, auch Handels Konzepte, die auch auf Plattformen basieren, haben sich ja auch sehr erfolgreich gezeigt im Möbelmarkt, in der Fashion und ähnlichen, die es eben durch einen regelmäßigen Austausch durch eine sehr nahe Bindung und so eine Registrierung auch eine Chance bietet, dann auch immer in einem regelmäßigen Kontakt interessante Angebote Informationen zu bekommen. Ich glaube, dass das ist eine Sache, die der Onlinehandel sehr gut Spielen kann und wo letztendlich auch gerade beim Thema Plattformen auch vielleicht der stationäre Handel von profitieren kann, weil der tut sich natürlich bei dem Thema Kundenkarten rausgehen und ähnliches vergleichsweise schwer. Insbesondere im Mittelstand.

David: Boris, wir haben jetzt gerade schon viel über verschiedene Verkaufskanäle gesprochen, über Marketing-Strategien, Loyalty Programm, Social Media. Welche Verkaufskanäle und Marketing-Strategien braucht ein Händler deiner Meinung nach schon eher zwingend und ist definitiv nicht mehr ein “nice to have”?

Boris Hedde: Also ich glaube, wir haben immer früher gesagt, man muss auf jeden Fall einen eigenen Online-Shop haben, das glaub ich nicht mehr zwingend, sondern die Frage ist ich brauche eine Digital-Strategie, die ist zwingend. Natürlich kann ein Online-Shop eine gute Lösung sein und ich glaube, viele haben auch Erfolg damit, aber es ist nicht die zwangsweise einzige Lösung, die ich habe, sondern ich glaube, und das ist wirklich zwingend, dass ich mir Gedanken gemacht haben über mein Geschäftsmodell, meine Zielgruppe und mein Sortiment. Mit meinem Angebot, was ich auch offerieren will und mit meiner Positionierung: Wie sieht meine Digital-Strategie aus? Das beginnt mit der Sichtbarkeit. Da geht es aber auch darum, in welchen Umfeldern möchte ich mich auch positionieren, wie möchte ich mich auch aufstellen? Wer da keine klare Antwort und keine klare Strategie für sein Unternehmen auch gefunden hat, der tut sich einfach schwer, weil er führt es vergleichsweise willkürlich dann.

David: Mit Digital-Strategie meinst Du also nicht nur einfach einen Shop hinstellen und sagen “Hey, ich bin jetzt online erreichbar”, sondern da endet es nicht, sondern fängt es an. Richtig?

Boris Hedde: Richtig, ja, oder vielleicht solltest du dann nicht anfangen, weil es teuer wird. Also das ist eine gute Frage, viele Händler haben ja so angefangen und waren dann vielleicht auch enttäuscht, dass sie den Erfolg nicht hatten, den sie sich erhofft haben und das ist genau der Punkt, wenn man einfach nur anfängt, einfach vielleicht ein bisschen Aktionistisch auch agiert ohne Plan, dann wird es halt schwierig, aber wenn ich mir Gedanken mache in welchem Zeitraum möchte ich eigentlich was erreicht haben? Im Rahmen einer Reichweite, im Rahmen einer möglichen Positionierung? Möglicherweise möchte ich bestimmte Produktkategorien online erstmal ausprobieren, um mal zu sehen, ob es funktioniert oder nicht – all das sind glaube ich Themen die einhergehen mit einem klaren Prozess. Ich sag immer gerne “erst verstehen, dann planen, dann machen” und nicht mehr einfach beginnen, wo man nicht weiß, was eigentlich das Ziel ist und das ist, glaube ich ein wichtiger Punkt. Und da hoffe ich mir das gerade auch aus der Corona-Krise heraus auch ein neues Verständnis entstanden ist, weil dann die ein oder anderen eben jetzt reflektierter vorgehen. Es ist auch schwieriger, weil es ist natürlich immer weniger auch Geld für Investitionen jetzt da, umso wichtiger ist es, dass man die richtige Entscheidung fällt.

David: Und wenn Du Dir jetzt vorstellst Du betreibst einen eigenen Online-Shop oder bist im Onlinehandel tätig? Was wäre so der Tipp, den du dir wünschen würdest, den man jedem Online-Händler zum Start gibt?

Boris Hedde: Das ist ein guter Punkt, ich glaube, man wird ja viele Fehler gern vermeiden und ich glaube, viele Fehler sind gemacht worden, weil das akkurate so ein bisschen fehlte. Ich glaube man muss sich sehr früh sehr sehr stark mit den Details beschäftigen, weil so nebenher haben wir viele gesehen haben, also einen Shop zu bauen nebenher das funktioniert halt nicht und sowohl bei dem Sammeln von Daten über Kunden, bei dem Bericht, bei der Nutzung von Produktdaten und all diesen ganzen Themen, wo es natürlich auch um Detailgenauigkeit geht. Da nicht von vornherein mit der absoluten Priorität drauf zu gucken ist, glaube ich ein Fehler, der hinten raus sehr stark ein kostenintensiver Bumerang wird und deshalb hätte ich wahrscheinlich gesagt lieber Händler macht Dir bewusst, dass das Arbeit ist, aber alle Arbeit die du jetzt am Anfang reinsteckst von der wirst du hinten raus profitieren.

David: Was sich auch an deinem Beispiel gezeigt hat, die Schuhhändlerin hat die Daten gesammelt, konnte sie verwenden und konnte nur deswegen auch erst die Leute alle Anschreiben, ihre Kunden anschreiben und ohne diese akkurate Daten-Sammelei am Anfang, natürlich immer DSGVO-Konform wäre das nicht möglich gewesen?

Boris Hedde: Absolut und hätte sie auch nicht die richtige Emailadresse von mir gehabt, hätten sie mich nie erreicht. Also das heißt, das ist das A und O also gibt euch am Anfang Mühe, ihr werdet hinten heraus dann profitieren.

Isabell: Boris, wie stehst du zu einem Shop auf einem Marktplatz? Also Händlerinnen und Händler können ja bei uns Shops auch erstellen und können die auch individualisieren. Wie siehst du das? Weil ich glaube, wir haben jetzt eher immer über separate Shop auf separaten Websites gesprochen.

Boris Hedde: Ja, ich glaube, das ist ein ganz großes Thema, was mich seit dem Jahr 2014 tatsächlich massiv begleitet. Da haben wir den ersten Online-Marktplatz gesehen auf einer regionalen Ebene einer Stadt und alle hatten große Hoffnung, dass der große Hebel bringen und Bringer sein wird. Und gleichzeitig haben wir parallel auch die großen Plattformen, dazu gehört natürlich auch Ebay. Dazu gehörten Amazon, dazu gehörten Zalando oder was auch immer mit unfassbar großen Wachstumsraten und den großen Erfolgen – und bei den regionalen Online-Marktplätzen klappt es nicht so richtig. Und da hatte ich mir die Frage gestellt: Was ist der richtige Weg? Und ich glaube, wenn wir uns mit Marktplätzen beschäftigen, müssen wir auf die gehen, die eine gewisse Reichweite haben. Wir haben jetzt auch gerade im Herbst letzten Jahres, im Corona-Jahr im September, 60.000 Menschen dazu in der Innenstadt gefragt. Wie sie denn jetzt einkaufen, wie sich ihr Einkaufsverhalten gewandelt hat? Natürlich kaufen die weniger, die kamen seltener in die Stadt und wir haben gefragt “Wo habt ihr denn dann eure Sachen gekauft?” Und dann war natürlich sehr schnell klar: A – über Marktplätze, aber B – muss man auch sagen, nur über die großen Marktplätze. Die vielen kleinen regionalen Online-Marktplätze taten sich schwer, wo ich gedacht hätte, die hätten jetzt in der Corona Zeit, vielleicht erst recht profitieren können. Das hat sich in der Form nicht eingestellt, so dass für mich die Quintessenz ist, wenn ich über Marktplätze gehe, brauche ich eine wirklich große Reichweite und da ist natürlich spannend, wenn man auf große Namen, auch vielleicht mit eBay zurückgreifen kann. Ihr habt ja da jetzt auch eine Marktplatz Lösung, die ihr dann ja auch bundesweit offerieren werdet.

Tino: Boris, ich muss dich jetzt auch noch was fragen, und zwar betrachte ich so ein bisschen mit Sorge hier in Deutschland haben wir ganz viele Schnäppchen Blogs und Schnäppchen Seiten wo tagtäglich Waren angeboten werden oder Angebote aufgezeigt werden mit großem Discount? Ich sehe, dass gerade halt eben auch bei ganz tollen A-Marken im Bereich bei Spielzeug zum Beispiel. Dort sind wir wieder bei so einer Pre-Corona Discount-Politik angekommen, also plötzlich werden “New in Season Items” wieder mit 20% OFF angeboten. Wie siehst du das also gerade heutzutage? Ist das so gesund wie da agiert wird? Und ich glaube, das ist ja auch für den stationären Handel gerade so ein bisschen schwierig.

Boris Hedde: Ganz, ganz, ganz große Falle ehrlich gesagt. Natürlich müssen wir auch konstatieren, dass die Lager alle voll waren, wenn Leute ein Jahr lang nicht gekauft haben. Der Fashion Handel wusste gar nicht wohin mit seinen Produkten, weil natürlich die nächste Kollektion wartet und die andere nicht verkauft wurde und das bindet auch Kapital und ich glaube, das ist nur nachvollziehbar, dass man versucht, dann Kapital bindend auch zu agieren, indem man die Waren auch entsprechend schnell draußen auch verkauft. Aber es ist natürlich ein Bumerang, weil es die Positionierung schwächt und weil es natürlich auch den Kunden in eine Richtung erzieht, die nicht vorteilhaft ist, weil es wird immer schwieriger, auf diese Weise dann ein funktionierendes Geschäftsmodell zu halten von daher. Wenn Discount in die Richtung geht, dass man auch optimiert. Wir haben ja auch in Deutschland das Discount-Land. Im Lebensmittelhandel gucken viele Menschen und viele, viele Nationen, völlig fasziniert nach Deutschland, die zeigen können, dass man mit Discount Konzepten auch erfolgreich agieren kann. Aber das ist ein anderer Fokus, als dass man jetzt einfach versucht, nur Produkte rauszuhauen. Ich glaube, das ist ein anderes Modell, weil da geht es um stationär erlebte Prozesseffizienz, die dazu führte, dass man einfach günstiger anbieten kann. Aber auch wir haben ja in den Discounter noch im Lebensmittelhandel gesehen. Die Aufwertung hinsichtlich der Anmutung, die Aufwertung hinsichtlich der Positionierung des Ladens Baus das war alles da, was natürlich alles besser ist, mit Wertigkeit zu verkaufen und deshalb… Wie gesagt, ich habe großes Verständnis, gerade auch da draußen an die kleinen Händler, die jetzt auch große Ängste haben was mache ich mit den ganzen Produkten auf dem Lager, dass man dann versucht, da auch schnell wieder Kapital, bindend oder Kapital frei werden zu agieren? Aber es ist echt eine Gratwanderung und kann echt eine böse Falle werden.

Tino: Ja, Boris vielen Dank für diese Jahr spannenden und interessanten, inspirierenden Eindrücke, die du hier mit uns geteilt hast. Wir haben mit dir also über die Zukunft des Multi-Channel gesprochen sowie über Herausforderungen, aber auch gerade daher eben auch über ganz viele Chancen für Händlerinnen und Händler also da ist definitiv im Licht am Ende des Tunnels. An dieser Stelle möchten wir unseren Gästen in Zukunft aber immer noch eine allerletzte Frage stellen. Lieber Boris, was hast du zuletzt bei Ebay gekauft?

Boris Hedde: Was habe ich zuletzt bei Ebay gekauft? Ja, ist wirklich nicht passend zu einem Podcast, aber es war tatsächlich ein Greenscreen. Also ich habe mir, nachdem wir alle Home Office unterwegs waren, meinen Keller jetzt total so eingerichtet das ich alle Video Konferenzen im Keller machen kann. Meine ganzen Wände sind alle grün und dieses Grün ist ausgelöst durch eBay, von daher, wenn ihr mich jetzt in irgendwelchen Vorträgen oder ähnliches seht, werdet ihr immer vor der grünen eBay Wand sehen, die dann aber nicht grün ist, weil natürlich ein Bild rein platziert worden ist, aber tatsächlich der Greenscreen war mein letzter Kauf bei Ebay.

Isabell: Ja super und damit würden wir uns auch für diese Woche schon mal verabschieden. Also ich habe sehr viel mitnehmen können. Vielen Dank, Boris. Ich hoffe, unsere Zuhörerinnen und Zuhörer konnten auch einiges mitnehmen, können sich an der einen oder anderen Stelle vielleicht auch für ihre eigenen Geschäftsstrategie inspirieren lassen? Und ja, ich freue mich schon auf die nächste Folge, denn die gibt es in 2 Wochen.

David: Vielen Dank Boris, ich freue mich sehr, dass du da warst, zur 1 Folge. Wir freuen uns aber auch sehr, über euer Feedback zu unserem Podcast! Schreibt uns gerne alles in der eBay-Community und erzählt uns auch gerne, wie sich euer Geschäft durch Corona verändert hat oder seid ihr vielleicht sogar wegen Corona ins Online-Geschäft eingestiegen oder hat sich euer Kaufverhalten geändert?Wir sind gespannt und freuen uns auf eure Kommentare oder Fragen. Und wenn ihr uns auf eurer Lieblings-Podcast-Plattform gerade hört, lasst uns gerne ein Like da oder ein Abo und wir freuen uns dann in der nächsten Folge wieder dabei zu sein.

Tino: Ja, und von meiner Seite auch nochmal ein herzliches Dankeschön Boris, Du warst ein super erster Gast für unseren ersten Podcast, du darfst gerne wiederkommen, und ich sag dann jetzt einfach mal so Tschüss in die Runde.

Boris Hedde: Dankeschön, ich darf mich auch bedanken, hat mir wirklich viel Spaß gemacht, bis hoffentlich dann bald.