Rund um OTTO wird es nicht still. Erst die in einigen Kategorien äußerst starke Gebührenerhöhung (+100%), dann die Meldung über die Erosion der Umsätze (-9%), das plötzliche Gehen des Bereichsvorstands Retail & Marketplace und nun die Kündigungswelle auf OTTO Marktplatz. Was wird noch passieren?

Händler berichten von Kündigung des OTTO-Kontos

Thomas E. und etlichen Händler Kollegen flatterte die letzten Wochen eine Kündigung ihres OTTO Marktplatz Konto ins Haus. Aus dem Nichts und ohne Begründung. Hier die Mail:

OTTO: Uns wurde der Account gekündigt

(Quelle: Screenshot OTTO Kündigungsmail an einen Händler)

Nach dieser Mail kam dann der Postbote und warf einen Einschreibe-Brief in die Postbox. Auch dieses Anschreiben war nichtssagend und ohne Nennung eines Kündigungsgrunds:

OTTO Kündigung

Die Händler waren verärgert über dieses Verhalten, so dass sich einige an den Händler-Support wendeten. Dort erhielten sie dann eine solche Mail:

OTTO: Uns wurde der Account gekündigt

(Quelle: Screenshot OTTO Kunden Service)

Was ist unter einer strategischen Entscheidung zu verstehen?

Keinem der gekündigten Händler ist verständlich was sie unter einer >strategischen Entscheidung< zu verstehen haben. Alle Händler haben sich auf eine verlässliche und faire Zusammenarbeit mit OTTO verlassen und sind nun enttäuscht. Einige Händler klagen auch über die nun >rausgeschmissenen< Onboarding Kosten.

Was sagt OTTO auf Nachfrage dazu?

Ein OTTO Sprecher äußerte sich auf Nachfrage durch Wortfilter zu den Kündigungen wie folgt:

“Wir nehmen ständig neue Händler auf unserem Marktplatz auf, in Einzelfällen müssen wir uns aber auch von Partnern trennen. Beispielsweise bei einem Verstoß gegen unsere Auflagen (z.B. Markenrecht (Plagiate), Verkauf unerwünschter oder illegaler Produkte) oder Verstöße gegen unsere Anforderungen für Logistikprozesse. Dazu gehören u.a. auch: Sandblasting bei Textilien, der Einsatz usbekischer Baumwolle, der Einsatz von Angorawolle von Angorakaninchen, der Einsatz von Mohair von Angoraziegen, der Verkauf von Echtpelz und der Verkauf von Leuchtstoffröhren, die Quecksilber enthalten sowie von Produkten, in denen diese eingebaut sind. Zudem haben wir besondere Anforderungen an Waren mit Leder & Fellen, Federn & Daunen, Wolle sowie Tropenholz und bedrohten Holzarten. Weitere Infos finden Sie unter https://www.otto.market/de/faq/faq.html. Bei Unklarheiten sollten Marktplatzhändler ihre Ansprechpartner bei OTTO Market direkt kontaktieren.”, so der Unternehmensvertreter.

Auf eine weitere Nachfrage äußerte der Pressesprecher, dass sich betroffene Händler direkt an ihren Ansprechpartner bei OTTO wenden sollten.

Einordnung: Unfaires Verhalten. Und was können die Gründe sein?

Der Händler Support spricht von strategischer Neuausrichtung, der Pressesprecher deutet Händlerverfehlungen an und in den Kündigungen macht OTTO einfach von seinem >negativem Hausrecht< gebrauch.

“Deshalb begegnen wir Ihnen auf Augenhöhe und bieten Ihnen einen der fairsten Online-Marktplätze Deutschlands im E-Commerce für Ihre Handelsziele.”, schreibt OTTO auf der Händler Onboarding Seite.

Da scheint das Unternehmen es mit der Wahrheit nicht ganz so ernst zu nehmen. Denn egal ob sich Händler etwas zu schulden kommen lassen haben, ein fairer Umgang sollte möglich sein. Und dazu gehört vor allem bei einer Kündigung Roß & Reiter zu benennen.

Für viele Händler bedeutet das plötzliche Aus auf OTTO nun Umsatz- und damit Ertragsverlust. Die Onboarding-Kosten haben die Unternehmer in den Sand gesetzt. Totalverlust. Dafür einen dicken Daumen nach unten!

Und die Gründe?

Wir lesen drei sich teilweise widersprechende Gründe. Die Wahrheit ist so nicht zu finden. Daher eine mögliche (realistische) These:

OTTO geht es schlecht. Temu kommt, Amazon ist da und ist erfolgreicher. Das Unternehmen verliert Umsätze fast im zweistelligen Bereich. Auch die Ertragslage leidet darunter wesentlich.

Also werden zuerst die Gebühren in Umsatz starken Kategorien um fast 100% erhöht. Dann werden unliebsame Händler vor die Türe gesetzt. Und das nur aus einem Grund: Das eigene Retail-Geschäft – also die wichtigsten Umsätze – zu retten um halbwegs gut übers Jahr zu kommen.

Nicht verwunderlich, dass in einem solchen Kontext auch der Marktplatz Chef von der Eigentümerfamilie vor die Tür gesetzt wird. Das wird wohl – so mögen es die Familienmitglieder sehen – nicht die einzige Verfehlung in den letzten Jahren gewesen sein. Wir erinnern uns: Plötzliches MyToys Aus nach jahrelanger aber erfolgloser Versuche das Unternehmen profitabel zu machen.