Populismus: Paketabgabe für Onlinehändler

Ein Positionspapier der CDU/CSU sorgte bei den Medien, in den Sozialen Netzwerken und bei Händlern für Aufmerksamkeit, Entsetzen und Verwunderung. Durch eine ›Abgabe‹ des Onlinehandels sollen Innenstädte, also der stationäre Handel, gerettet werden. Alle Handelsverbände lehnen dieses Ansinnen ab! Egal ob BVOH, BEVH oder HDE, alle haben sich deutlich gegen diesen Vorschlag gestellt. »Die Zukunft des Handels liegt in der Kombination aus online und stationär vor Ort«, so Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverband Deutschland (HDE) gegenüber der DPA.

Wie groß ist eigentlich der Onlineanteil am Handel?

Hier gibt es verschiedene Ansätze. Nur den B2C oder B2B inkludiert, mit FMCG oder ohne. Verschiedene Wirtschaftsinstitute und auch das Statistische Bundesamt liefern Messungen und Prognosen. Für das Jahr 2020 wird ein Anteil zwischen 10 und 12% angenommen. Bis zum Jahr 2025 sagen die Forscher von ibi Research 15,5% voraus.

Online-Anteil am Einzelhandelsumsatz in Deutschland in den Jahren 2017 bis 2019 sowie eine Prognose bis 2023

Eine bisschen Geschichte

Das Pferd wich der Kutsche als Reise- und Transportgerät im Mittelalter. Ja, die Stimmen waren kritisch: »Ähnlich wie bei den ersten Automobilen, gab es auch beim Auftreten der ersten Kutschen Widerstände. Die Kritikpunkte bildeten die unzumutbare Lärmbelastung, die krankheitserregende Staubbelastung sowie die Gefahr, die der schnelle Verkehr mit Kutschen mit sich brachte«. Und »Ein weiteres  und weit verbreitetes Argument gegen den Verkehr mit Kutschen war, dass dieser den Niedergang der Pferdezucht bedeute und zur Verweichlichung des Volkes führe«, so Jutta Czabaum in ihrer Diplomarbeit mit dem Titel ›Die Reaktionen der Bevölkerung auf den frühen Automobilismus in Österreich‹.

Und was haben wir daraus gelernt?

Mitunter können wir annehmen, dass Geschichte sich ständig wiederholt. Früher war es die Kutsche, die Eisenbahn, das Automobil und nun das Internet und der Onlinehandel. Die Gruppe der Innovations-Verweigerer, Beratungsresistenten oder Technik-Feinden ist immer noch da. Politiker wissen diese Gruppe anzusprechen und einzusammeln. Populismus nennt man so etwas. Gefährlicher Populismus.

Gefährlicher Populismus

Solche politisch-populistischen Forderungen bremsen die Digitalisierung und bestrafen innovative Unternehmen, aber sie bestärken auch die verweigernden Händler in ihrem Nichtstun. Das ist falsch und hinterlässt Schäden.

Stigmata, welche längst überholt sind, werden durch diesen Populismus gefördert. Es gibt kein online versus offline, keinen Offline-Beratungsklau und auch keine Anbieter-Preisvorteile des Onlinehandels. Das ist Unfug, welcher mittlerweile durch zig Studien belegt wurde.

Die Verbraucher werden wegbleiben. Für immer.

Beschleunigt durch die Krise hat sich das Verbraucherverhalten nachhaltig geändert. Zu glauben, dass sich das umkehren lassen wird, ist wie der Glaube an eine Quadratur des Kreises. Es wird nicht passieren. Natürlich lassen durch eine Vielzahl an Incentivierungen Kundenfrequenzen in den Innenstädten modellieren, aber – und das wird zu beobachten sein – die Zahl der Menschen oder besser tatsächlicher Kunden auf den Einkaufsmeilen wird sich verringern. Eine Digitalisierung des Handels ist keine Option, sondern eine existenzielle Notwendigkeit!

Nicht die Innovatoren bestrafen

Händler, die sich digitalisieren, Unternehmer, welche digitale Handelskonzepte entwickeln, gehören nicht bestraft. Welches Zeichen geht davon aus? Der bisweilen nicht digitale Händler kommt doch vom Regen in die Traufe. Welche Unsinnigkeit birgt also die Forderung in diesem Positionspapier? Händler, welche unter dem Verlust stationärer Kunden leiden, werden mitbestraft, wenn sie online und digital ihren Handel modernisieren? Das kann nicht der richtige Weg sein!.

Die Veränderung muss vor allem bei den Händlern im Kopf passieren

Digitale Geschäftsmodelle, Online-Kundenberatung oder Sichtbarkeit im Internet sind Dinge, um die sich Händler zunächst selbst kümmern müssen. Dazu gehören Änderungswillen und eine Bereitschaft, sich neuen Dingen zu stellen. Gerade einmal 50% der rein stationären Händler nutzen überhaupt einen Google-My-Business-Eintrag (Quelle DIHK/ibi-Studie).  DAS ist der Status quo und dieser lässt sich nicht durch eine Onlinehandelssteuer ändern. 60% der rein stationären Händler haben weder eine Digitalisierungsstrategie noch ein Digitalisierungsprojekt gestartet (Quelle DIHK/ibi-Studie). Im Kopf, da sollte zunächst die Veränderung stattfinden.

Die Forderung ist und bleibt Unfug

Eine Bestrafung der Innovatoren des Handels ist der falsche Weg. Es sollte der Wandel gefördert werden.

BVOH e.V Präsident Oliver Prothmann meint dazu: »Bereits 2016 hat der damalige Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) versucht, ein Verbot von Online-Apotheken zu erwirken. Immer wieder kommt aus der Politik –  und hier insbesondere der CDU und den Grünen – der Gedanke, den Onlinehandel zu regulieren und mit weiteren Abgaben zu belegen. Die Gründe dafür sind die Wahrung des Besitzstandes des stationären Handels sowie fehlender Steuerzahlungen. Zum Glück gab es Zeiten in der Politik, da hat man den Besitzstand erfolgreich nicht bewahrt, sonst würden wir immer noch in Kutschen reisen, Kerzen würden Licht bringen, das Telefon hätte ein Kabel und Filme würde man weiterhin in einem der drei Fernsehprogramme schauen. Subventionen in auslaufende Geschäftsmodelle, wie wir es aus der Stahlindustrie und dem Kohleabbau kennen, verzögern die Erneuerung des Handels, aber sorgen nicht dafür, dass er gesundet.«

Dieser Beitrag wurde am von unter Onlinehandel veröffentlicht.

Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und größter eBay Händler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen für eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay Geschäft zurück und lebt nun als Privatier in der Südwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmäßig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen Onlinehändlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

12 Gedanken zu „Populismus: Paketabgabe für Onlinehändler

  1. Sandra

    Doch, nochmals 5 Sterne – unbedingt!

    Wenn es eine Art Steuer für die Onlinehändler geben wird, ist es wohl so, dass dieses eher auf den Endverbraucher abgewälzt wird.
    Den meisten, auch kleineren Onlineshops wird gar nichts anderes übrig bleiben, als den Kunden damit zu belasten. Die DHL und Post ist ja auch schon dabei die Preise ebenfalls nach oben zu ziehen!

    Ab dem 01.01. wird ja zudem noch die Mehrwertsteuer wieder angehoben, das wird schon die erste Preiserhöhungswelle sein, die durchs Internet rauscht. Das alles wird wohl zu genereller Preisüberhöhung führen, wodurch schlussendlich die GROSSEN und auch Fernost profitieren wird, weil die Kunden lieber BILLIG kaufen möchten!

    Den Großen tut es nicht so weh – durch ihre Massenproduktionen haben sie eine andere Ausgangsposition. Und Fernost Ware ist eh schon viel günstiger, warum nochmal ?

    Und wer nun denkt: “Prima, wird das Online – Einkaufen teurer, das treibt die Kunden zurück in den Einzelhandel” … der ist schief gewickelt. 🙁

    Der stationäre Handel hat schon sehr viel länger Probleme:
    Einkaufscentren in Randgebieten, Outdoor Meilen, Ketten welche den Markt dominieren, Massenproduktion aus Fernost, auch das immer mehr große Lebensmittelketten Nonfood Artikel anbieten, treiben immer mehr Kunden heraus aus der Innenstadt.
    Das bereits seit Jahren.

    Sozial hin und her, aber es wird die Kleinen, am Abgrund stehenden, treffen, nicht die RIESEN wie Amazon und nicht den ausländischen Markt, sondern die landesinneren Unternehmen, welche teilweise auch hier im Lande produzieren und auf Lieferketten angewiesen sind.

    WILL man das ???? Hatte man nicht anfangs der Pandemie danach geschrien die Produktion innerhalb unseres Landes und der EU müsse unbedingt vorangetrieben und gefördert werden ? Ist das nun bereits auch Geschichte, wie die die noch vor wenigen Monaten Balkonklatscher?

    Ungleichgewicht…. WARUM wird die Gastronomie eigentlich großzügiger supportet als der Einzelhandel?
    Stehen die “Schweine – Koteletts” Schlange und warten auf ihre Schlachtung? Muss die Massentierschlachtung kontinuierlich weiterlaufen?
    Wollten wir nicht AUCH etwas für unsere Umwelt tun?

    Ich bin dafür, dass wir ALLE gleichermaßen dafür zahlen sollten, fertig
    Eine Steuererhöhung, einen Soli – (Prozentual)…. weiß der Himbeer- Toni

    Erfreulich, dass derzeitig noch Umsatzsteuer (aus auch vielen kleinen) Onlinehändlern gezogen werden kann.
    Man sollte nicht durch zusätzliche Abgaben diese Branche schwächen, sondern den Einzelhandel modernisieren.
    Und das obliegt jedem Händler selbst, ist kein Hexenwerk und kostet keine Unsummen, bestenfalls gar nichts.

    Antworten
  2. Michael Schäfer

    Populismus begegnet man nicht mit Populismus. Allen sollte klar sein, dass nach der Pandemie dem Steuerzahler wieder in die Tasche gegriffen werden muss. Der Grund liegt auf der Hand. Das Geld, welches in der Krise mit vollen Händen unter die Unternehmer gebracht wurde, muss irgendwie auch wieder hereinkommen. Es ist folglich logisch und richtig, dass denjenigen in die Tasche gegriffen wird, die von der Krise profitiert haben.

    Wir leben in einer sozialen Marktwirtschaft. Gewinne zu sozialisieren ist nicht schlechtes. Wer in der Krise nach Hilfe vom Staat schreit und bekommt, sollte sich anschließend auch Gedanken darüber machen, wie er das Allgemeinwohl mit seinen Gewinnen unterstützen kann. Wem das nicht passt, kann gerne mit seinem Unternehmen auf die Insel ziehen und von dort seine Waren versenden.

    Sorry Mark, hier gibt es kein Sternchen für den Artikel.

    Antworten
    1. soso

      Das Sterben der Innenstädte began vor vielen Jahren. Einkaufsstraßen in Großstädten glichen sich faktisch, da überall die selben Ketten und Handyläden waren. Die selben Politiker haben Einkaufszentren am Ortsrand genehmigt oder Outlet Zentren. Dazu kam in der Nähe der Bahnhöfe, die oftmals zentral liegen, nicht wirklich gute Gesellschaft, die zum EInkaufen animiert. Und vielerorts sind die Parkgebühren extrem hoch, was dazu verleiten soll, mit ÖPNV zu fahren, der aber auch immer teurer wird. Die Erscheinungbilder der Innenstädte tun ein Übrigens, Achso nicht zu vergessen die Mieten, die ein normaler Einzelhändler nicht mehr zahlen kann.

      Ich kenne zwar viele Unternehmer, aber eigentlich noch keinen, der das Geld von “den vollen Händen” erhalten hat, Kurzarbeitergeld 11/2020 noch nicht ausgezahlt, 5000 Euro unkomplizierter Zuschuss, zugesagt im Sommer, soll im Januar endlich unkompliziert ausgezahlt werden. Usw. usw.. Sicher kennen viele auch Unternehmen, die sich freuen würden, wenn die vollen Hände sioch endlich in deren Richtung bewegen würden. Dem ist nur leider nicht so.

      Den Spruch, den der Erfinder der sozialen Marktwirtschaft zum Begriff sozial gemacht hatte, erspare ich mir. Aber er hatte und hat Recht damit. Man sollte soziale Marktwirtschaft nicht mit Umverteilung verwechseln, die eigentlich nur einen Sinn hat, Wähler zu ködern. Und diejenigen, die profitiert haben, werden sicher auch etwas mehr Stauuern zahlen, wenn dem so sein sollte. Warum dann zusätzlich nochmals zugreifen?

      Alleine, wenn man unsere Vorbilder in der Politik ansieht, die auch umverteilen wollen, dann aber deren Verhalten mit deren Worten vergleicht, kann man sich nur wundern (aktuelle Beipiele: Gerd Müller oder die Hummer essende Grüne Politikerin). Die sollten erst einmal ihr Verhalten ändern, bevor sie andere angehen.

      Antworten
  3. Sandra

    Also erst einmal 5 Sterne für diesen Beitrag !!!

    Es ist schon spät, also keine eloquente Bemerkung meinerseits.
    Ich mag nicht politisch werden, es ist auch nicht zielführend, wenn ich mich hier auslasse. Im Allgemeinen bin ich auch gar nicht soooo unglücklich mit unserer Regierung. Bis auf dieses, jenes und welches 🙂 Aber irgendwas ist ja immer.

    Allerdings möchte ich sagen, es wäre eine ziemliche Frechheit, wenn das wirklich gemacht würde.
    Ich sehe nicht, warum der Onlinehandel dafür zur Kasse gebeten werden soll, den stationären Handel zu unterstützen?

    Der Onlinehandel zahlt genau so Steuern, wie der stationäre Einzelhandel, Verpackungslizenzen, wir tun ALLES um nachhaltige Verpackungen etc zu verwenden. Unsererseits sind wir gerne bereit JEDEM aus dem Einzelhandel zu supporten, solange wir dafür nicht zur Kasse gebeten werde.

    Seit wann wird Fortschritt denn dazu genutzt um Strafgelder einzuverlangen ? Unter dem Deckmantel: damit wird der Einzelhandel unterstützt….. Hallo, geht`s noch ?

    Schreit nicht ALLES derzeit nach DIGITALISIERUNG ????????? Das geht gar nicht!

    JEDER Einzelhändler MIT Ladenlokal kann ONLINE verkaufen! Was soll dieser Unsinn ?
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass durch gewunken wird – KEINESFALLS !

    So ein Schwachsinn, der totale Unfug 🙁

    Antworten
  4. soso

    Die brauchen Geld und der Onlinehandel läuft noch. Das Geld wird aber seit 2015 rausgeworfen für diverse persönliche “Projekte” von AM, wie die unkontrollierte Aufnahme von sogenannten Ärzten und Facharbeitern. Daneben reist AM durch die Welt und verteilt das Geld, das hier erarbeitet wird, recht großzügig. Selbst Leute aus anderen Ländern wundern sich mittlerweile, warum AM nichts für das eigene Land zu tun gedenkt. Und alles ohne den Bundestag abstimmen zu lassen (den könnte man dann abschaffen und man hätte wieder Wohnraum und sicher auch ein paar Euros mehr in der Kasse). Corona scheint fast schon willkommen zu sein, damit man andere, ältere Finanzlöcher erklären (umwidmen) kann.

    Dass sich bei der CDU diejenigen, die weiter auf AM setzen, beliebt machen wollen, indem sie immer neue Ideen zum Ranschaffen von Geld bringen, ist nicht verwunderlich. Jeden Tag steigt auch die Wahrscheinlichkein, dass AM sich als alternativlos erklärt und wieder kandidiert (siehe Jahresrückblich 2021 in der FAZ von Samstag).

    Auf die Idee, endlich mal die Bürokratie und die damit verbundenen Kosten zu reduzieren, kommt die CDU (die stand früher der Wirtschaft nahe) nicht. Unsinnige Abgaben wie die Luftsteuer, das Verbieten, den Gehweg sinnvoll mit zu nutzen oder die Gebühren (in manchen Städten) für das Anbringen neuer Werbung am Fenster (Fassade wird geändert, also kostet es) sollte man überdenken und vieles andere auch (Bonpflicht, Umstellung Kassen, …).

    Antworten
    1. Jan

      Yeah, erster Kommentar und gleich irgendwas mit Flüchtlingen. (Zusammenhang mit Paketabgabe und Einzelhandel?)

      Das Thema ist ausgelutscht. Will keiner mehr hören. Selbst die AfD hat umgesattelt auf Corona-Verharmlosung und Masken-Opposition. Man muss schon auch ein bißchen mit der Zeit gehen.

      Antworten
      1. Werner Reger

        @Jan: Man sollte vor der Realität nie die Augen verschließen und scheinbar hast Du noch nie etwas hinterfragt. “soso” liegt nun mal -leider- vollkommen richtig.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert