Polyacryl oder nur Acryl? Das war die Frage, über die das OLG Frankfurt zu entscheiden hatte. Die Richter urteilten: ›Acryl‹ reicht aus. Der Onlinehändler verstößt also gegen die TextilKennzVO, wenn er seine Kleidungsstücke nicht mit ›Polyacryl‹, sondern mit ›Acryl‹ kennzeichnet, aber es ist nicht unlauter (6 U 256/19).

Ein Verstoß bleibt es

Das Gericht kam allerdings zu dem Ergebnis, dass der Verstoß gegen die TextilkennzVO nicht dazu geeignet sei, die Interessen von Verbrauchern i. S. v. § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen. Hierbei verwies es auf eine Entscheidung des BGH, der entsprechend zur Verwendung des Begriffs ›Cotton‹ statt ›Baumwolle‹ entschieden hat.

›Acry‹ wird umgangssprachlich verwendet

Solche besonderen Umstände lägen in diesem Fall jedoch vor, so das Gericht. Der angesprochene Verkehr verwende den Begriff ›Acryl‹ umgangssprachlich als Abkürzung für Polyacryl.

Im vorliegenden Fall liegen besondere Umstände in diesem Sinne vor. Der angesprochene Verkehr, zu dem auch die Mitglieder des erkennenden Senates gehören, wird keine Veranlassung zu der Annahme haben, es handele sich bei ›Acryl‹ um eine andere Faser als ›Polyacryl‹. Der Verkehr wird vielmehr umgangssprachlich den Begriff ›Acryl‹ als Abkürzung für Polyacryl verwenden. Dies schon deshalb, weil dem Verkehr keine andere Acrylfaser bekannt ist. Soweit der Kläger darauf verweist, dass Anhang I in Nr. 29 auch die Faserbezeichnung ›Modacryl‹ aufführt, sodass für den Verbraucher die zusätzliche Unsicherheit entstehen könne, ob der Begriff ›Acryl‹ nicht auch für ›Modacry‹ steht, ist dies nicht geeignet, eine Spürbarkeit zu begründen. Der juristisch nicht gebildete Verkehr wird sich nämlich bei seiner Anschauung nicht an der Anlage zur TextilKennzVO orientieren, sondern am allgemeinen Sprachgebrauch.

Das Vorenthalten dieser Information sei daher nicht geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er bei Angabe des Begriffs ›Polyacryl‹ nicht getroffen hätte.

Fazit

Die TextilkennzVO bestimmt eindeutig, wie Textilien zu kennzeichnen sind. Neben einer Kennzeichnung in deutscher Sprache sind dabei nur die in Anhang I der Verordnung aufgezählten Begriffe zu verwenden. Auch wenn der BGH bereits entschieden hat, die Bezeichnung ›Cotton‹ anstatt ›Baumwolle‹ habe sich mittlerweile eingebürgert, oder wie vorliegend das OLG Frankfurt, der Begriff ›Acryl‹ werde umgangssprachlich als Abkürzung für Polyacryl verwendet, kann die Beurteilung bei anderen Bezeichnungen schon wieder anders aussehen. Das OLG Stuttgart hat z. B. entschieden, dass die Verwendung des englischen Begriffs ›Elastane‹ statt ›Elasthan‹ unzulässig ist. Daher sollten nur die in der Verordnung vorgesehenen Begriffe verwendet werden, um Abmahnungen zu vermeiden.

(Quelle: shopbetreiber-blog.de – Dr. Carsten Föhlisch)