Online verkaufen – was kann da schon schief gehen? Eine ganze Menge, wenn man die Spielregeln des Salesmanagements nicht kennt und nicht in der Lage ist, sie auf sein E- Business anzuwenden. 

Online Shops wachsen weiter, für Kunden ist es mittlerweile eine Selbstverständlichkeit online einzukaufen. Menschen können kaufen und sind einen gewissen Standard gewöhnt. Sie erwarten ein einwandfreies Kauferlebnis. Die Ansprüche steigen also. Und das sichtbar. 

Die Ansprüche sollten das auch von Betreibersicht tun, denn die Mitbewerber schlafen nicht, der Kunde hat aktuell immer mehr Auswahl zur Verfügung und es braucht teilweise nur einen Klick: Und der Kunde ist weg. 

Die beste Zeit also, um sich mit Salesmanagement einmal näher auseinander zusetzen und seinen Onlineshop auf zukunftssichere Beine zu stellen. Gerade in Zeiten, in denen die Platzhirsche dominieren.

Was ist Salesmanagement überhaupt

Wer glaubt, dass es sich hier rein um das Abschlusssegment handelt, der irrt und verweilt etwas in den 90ern. Denn da gab es das Vorgehen noch, dass wir in Prozessketten gedacht und agiert haben. 

Prozessketten-Denke führte zu Silodenken: Es gibt Abteilungen, die jeder für sich agieren oder Spezialisten, die “nur diesen einen Job” haben. 

Die Folge daraus ist, dass Shops mit Schnittstellenproblematiken zu kämpfen haben und an den entscheidenden Punkten Umsatz verlieren. 

Salesmanagement bezeichnet die Gesamtheit an Prozessen, die im Shop ablaufen. 

Dabei unterscheiden sich zwei Hauptstränge: Der Verhältnis- Prozess und der Verhaltens-Prozess. Diese beiden Prozesse gestalten den gesamten Ablauf des in- und direkten Kundenkontaktes. 

Verhältnis- Prozess

Im Verhältnis- Prozess wird das Big Picture erstellt, bestehend aus dem Kunden-Lifetime-Zyklus, der Erarbeitung der Salesstrategie und der Identifizierung relevanter in- und externer Touchpoints. Das ist ein bisschen Arbeit. Denn auch der KLZ verläuft nicht linear, sondern ist eine Anreihung verschiedener Wenn-Dann-Funktionen, die berücksichtigt werden müssen. Auch, wenn Sie nur ein einziges Produkt betreiben – der Zyklus ist nach dem Kauf nicht beendet, sondern der Kunde steckt mittendrin. 

Der KLZ fängt beim Finden Ihres Shops an. Ziel sollte es immer sein, dass ein Kunde Stammkunde oder/ und Empfehler wird. Selbst für Empfehler reicht ein einziges Produkt aus, um begeistert zu sein. Hier wird oft Potential achtlos verschenkt. Wer hier einen sauberen und durchdachten Prozess aufsetzt, der in sich flexibel ist, der hat die Weichen für einen erfolgreicheren Shop gestellt.

Der Verhaltens-Prozess sollte keine Aneinanderreihung von unterschiedlichen Arbeitsschritten sein, denn genau hier wird das Silodenken aufgelöst. 

Die Grafik zeigt deutlich, dass der entscheidende Ausschlag die in- und externen Touchpoints sind, an dem sich unterschiedliche Abteilungen bzw. Mitarbeiter aktiv zeigen müssen. Wechseln Sie hier die gewohnte Abteilungs-Perspektive und fokussieren Sie sich hier auf die Kundensicht. Wenn Sie selbst einen Touchpoint setzen, dann legen Sie fest, wer wie agieren sollte. Bei externen Touchpoints müssen alle Mitarbeiter wissen, wann sie wo und wie reagieren müssen. Da darf es keine Schnittstelle nach Möglichkeit mehr geben. 

Lösen Sie sich also von Prozessketten und denken Sie in Prozessnetzen. Dieses ermöglicht Ihnen zudem, dass jeder seinen Job mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch gewissenhaft erledigt. Was Ihnen dabei helfen kann, ist ein smartes CRM-System, was auch Salesmanagement abdecken kann. Das alleine einzuführen reicht allerdings nicht, es müssen auch sämtliche Mitarbeiter Zugriff haben und nutzen, die direkten oder auch indirekten Kundenkontakt haben. 

Die Aufgabe besteht darin, sämtliche Daten zu sammeln, die Ihnen dabei helfen, den Kunden zu verstehen, um ihn das bestmöglichste Angebot zu unterbreiten und mit hervorragendem Service zu glänzen. 

Verhaltens-Prozess

Hier dreht sich alles um Verhaltens- und Kommunikationsstrategien. Diese müssen erarbeitet und trainiert werden. Zudem kommt Verkaufspsychologie ins Spiel. Und nein, es reicht auch hier nicht aus, mit einzelnen Maßnahmen, wie Verknappung oder Framing zu spielen. Viele solcher Maßnahmen sind zudem schon abgenutzt und nerven Kunden nur noch. Denn eins hat sich nie geändert: Kunden kaufen gerne, bekommen aber nicht gerne etwas verkauft. Und sobald sie System dahinter erkennen, haben Sie eine erste Mikro-Enttäuschung hervorgerufen (dazu gleich mehr). 

Online Shopping an sich ist eine sehr unpersönliche Angelegenheit. Ihr Job ist es, den Verhaltensprozess so zu gestalten, dass der Kunde eine persönliche Verbindung zu Ihnen aufbaut. 

Zalando verschenkt hier beispielsweise Sympathiepunkte: Der Kunde legt Ware ab und verlässt den Rechner für einen gewissen Zeitraum. Wenn er wieder zurückkehrt, findet er den Großteil seiner ausgesuchten Waren nicht mehr vor, weil die Ware bereits durch einen anderen Kunden gekauft wurde. Aus Unternehmenssicht verständlich agiert, aber nicht bis zum Ende durchdacht. Eine kurze Nachricht aufs Handy, nett geschrieben, die den Kunden erinnert und zum Entscheiden animiert. Diese Verknappung ist smart und persönlich eingesetzt, denn man bekäme als Kunde das Gefühl, dass es für Zalando wichtig wäre, dass genau er das kauft. Somit allerdings wird dem Kunden nur deutlich gezeigt: “Ist mir wurscht, wer Du bist und was Du grad gemacht hast, Du bist eine nachwachsende Ressource.” 

Was sich so ein großer Shop, wie Zalando noch leisten kann, kann den kleineren Shops das Genick brechen und den entscheidenden Unterschied ausmachen. 

Einen Shop etwas mehr zu personalisieren ist kein Hexenwerk. Es macht zum Beispiel überhaupt keinen Sinn, in einem Bereich, wie Klamotten, die Suchfunktion so zu gestalten, dass der Filter übertrieben wenig anzeigt. Kunden, die auf Klamottensuche sind, sind oftmals auch “Schlenderer”. Sie wollen inspiriert werden. Lassen Sie hier ganz klar den Kunden entscheiden.

Suchen Kunden beispielsweise ein sehr “unemotionales” Produkt, wie Schrauben, dann macht ein starker Filter absolut Sinn. Denken Sie immer daran: Niemand steht morgens auf und sagt: “Heute habe ich mir was richtig Schönes vorgenommen – ich gehe einfach mal Schrauben shoppen! Was das Zeug hält, die Kreditkarte wird glühen!”

Kundenkommunikation ist hier das A und O. Bleiben wir bei den Schrauben. Hier eine Beschreibung aus einem Online Shop. Ohne Bild.

“ISO 2338 – Form B, Zylinderstifte, Form B ( Toleranzfeld h8 ), ähnl. DIN 7 ( Toleranzfeld h8 )”

Nicht nur ohne Bild. Auch nirgends eine Beschreibung, was die kann und wofür sie geeignet ist. Wer also nicht gerade Schrauben studiert hat, der wird hier in den Wahnsinn getrieben. Der Shop umfasst mehr als 3000 Artikel…

So gibt es viele kleine Schrauben, an denen Sie drehen können, damit die Kundenkommunikation und das Verhalten an den einzelnen Touchpoints für den Kunden zum positiven Kauferlebnis wird. 

Dafür ist es wichtig, dass Sie an den richtigen Stellen automatisieren. Eine hilfreiche Regel dafür ist: Automatisiere alles, was der Kunde nicht sieht. Alles andere bitte nicht. 

Das Verhalten und die Kommunikation sollte Service und Mehrwert ausstrahlen. Gehen Sie daher immer aus Kundensicht vor. Fokussieren Sie sich dabei auf smarte Marketingaktivitäten, die dem Kunden bereits vor Kaufinteresse Mehrwert und Service bieten. 

Daten und Verkauf 

Die Aufgabe im Salesmanagement ist es, nutzbare Daten zu sammeln und daraus Handlungsoptionen zu entwickeln. 

Nun werden meist drei entscheidende Fehler gemacht, die baren Umsatz kosten:

  • Sammeln von irrelevanten Daten und das Weglassen von relevanten Informationen
  • Nicht jeder bekommt die für ihn wichtigen Daten
  • Die Handlungsoptionen werden falsch oder nur unzureichend abgeleitet

Nehmen wir das Beispiel Landingpage. Sie haben zwei Seiten und machen einen A/B-Test. A konvertiert besser als B. Bei B kommt es an einigen Punkten zum Kaufabbruch. 

Was ziehen Sie daraus für eine Handlungsoption? Ganz klar: B kann weg. A wird ausgespielt. 

Im professionellen Verkauf geht es allerdings nicht primär um das, was funktioniert, sondern darum, was eben nicht funktioniert. 

Sie erhöhen massiv Ihre Handlungsoptionen und somit Ihre CR, wenn Sie mehr Energie in das “Nein” des Kunden stecken. Im Verkauf selbst nennt man das Bedarfsanalyse. 

Einer der größten Fehler ist es also, das Nein des Kunden als “fuktioniert nicht” abzutun und mehr Invest in das “Ja” zu stecken. 

Rein logisch betrachtet, müssen Sie die wenigste Energie in ein “Ja” weiterhin investieren, denn er ist ja kaufbereit. Die Frage ist doch eher: Warum war es ein anderer nicht? Was hat ihm gefehlt? Was hätte er gebraucht, um zu kaufen? Optimieren Sie genau da. Nicht nur beim “Ja”.

Konzentrieren Sie sich ausschließlich auf die “Jas”, dann verkleinern Sie Ihren Handlungsspielraum. Das ist aus Prozesssicht ganz nett, weil Sie Ihre Prozess und Handlungen schmaler halten können, aber es verschenkt bares Geld. 

Im offline Verkauf könnten Sie mit solch einer CR Ihren Laden übrigens zu machen. Und auch online sind offensichtlich nicht alle Hebel genutzt. Gewöhnen Sie sich nicht daran und sagen: “Eine durschnittliche CR von x% in meiner Branche ist normal.” Nein. Das ist nur die Gewöhnung an den Status Quo, der noch nicht gut genug ist. Da ist Luft nach oben. 

Fragen Sie also immer: Welche Faktoren haben Einfluss auf meine CR und welche davon kann ich beeinflussen? Zum Beispiel Branche, Kundenmeinungen, Gütesiegel, Positionierung, Geschwindigkeit usw.

Nutzen Sie Ihre Daten, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen und den Kunden durch einen sauberen Verkaufsprozess zu führen. Der Verkaufsprozess an sich ist als Zyklus zu verstehen und endet niemals beim Kauf. Nach dem Kauf ist vor dem Kauf. 

Der Verkaufsprozess beginnt immer mit der Bedarfsanalyse. Hier sammeln Sie alles an Daten und Informationen, die für Sie oder Ihre Kollegen von Bedeutung für weitere Handlungsoptionen sind. Sie machen ein Angebot. Der Kunde sagt “Nein”. Das ist für Sie ein klares Zeichen, dass die Bedarfsanalyse nicht ausreichend war. Sie beginnen nun mit der Einwandbehandlung und lernen daraus. Ein “Nein” des Kunden katapultiert Sie übrigens immer wieder an den ersten Schritt, also hin zur Bedarfsanalyse. Ein Angebot wird dann besser konvertieren, wenn die Bedarfsanalyse sauber war und der Kunde so gut wie keinen Einwand mehr hat. 

Mehr noch: Was fehlt den Kunden bei den Platzhirschen? Gibt es etwas, dass Sie daraus lernen können? 

Vergessen Sie nicht: Wenn der Kunde keinen Einwand mehr hat, dann ist er maximal zufrieden. Das wird nicht auf Dauer reichen. Zufriedenheit ist etwas, was der Kunde erwartet. Das Minimum. Der Kunde kommt wieder oder wird zum Empfehler, wenn er begeistert ist. Das zu schaffen, ist leider nicht alleine durch Automatisierung getan. 

Die Sammlung von Mikroenttäuschungen

Kommt ein Besucher in Ihren Shop, dann braucht es Begeisterung und einen Hauch von Mehr, als er erwartet hat. Das Angebot ist einfach zu groß und die Marktplatzhirsche zu mächtig. Der Kunde braucht also ein exzellentes Nutzer- bzw. Kauferlebnis (UX). Das fängt wesentlich früher an, als beim Besuch Ihrer Website. Das sollte Ihnen klar sein. Und er hört auch nicht beim Abschluss auf, sondern geht natürlich darüber hinaus. 

Im Salesmanagement benutzt man den Begriff der Mikroenttäuschung: Die kleinen Dinge, die scheinbar unwichtig sind, die beim Kunden ein leises “Nein” auslösen. Das kann ein billig aussehendes Design sein, ein umständlicher Bezahlprozess oder aber auch die unpersönliche E-Mail. Im Online-Shopping noch deutlich schneller, löst eine Mikroenttäuschung schon eine Handlungsoption aus, meist die des Wegklicken oder des Verkaufsabbruchs. 

Für den Kunden gilt: So leicht und schnell wie möglich, mit allem an Trust, was das Herz begehrt. Das ist der Spagat, den Sie leisten müssen. Was dabei entsteht, wenn Sie diesen schaffen, sind viele “Mikro-Jas”. Genau diese brauchen Sie mehr, als ein großes “Ja”, denn genau die sind es, die die Chance vergrößern, dass der Kunde bei Ihnen statt beim Platzhirsch kauft. 

Ein regelmäßiges Mikro-Nein schafft beispielsweise Amazon, wenn man im Retargeting angezeigt bekommt, welches Produkt man bereits erworben hat. Ein Hoch auf das schlechte Gewissen. Und verschenktes Budget. Aber gut. Amazon kann es sich leisten. Kleine Shops allerdings nicht. 

Aber auch Sie werden vermutlich durch gut gemeinte Aktionen Mikroenttäuschungen hervorrufen. Wie zum Beispiel eine Rabattierung auf sämtliche Produkte, weil der Kunde über einen gewissen Zeitraum einen bestimmten Warenwert erreicht hat. Gut gemeint, keine Frage. Der Kunde freut sich für den Moment. Was bleibt, ist aber: “Wer so Rabatt geben kann, der war vorher einfach zu teuer.” Sie verlieren an Trust. 

Fazit

Ein zukunftssicherer Online Shop setzt sich intensiv mit der Gesamtheit des Salesmanagements auseinander und professionalisiert Verhältnis- und Verhaltensprozess. Er trifft Maßnahmen nicht aus dem Bauch heraus, sondern handelt an den richtigen Stellen datengetrieben. Ja – es ist aufwendig und bedarf einiges an Hirnschmalz. Haben Sie beide Prozesse nicht sauber aufgesetzt, werden Sie mit Automatisierung und Skalierung vermutlich nicht so weit kommen, wie Sie es könnten und verschenken wertvolles Potential, was Sie brauchen, um auch in Zeiten der Platzhirsche Bestand zu haben. Haben Sie Salesmanagement für sich agil implementiert, können Sie auf sicheren Beinen optimieren und wachsen. 

Was Sie sofort tun können: 

  • Setzen Sie den Verhältnisprozess auf
  • Ergänzen Sie an den relevanten Touchpoints den Verhaltensprozess
  • Planen Sie begeisternde Maßnahmen
  • Bleiben Sie konsequent in der Kundenperspektive

Über Katharina Stapel

Diverse Ausbildungen im Kommunikations-, Business-, und Coachingbereich, Studium der Psychologie und Bildungswissenschaften führten dazu, dass Katharina Stapel heute das macht, was sie macht: Konzepte für Unternehmen entwickeln, die nicht nur KPI-getrieben sind, sondern auch das menschliche Verhalten mit einbeziehen. Dazu führt die Stapelfux GmbH praktische Forschungsprojekte durch, deren Ergebnisse konzeptionell aufgearbeitet und für Unternehmen verfügbar gemacht werden.