Urteil: Abmahnung wegen zusammengefasster Bewertungen im Shop

Unter dem Aktenzeichen 33 O 159/16 wurde am 11. Juli 2017 vor dem Landgericht Köln ein spannender Fall verhandelt. Am 1. August gab es das Urteil. Ein Onlinehändler veröffentlichte auf seinem Shop ein Bewertungs-Plug-in, welches die Bewertungen aller seiner Verkaufskanäle zusammenfasst und darstellt. Ein Wettbewerber fand diese Darstellung irreführend und mahnte ab. Er bekam Recht.

Bewertungen sind wichtig. Sie sind das hervorstechende Reputationsinstrument und beeinflussen die Kaufentscheidung der Konsumenten. Viele Händler sammeln Bewertungen über unterschiedliche Absatzkanäle: Amazon, eBay, der eigene Shop oder auch Facebook. Einige Bewertungsportale ermöglichen die zusammengefasste Darstellung der Bewertungen im eigenen Shop. Eigentlich ein guter Ansatz, da im eigenen Shop kaum Bewertungen abgegeben werden. Aber auch nur eigentlich.

Was war passiert, worum geht es?

Ein Händler hat nun wegen dieser zusammengefassten Darstellung eine Abmahnung erhalten. Abgemahnt wurde konkret die Darstellung dieses Widgets von ausgezeichnet.org.

(Quelle: Screenshot ausgezeichnet.org)

Der Marktbegleiter rügte, dass diese Darstellung irreführend sei. Die Richter des Landgericht Köln folgten seiner Argumentation und der Händler verlor das Verfahren. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Formulierung ‘x Bewertungen von mehreren Portalen’ von Konsumenten falsch verstanden werden kann. Dargestellt werden ja nicht ausschließlich Bewertungen dieses Shops, also dieser Website, sondern auch Präsenzen auf eBay und Amazon.

(Quelle: Auszug aus dem Urteil)

Das vollständige Urteil 3 O 159/16 könnt ihr euch hier ansehen und downloaden.

Ist das nun irreführend?

Na ja, die Verkaufsregeln auf Amazon, eBay, dem eigenen Shop und auch Facebook sind ja nun sehr unterschiedlich. Verkaufe ich über Amazon FBA, so kann beispielsweise die Versandleistung erst gar nicht bewertet werden. Bevorzugt ihr eBay beim Service, so ist auch eure Serviceleistung nicht mit der des eigenen Shops vergleichbar. Und seid mal ehrlich: Es ist ja tatsächlich so, dass ihr oft die Zähne zusammenbeißt, wenn Konsumenten mit Bewertungen auf Plattformen drohen. Also ganz krude ist der Gedanke des Abmahners nicht, oder?

Wer ist alles betroffen?

Einfach: Alle Händler die Bewertungs-Plug-ins von Anbietern nutzen, die eine konsolidierte Darstellung der Bewertungen ermöglichen. Überprüft also euer Plug-in und fragt euren Anwalt oder Rechtstextedienstleister, ob eure Darstellung des Kunden-Feedbacks vor dem Hintergrund dieses Urteils neu bewertet werden muss.

Achtung bei: ausgezeichnet.org und shopvote.de

Bei meiner Recherche sind mir diese 2 Anbieter besonders ausgefallen. ausgezeichnet.org ist ja in dem Urteil erwähnt, aber auch shopvote.de kann davon betroffen sein. Pikant, shopvote wird vom Rechtstexteanbieter IT-Recht-Kanzlei empfohlen und selbst eingesetzt.

Quelle: Screenshot it-recht-kanzlei.de | IT-Recht Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller)

Ob die leicht abgeänderte Formulierung ‘unterschiedl. Präsenzen’ ausreichend ist, den Tatbestand der Irreführung zu umgehen, wage ich zu bezweifeln. Denn auch aus dieser Formulierung wird nicht klar, was denn nun eigentlich gemeint ist. Wird die Seite auf 3 Präsenzen bewertet oder ist es ein unterschiedlicher Auftritt. Fazit: Augen auf beim Käsekauf!

Wenn das mal Schule macht

Bisweilen liegt ja nur ein Landgerichtsurteil vor. Das bedeutet, das Risiko, dass auch andere LG diesem Urteil folgen, kann noch nicht abgeschätzt werden. Setzt sich diese Beurteilung aber durch, dann wären sämtliche Auftritte, die o. g. Widget verwenden, massiv abmahngefährdet. Und auch jetzt ist es nicht ohne: Euer Marktbegleiter braucht ja nur das LG Köln wählen.

Fazit

Die Anbieter solcher zusammenfassender Widgets sollten schnell eine rechtssichere Lösung finden. Auch wenn noch kein Urteil eines OLG vorliegt, so sollte den Händlern zügig eine sichere Verwendung des Widgets angeboten werden. Ich würde mir wünschen, dass shopvote.de und ausgezeichnet.org ihre Kunden proaktiv informieren und warnen würden.

17 Gedanken zu „Urteil: Abmahnung wegen zusammengefasster Bewertungen im Shop

  1. Matthias Hechler

    In Zukunft werden Unternehmer oder Plattformer von vornherein die Bewertungen verifizieren müssen, denn bereits ohne Verifikation werden auch echte Bewertungen unzulässig sein. Zudem muss gem. § 5b Abs. 3 UWG über die Verifikation informiert werden.

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  2. Nora

    Gut zu wissen, dass ein solches Bewertungs-Plug-in irreführend gehalten wurde. Mein Mann möchte eine solche Lösung anwenden, um Bewertungen darzustellen. Ich werde ihm auf jeden Fall empfehlen, darüber mit seinem Anwalt zu besprechen. Danke!

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  5. dusticelli

    UPDATE:
    das ist lustig. Bei Shopvote hat man das Urteil wohl auch gelesen und meine Überlegung wohl gleich in die Tat umgesetzt. Der Text dort lautet nun nämlich

    “X Bewertungen dieses Anbieters auf Y unterschiedlichen Präsenzen”

    Als hätten sie meine Gedanken gelesen. 🙂

    100%ige Sicherheit hat man natürlich nicht davor dass die Kammer sich auch von diesen “String” iwie in die irre geführt fühlt.

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  6. dusticeLli

    Wenn man das Urteil liest kann man erkennen, dass nach Ansicht der Kammer (die sich übrigens selbst für ausreichend betroffenen Verkehskreis hält 😀 ) nicht die Zusammenfassung an sich irreführend ist, sondern die Formulierung “von mehreren Plattformen” den falschen Schluß zuliesse, gemeint wären mehrere “Bewertungsplattformen”.

    Ich würde also sagen:
    Ersetze Plattformen durch einen schärfer definierenden Begriff wie etwa “X Bewertungen aus Y verschiedenen Internetangeboten des Betreibers”

    Und der Sachverhalt ist schon mal ein ganz anderer.

    Meine persönliche Meinung ist: selbstverständlich ist die Gesamtleistung eines Anbieters über versch. Marktplätze ein wertvoller Reputationsmaßstab. Eine verständliche Zusammenfassung mit Link auf eine mögliche Differenzierung ist sinnvoll.

    Aber so ist es eben mit der Juristerei. Alles ist Interpretationssache und wehe, die Kammer sieht sich selbst als betroffenen Verkehrskreis! .. 😀

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    1. Rene Schürmann

      Das Trustami Widget und auch die Einbindung in den Quelltext der Website dürfe ebenfalls abmahnfähig und wettbewerbsrechtlich bedenklich sein. Habe ein aktuelles Beispiel, bei der eine Website in den Google-Suchtreffern mit über 21.000 Bewertungen und einer 5-Sterne Gesamtbewertung wirbt, wobei die Bewertungen grösstenteils von Amazon und ebay stammen und diese Domain nicht einmal bei Trustami registriert ist, sondern eine andere Domain des selben Seitenbetreibers. Also noch verwirrender geht es nicht mehr.

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      1. Arthur Hoffmann

        Aber ich finde bei den Bewertungen geht es ja rein um die Dienstleistung ( Qualität, Preis/Leistung, Umsetzung, Beratung, Kundenservice, Nutzen ) des Anbieters, nicht um irgendeine Versandschnelligkeit eines Online-Shops etc., Es werden ja nur alle selben Bewertungen über das Unternehmen zusammengefasst.

  8. Peter

    schnelle Lösung für ausgezeichnet widget: Im account erstmal bei All-In-One-Funktion alle Portale auf Nein setzen. Dann werden auch nur die Bewertungen aus dem shop angezeigt und im widget verschwindet der Satz aus mehreren Portalen

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