Die Bundesregierung hat ein dickes Hilfspaket auf den Weg gebracht. Die befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf 16% bzw. 5% ist Kernteil des Programms. Der Startschuss soll bereits am 1. Juli sein. Was ist zu beachten und wo liegen die Herausforderungen? Was wird die Senkung der Steuer für den Handel bedeuten, mehr Ertrag oder Preissenkung?

Was kann eure Software?

Von den großen ERP und Wawi-Systemen ist ›Gutes‹ zu hören und zu lesen. Plentymarkets hat bereits heute eine Einleitung im eigenen Forum und in der Wortfilter Facebook-Gruppe veröffentlicht.

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Von der JTL Agentur war zu hören, dass eine temporäre Umstellung und die Behandlung der Geschäftsvorfälle gut funktionieren werden. Von Afterbuy war bis zur Veröffentlichung des Artikels noch keine Information verfügbar.

Das sagen die Marktplätze

Von Amazon und eBay werden wohl kaum Herausforderungen zu erwarten sein. Hoffentlich. Ob Amazon den Termin schaffen wird, ist sicherlich mit einem großen Fragezeichen zu versehen. In der Vergangenheit hat der Plattformbetreiber keine Exzellenz gezeigt, wenn es um Steuer- oder Compliance-Obliegenheiten ging. Hier bedeutet es also, dass ihr aufpassen solltet. Die kleineren Marktplätze sind optimistisch gestimmt. Stefan Grimm, Mitgründer von der B2B-Plattform restposten.de äußerte sich gegenüber Wortfilter: »Zur temporären Änderung der Umsatzsteuer hatten wir heute den Kick-off des Projektes.

Wir stellen unseren Mitgliedern in ca. 14 Tagen ein System im Admin Tool zur Verfügung, mit dem sie auf Termin eine Anpassung des Umsatzsteuersatzes aller Angebote voreinstellen können. Da wir bestehende Systeme lediglich updaten müssen, gehen wir für RESTPOSTEN.de von einem Aufwand von 6-10 Programmierer-Manntagen für die nötigen Anpassungen aus

Und wo sind dann die Herausforderungen?

Es ist fraglich, ob gerade die ausländischen Anbieter von Systemen wie z. B. Magento, Woo-Commerce oder Shopify es pünktlich und vor allem richtig schaffen alle notwendigen Prozesse sauber zu führen. Gegenüber t3n.de beklagten einige Lösungsanbieter bereits einen hohen Aufwand, der nicht im Verhältnis zur Zeitspanne steht, in der die Steuersenkung gültig ist.

Was sagen die Steuerexperten?

Vier Punkte müssen Onlinehändler kurzfristig beachten, so berichten die Steuerexperten von Taxdoo:

  • Rechnungstools und ERP-Systeme müssen für alle Lieferungen ab dem 1. Juli einen Steuersatz von 16 bzw. 5 auf der Rechnung ausweisen können. Dabei gilt, dass der Zeitpunkt einer Lieferung nicht mit dem Erstellungsdatum einer Rechnung verwechselt werden darf, wie es häufig noch im Onlinehandel der Fall ist – siehe hier.  Es ist davon auszugehen, dass die Finanzämter im Nachgang auf eine saubere Abgrenzung der befristeten Steuersenkung achten werden.
  • Weist euer Rechnungstool oder ERP ab dem 1. Juli weiterhin 19 bzw. 7 Prozent Umsatzsteuer aus, schuldet ihr den höheren Umsatzsteuerbetrag, solange bis ihr nachweislich die Rechnungen korrigiert habt – siehe hier.
  • Erstattungen für rückgängig gemachte Lieferungen (Retouren) unterliegen ab dem 1. Juli 2020 nicht zwangsläufig dem abgesenkten Steuersatz. Maßgeblich ist die umsatzsteuerliche Bewertung der ursprünglichen Lieferungen.
  • Ein Lieferschwellenverzicht für Lieferungen nach Deutschland – z.B. aus Amazon-Lagern in Polen und Tschechien – ist aufgrund des zeitlich befristeten noch größeren Steuersatzgefälles nun noch vorteilhafter, da die Steuersätze in Polen und Tschechien weiterhin 23 bzw. 21 Prozent betragen – siehe hier.

Was ist der Sinn hinter dem Konjunkturpaket?

Sinn und Zweck ist es, den Konsum anzukurbeln. Sprich, die Politik verspricht sich unter anderem günstigere Endverbraucherpreise durch die Senkung der Mehrwertsteuer und hofft, dass dadurch Verbraucher mehr einkaufen, da die Waren günstiger geworden sind. Aber reicht dazu ein halbes Jahr und steht da der Aufwand im Verhältnis zum Nutzen? Darüber sind sich die Akteure, Experten, Politiker und Verbände noch nicht einig.

Und was bedeutet das nun konkret für euch?

Der Onlinehandel gilt als Profiteur der Krise. Viele von euch klagen nicht über zu wenig Umsatz, sondern eher diesen auch bewältigt zu bekommen. Natürlich gibt es auch online Nischen, die stark verlieren: Outdoor- und Reisezubehör zum Beispiel. Die Frage ist also, gebt ihr die Marge weiter oder nicht? Welche Strategie empfiehlt sich? Wie wird euer Wettbewerb agieren?

Eine einheitliche Antwort gibt es nicht. Eure Preisstrategie hängt – jedenfalls sollte es so sein – von vielen Parametern ab. Das sind z. B. die Produktkategorie, Markenstrategie, Wettbewerbssituation, Verfügbarkeit, Kostenumfeld und, und, und.

Zu erwarten ist, dass eure Wettbewerber den Vorteil an die Verbraucher weitergeben werden. So ist es ja auch angedacht. Daher wäre die Empfehlung, sich euren Marktbegleitern anzupassen. Hier hilft euch der Einsatz guter Repricer, die nicht nur die Marktplätze, sondern auch externe Quellen wie z. B. Preissuchmaschinen einbeziehen.

Meinung

Für ein halbes Jahr so viel Arbeit? Lohnt sich das überhaupt? Ja, denn für Onlinehändler ist vieles automatisiert umzustellen. Selbst Marktplatzbetreiber sehen den Aufwand als darstellbar an. Die meisten eurer ERP/Wawi-Systeme bieten bereits jetzt schon Unterstützung an. Herausfordernd kann es lediglich für ausländische Systemnutzer werden. Bedenkt, dass die Umstellung für den stationären Handel ungleich schwerer ist, sodass ihr auch hier wahrscheinlich die (Preis-)Gewinner sein werdet.